Der deutsche Sänger und Songschreiber Philipp Poisel war auf seiner Neon-Tour auch in der Kölner Lanxess-Arena zu Gast. Leider kamen nur wenige Fans zu einem Konzertabend mit viel Gefühl.
Konzert in Lanxess-ArenaHerzschmerz mit Philipp Poisel – der Blick in die Halle tut weh
Ein nasskalter Novemberabend ist eigentlich die beste Voraussetzung für einen gefühlvollen Konzertabend mit Philipp Poisel (39). Keiner kann so schön von Schmerz, Kummer und Liebe singen – oder besser nuscheln – als der schwäbische Liedermacher.
Vor zehn Jahren landete er mit seinem Live-Album „Projekt Seerosenteich“ einen Nummer-eins-Hit. Auf seinen Touren füllte er Deutschlands größte Hallen – auch die Kölner Lanxess-Arena. Doch die Konzertflaute nach der Corona-Pandemie und in der Energiekrise hat auch den Sänger voll erwischt.
Philipp Poisel in Köln: Newcomer Moncrieff begeisterte im Vorprogramm
Fünf Jahre nach seinem letzten Besuch ging es dem Musiker nun, wie zu Beginn seiner Karriere. 3000 Fans verloren sich im riesigen Henkelmännchen in Deutz. Die seitlichen Sitzplatztribünen und ein paar Stuhlreihen im Innenraum waren belegt. Die restlichen Blöcke und Ränge mit schwarzen Tüchern abgehängt.
Dabei gab es am Mittwochabend (30. November 2022) einen durchaus hörenswerten Konzertabend. Im Vorprogramm begeisterte der irische Newcomer Moncrieff (29). Dessen Schwester und Bruder starben, als er noch ein Teenager war. Diesen Schmerz legt er in seine Soul-Songs wie die Power-Ballade „Warm“.
Ähnlich reduziert wie Moncrieff legte auch Poisel los. Nur mit Gitarre spielte er zu Beginn die Ballade „Halt mich“ mit zerbrechlicher Stimme, ehe nach und nach die vierköpfige Band dazukam. Bei früheren Touren fuhr der singende Romantiker oft das große Besteck auf, mit Kulissenwechseln, Artisten und Showprogramm. Auf seiner Tour zum aktuellen Album „Neon“ hat er einen Bühnenaufbau wie früher im Club. Zwei Podeste, ein paar Scheinwerfer, das war’s.
Er ließ lieber die 23 Songs sprechen – und das Publikum singen. Immer wieder stimmte er nur einzelne Akkorde an und überließ den Fans den Song. Doch bei der leeren Halle blieb so vom gewünschten Mitsing-Effekt meist nur ein leises Summen. Ein paar besonders frenetische Anhängerinnen direkt vor der Bühne und ein textsicherer Block am Ende der Halle versuchten immerhin alles, um die Intimität bei Liedern wie „Ich will nur“ oder „Froh dabei zu sein“ aufrechtzuerhalten.
„Es ist so schön, ganz ohne Strandkörbe und Autos und euch herum, zu feiern“, sagte der 39-Jährige angesichts der Corona-Improvisations-Konzerte in der Vergangenheit. „Ich kann eure Gesichter sehen.“ Zu viel Nähe behagt dem Melancholiker aber dennoch nicht. Die Lichtsteuerung sorgte oft dafür, dass der Sänger nur in Umrissen zu erkennen war, immer wieder ging er auch zwischendurch von der Bühne.
Auch nach 15 Jahren bewegt sich Poisel auf der Bühne immer noch ein wenig ungelenk. Sei es beim Hantieren mit dem Uralt-Handy, um ein – verwackeltes – Selfie zu machen oder bei seinen kichernden Ansagen. Bei „Als gäb’s kein Morgen mehr“ legte er sogar eine Breakdance-Einlage hin. Einigen Fans kam der verwaiste Innenraum zugute, um ausgelassen zu tanzen, beispielsweise bei „Bis nach Toulouse“.
Philipp Poisel lieferte in Köln 140 Minuten Konzert mit 23 Songs
Der Herzschmerz-Experte geizte nicht mit Musik. Mit „Wie soll ein Mensch das ertragen?“, „Eiserner Steg“, „Erkläre mir die Liebe“ oder schließlich „Wo fängt dein Himmel an“ waren alle Hits am Start.
Während der 140 Konzertminuten verlor er sich immer wieder in seinen Songs. „Seid ihr noch da, Kölle?“, rief er danach fast schon erschrocken. Ja, die Fans waren noch da. Und hoffentlich kommen beim nächsten Besuch auch wieder mehr.