Kölner Dreigestirn zieht BilanzEierlikör in Massen, Schminke am Hut, Applaus im Café – nur eins nervt

Vor dem Endspurt der Amtszeit hat das Kölner Dreigestirn in der Hofburg Bilanz gezogen. Das Trifolium ist begeistert von der Sympathiewelle. Nur ein paar aufdringliche Jecke nerven etwas.

Noch bleiben ihnen 27 Tage, ehe sie die Insignien der Macht wieder zurück an Oberbürgermeisterin Henriette Reker geben müssen. Es werden noch viele besondere Momente kommen, nicht zuletzt der Rosenmontagszug als finaler Höhepunkt.

Dennoch nutzte das Kölner Dreigestirn von der StattGarde Colonia Ahoj am Mittwoch (5. Februar 2025) schon einmal die Gelegenheit, um auf die bisherige Zeit als Trifolium zurückzublicken. „Man lebt in einer ganz anderen Zeit, weil wir regelrecht getragen werden“, brachte es Prinz René I. auf den Punkt.

Kölner Dreigestirn absolviert 438 Termine in dieser Session

438 Termine stehen in dieser Session auf dem Programm. Das geht von Auftritten bei Sponsoren, in Altenheimen und Krankenhäusern über Mädchensitzungen und dem Marsch durch die Lachende Kölnarena bis hin zur nächtlichen Flüster- oder Prunksitzung. „Das ist ein emotionaler Querschnitt durchs Leben“.

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Rund ein Drittel der Dreigestirns-Besuche haben einen sozialen Hintergrund. Ob bei der traditionellen Karnevalssitzung „Et löstige Klösterche“, dem Abstecher zur Bahnhofsmission oder zum Malteser-Wohlfühlmorgen – der Prinz ist immer wieder beeindruckt. „Ich hätte nie gedacht, dass man Dank der Strahlkraft der Ornate einmal glücklich ein Hospiz verlassen kann“.

Dass der Kölner Karneval viel mehr als wilde Partys zu bieten habe, das stellt das Dreigestirn immer wieder in den Fokus. „Ohne das ehrenamtliche Engagement wäre Köln arm dran. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, Werte zu verteidigen. Das Positive überwiegt seit dem 4. Januar derart. Unsere authentische, herzliche, lebensfrohe Art kommt genauso an, wie es sein soll“, sagt René.

Bauer Michael ist nach wie vor erstaunt, welche Wirkung die drei Figuren erzeugen. „Wenn wir in ein Café kommen, stehen die Leute auf und applaudieren. Manchmal lassen Gäste regelrecht Messer und Gabel fallen. Die Ehrfurcht der Rolle gegenüber, das hat uns am Anfang erschlagen. Das hätte ich so nicht erwartet“. Gleichwohl spürt er auch eine gewisse Erwartungshaltung. „Wir sind die Repräsentanten des Karnevals und der Stadt, das wissen wir“.

Jungfrau Marlis, Prinz René und Bauer Michael lesen Zeitung.

In der Hofburg wird jeden Tag EXPRESS gelesen. Jungfrau Marlis, Prinz René und Bauer Michael (v.l.) studieren die aktuellsten Geschichten.

Eine kleine Schattenseite des Dreigestirn-Daseins sprach der „Boor“ aber auch an. „Es gibt einige wenige Menschen im Karneval, die distanzlos sind und es übertreiben. Ich habe immer panische Angst um die Ornate“. Neulich habe er sogar Schminke oben an seinem Bauernhut gehabt. „Ich habe keine Ahnung, wie die da drangekommen ist“, sagte er lachend.

Jungfrau Marlis hat ein ganz anderes Problem. Nachdem Hendrik Ermen vor der Session erzählt hatte, dass es StattGarde-Tradition sei, im Bus Eierlikör auszuschenken, hat er schon zahlreiche Flaschen geschenkt bekommen. „Wir könnten damit einen Fachgroßhandel damit eröffnen. Das ist total nett, aber jetzt brauchen mir erst einmal nichts mehr“, sagte er grinsend.

Jungfrau Marlis zeigt einen Plüschhund.

Jungfrau Marlis präsentierte bei der Halbzeit-Pressekonferenz einige der Geschenke, beispielsweise einen kleinen Plüschhund.

Aber auch andere Geschenke landeten schon beim Dreigestirn. Da die Jungfrau aufgrund des schlechten Namensgedächtnisses gerne alle nur mit „Hase“ begrüßt, hatte sich neulich ein Elferrat Hasenohren aufgesetzt. Auch einen Plüsch-Dackel, quasi eine „Ersatz-Alma“, gab es schon. Dazu noch Kieselsteine mit Herzen drauf und weitere persönliche Stücke.

„Meine Tasche ist so voll mit liebevollen Dingen. Das sind so besondere Momente, die wir so nicht erwartet haben. Wir wollten Fastelovend feiern, ein bisschen Dreigestirn sein. Dass das solche Ausmaße annimmt, da merkt man, dass die Menschen in Köln das Herz am rechten Fleck haben“. Man habe ihm zu Beginn der Session gesagt, dass er nun der „Robbie Williams von Kölle“ sei. „Das ist alles so unwirklich. Wir genießen diese Zeit“.

Die Equipe des Kölner Dreigestirns.

Die wichtigsten Personen hinter dem Dreigestirn: Equipeführer Gary Bingener, Adjutant der Jungfrau Frank Rehfus, Prinzenführer Marcus Heller, Adjutant des Prinzen Michael Palm, Adjutant des Bauern Marco Hollekamp und Hoffriseur Mike Engels (v.l.) kümmern sich darum, dass alles richtig läuft.

Aschermittwoch rückt trotzdem näher. Aber die drei werden danach wieder in ihre Rollen bei der StattGarde – Stammboot, Bordkapelle und Tanzkorps – zurückkehren. „Ich freue mich wirklich, am 5. März wieder in mein normales Leben zurückzukehren“, gestand René Klöver. „Das ist eine unvergessliche Zeit, aber die Geschwindigkeit, mit der wir das alles erleben, ist enorm. An Aschermittwoch ist für uns alles vorbei, dann stehen die nächsten in den Startlöchern“.

Bis dahin wollen die Tollitäten aber ihren Weg weitergehen und auch politisch im Hinblick auf die Bundestagswahl Klartext reden, wie die Jungfrau ausführte: „Uns als queere Menschen betreffen die derzeitigen Entwicklungen ganz besonders. Wir positionieren uns deshalb sehr eindeutig und werden das auch immer wieder gezielt tun. Allerdings ist es auch unsere Aufgabe, ein Stück weit Frohsinn zu verbreiten. Wir müssen auf den Sitzungen die Balance finden, damit es sich nicht nachher wie eine Wahlkampfveranstaltung anfühlt“.