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30 Jahre FlügelautoSo verblüffte Kölner Künstler Hollywoodstar George Clooney
Köln – „Diesen EXPRESS sollten Sie gut aufbewahren. Er enthält das erste Zeitungskunstwerk der Welt.“ So begann vor 30 Jahren der Bericht über HA Schult (81): Am 25. April 1991 setzte der berühmte Aktionskünstler den Flügelfiesta auf das Kölnische Stadtmuseum und verewigte sein Werk in einer packenden Grafik zeitgleich im EXPRESS.
Vor 30 Jahren schenkte HA Schult Köln sein Flügelauto
Flügelfiesta auf dem Kölnischen Stadtmuseum
EXPRESS-Interview mit dem Künstler
Das Kölner Flügelauto von HA Schult: Rückblick auf schöne Momente
Im Interview mit EXPRESS spricht HA Schult über Umweltzerstörung, das bröckelnde Stadtmuseum und Angela Merkel.
EXPRESS: Glückwunsch zum Jubiläum. Sind Sie stolz?HA Schult: Gar nicht. Stolz bin ich auf etwas nie im Leben gewesen. Weil ich immer gleich das nächste wollte. Das haben mir auch alle meine Freunde und Frauen angekreidet, dass ich nicht genießen kann.
Natürlich gibt es schöne Momente, als ich auf der Chinesischen Mauer mit meinen 1000 Müllmännern stand. Oder mit meinen Skulpturen in Rom war, aus dem besten Hotel herauskam, das Personal Spalier stand und mich George Clooney, der neben mir lief, fragte: Wo hast Du denn gespielt? Weil er dachte, dass ich Schauspieler bin. Der konnte sich nicht vorstellen, dass man auch weltberühmt ist, ohne Schauspieler zu sein. Das waren schöne, glückliche Momente. Aber stolz war ich nie.
Das Kölner Flügelauto: HA Schult sorgt sich ums Zeughaus
Trotzdem: 30 Jahre Flügelauto - das muss doch in Ihnen etwas bewegen? Und bleibt es ewig?Ich fahre fast täglich dran vorbei. Da bewegt mich überhaupt nichts. Das Auto, mit dem ich drunter herfahre, das bewegt mich! Das Flügelauto ist jetzt denkmalreif. Aber das Haus, auf dem das Auto steht, ist bald abbruchreif. Wenn der Turm, der nach dem Krieg innen ganz simpel zusammengebaut wurde, nicht bald repariert wird, fällt das alles in sich zusammen. Dieser Ruine nehme ich mich gerade an. Damit aus dem Haus etwas wird, was des Autos als Denkmal würdig ist.
Das Zeughaus war 60 Jahre die Heimat des Kölnischen Stadtmuseums und die Hälfte davon auch die des Flügelautos. Köln gehört dank Ford, Toyota, Citroën oder Volvo zu den führenden „Autostädten“ der Welt. Was läge also näher als die Idee, den „Ruhenden Verkehr“ meines Kollegen Wolf Vostell und den „Goldenen Vogel“ des Stadtmuseums unter Denkmalschutz zu stellen?
Die Geschichte eines Kölner Wahrzeichens
14. April 1989: Anlässlich des 60-jährigen Ford-Standortjubiläums startete HA Schult die Kunstaktion „Fetisch Auto“ mit elf verfremdeten Fiestas. Einer war der „Goldene Vogel“, der kurz auf dem Turm des Stapelhauses am Rhein landete.25. April 1991: Weil das Flügelauto so beliebt war und Ford das Stadtmuseum förderte, landete das Auto (10 m breit, 6,20 m lang, 3,50 m hoch, vier Tonnen schwer) auf dem 23 m hohen Turm an der Zeughausstraße.Seit 1993 setzte die Stadt Köln das Auto für Werbung ein, ebenso eine Brauerei.November 1999: RP Franz-Josef Antwerpes (heute 86), der gegen das Auto (vis-à-vis zu dessen Büro) Stimmung machte, geht in Rente.April 2005 und November 2012 wurde das Fahrzeug zwei Mal abmontiert und von Fordlern restauriert. Seit Jahrzehnten ist das Flügelauto eine der großen Kölner Sehenswürdigkeiten.
Das Kölner Flügelauto: Kultstatus des Autos ging verloren
Könnte man denn heute noch aus Autos Kunst machen?Eher nicht. Das Auto hat seinen Kultstatus verloren. Im vergangenen Jahrhundert war das Auto das Symbol des Aufbruchs. Mit dem Auto begann die Freiheit. Ganze Karawanen von Käfern überquerten die Alpen. Und ich war ein Autokünstler. Schon 1970 unternahm ich die „Aktion 20 000“. Da bin ich 20 Tage von Hamburg nach München und zurück gefahren - täglich 1000 Kilometer. Jede Nacht tauschte ich die Windschutzscheibe und hatte als Ergebnis den Schmutz unserer Zeit.
Jemand, der seine Doktorarbeit über diese Aktion schreibt, ist die Strecke erneut gefahren. Und stellte fest: Da sind gar keine Insekten mehr auf der Scheibe. Das ist schon ein Hinweis auf den Zustand, was wir aus unserem Planeten machen. Jetzt kapiert man das, aber das hat 50 Jahre gebraucht. Ich ahnte das damals schon, als ich mit Willy Brandt in München im „Alten Simpel“ saß ...
Kölner Flügelauto: Scharfe Kritik an Kanzlerin Merkel
Sie prophezeiten 1970 die globale Umweltzerstörung?Ich lebte damals in München und machte für den damaligen Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel Wahlkampf, sowie 1969 Wahlkampf für Willy Brandt, der Bundeskanzler werden wollte. Wir saßen in der Gaststätte und ich als junger Künstler rief ganz frech über den Tisch: „Eines Tages wird die Umwelt die Politik machen!“ Alle stimmten zu, wollten aber die Wahrheit nicht hören. Weil es erst mal um das Kanzleramt ging. Und heute, während wir hier sitzen, kann es passieren, dass wir zum ersten Mal in der Bundesrepublik Deutschland eine Umweltpartei haben, die die Kanzlerin stellt.
Für Angela Merkel machten Sie auch Wahlkampf und porträtierten sie als „weltweit berühmteste lebende Deutsche“. Werden Sie sie vermissen?Nein. Frau Merkel hat Deutschland mit ihrer Corona-Politik an die Wand gefahren. Sie ist die Verantwortliche. Gemeinsam mit Herrn Söder, der immer neben ihr saß. Dass Merkel in die Kanzlerkandidatur nicht eingriff, leuchtet mir nicht ein.
Ich befürchte sogar, dass es die Absicht von Frau Merkel war, die Karre bewusst an die Wand fahren zu lassen. Wenn Laschet den Posten geräuschlos übernommen hätte, hätte man in Zukunft nur noch von Laschet gesprochen - und dass ja jeder den Job machen kann. So wird man sich noch lange an Merkel erinnern.