Magischer Abend in KölnAusnahmekünstlerin mit umjubeltem Comeback – großer Makel bei 30 Grad

Loreena McKennitt spielt Akkordeon.

Loreena McKennitt trat am Donnerstagabend (18. Juli 2024) im Tanzbrunnen in Köln auf. Unser Foto zeigt sie bei einem Konzert im Jahr 2012.

Die Kanadierin Loreena McKennitt hat ihre Auszeit beendet und in Köln eins von drei Deutschland-Konzerten gegeben. Sie präsentierte den Fans einen magischen Abend, der nur von einem Makel überschattet wurde.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Was für ein Kontrastprogramm. Dort, wo zuletzt vier Wochen lang die Fußball-Fans beim Public Viewing die EM-Spiele lautstark verfolgt haben, ging am Donnerstagabend (18. Juli 2024) die Open-Air-Saison mit mystischen und besinnlichen Klängen weiter.

Die kanadische Ausnahmekünstlerin Loreena McKennitt (67) gab im Tanzbrunnen eines ihrer drei Deutschland-Konzerte und präsentierte dabei ihre faszinierende Mischung aus Pop, Folk und World Music. Ihre Aufnahmen erlangten Gold-, Platin- und Multiplatin-Status in 15 Ländern auf vier Kontinenten.

Getränkeschlange: Loreena McKennitt startete Konzert mit Verspätung

2019 hatte die Sängerin mit der glasklaren Sopranstimme eigentlich einen ersten Schlussstrich unter ihrer Karriere gezogen. „Doch in den fünf Jahren habe ich wieder zu mir gefunden und gespürt, dass wir wieder auf Tour gehen wollen“, erzählte sie den 2500 Fans im bestuhlten Open-Air-Gelände.

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Normalerweise umgibt die Kanadierin mit irisch-schottischen Wurzeln bei ihren Auftritten eine geheimnisvolle Atmosphäre mit wenig Licht, wo der Mix aus balladenhaften, traditionellen Folksongs und ethnischen Einflüssen besonders intensiv wirkt.

In Köln trat die Frau mit dem rotgoldenen Haar und dem langen, traditionellen Gewand ins gleißende Sonnenlicht. „Wir schauen sonst immer in ein schwarzes Vakuum. Jetzt sehe ich endlich einmal eure Gesichter“, sagte sie begeistert, als sie mit zehnminütiger Verspätung begann.

Gitarrist Brian Hughes beim Konzert von Loreena McKennitt.

Gitarrist Brian Hughes überzeugte beim Konzert gleich an mehreren Saiteninstrumenten.

Die Verzögerung war dringend notwendig, denn beim Konzert leisteten sich die Veranstalter einen gigantischen Planungsfehler. Ein einziger Getränkestand war geöffnet, an allen anderen Büdchen im Tanzbrunnen waren die Rollladen heruntergelassen. Bei Temperaturen von knapp 30 Grad musste das Publikum fast eine Dreiviertelstunde genervt für ein Wasser oder ein Kölsch an der einzigen Theke im Rheinpark anstehen.

Der Abend war in zwei Abschnitte unterteilt. Zunächst präsentierte die Künstlerin neun Titel aus ihrer fast 40-jährigen Karriere. Nach der Pause gab es dann einen echten Meilenstein in kompletter Länge. Alle acht Songs vom 1994er-Album „The Mask and Mirror“ spielte McKennitt mit ihrer exzellenten Band in der ursprünglichen Reihenfolge und ohne ergänzende Kommentare.

Bei „The Bonny Swans“ oder „Santiago“ überboten sich Gitarrist Brian Hughes, der stellenweise drei verschiedene Saiteninstrumente innerhalb eines Songs spielte, und Hugh Marsh an der Geige gegenseitig. Die ansonsten andächtige Stille im Tanzbrunnen wurde durch lauten Jubel und stehende Ovationen durchbrochen. Auch Caroline Lavelle am Cello, Robert Brian am Schlagzeug und Dudley Phillips am Bass sorgten für den perfekten Klangteppich mit orientalisch, fernöstlichen Einflüssen.

Wenn Loreena McKennitt bei ihren Titeln zwischen Klavier, Harfe, Akkordeon und Keyboard wechselt, kann das Publikum eintauchen in keltische Klangwelten und sich bei den spirituellen Klängen ein wenig in Trance versetzen lassen.

Loreena McKennitt: Fotos und Videos beim Konzert in Köln verboten

Dass die 67-Jährige mit der modernen Technik fremdelt, wird oft deutlich. Foto- und Videoaufnahmen beim Konzert waren verboten, die Sicherheitsmitarbeiter schossen durch die Reihen und ermahnten Gäste, die doch das Handy zückten. „Ich bin die wohl analogste Person auf der Welt. Ich benutze ein altes Klapphandy, zahle immer in bar, gehe nie an Selbstbedienungs-Terminals, sondern spreche lieber mit einem Kaffee in der Hand mit Menschen im Hotel oder im Taxi“, sagte die Künstlerin.

Und weiter: „Ich ermutige alle, über die Risiken von Künstlicher Intelligenz nachzudenken.“ Passend dazu spielte sie ihren Song „The Old Ways“. Bei den Zugaben streute sie in Gedenken an die Wurzeln ihrer Mutter Irene die ukrainische Nationalhymne ein, die nahtlos in den Hit „Dante's Prayer“ überging. Ein magischer Abend mit nur einem Planungs-Makel.