Die Techno- und Hardcore-Größen von Scooter brachten die Kölner Lanxess-Arena zum Wackeln. Beim Konzert gab es einen bunten Querschnitt aus über 30 Jahren Bandgeschichte.
Rekord-Konzert in KölnScooter-Spektakel: Erst lautstarke Pfiffe, dann die totale Eskalation
Zum Finale wurde die Toleranz des Kölner Publikums noch einmal auf eine harte Probe gestellt. Erst stimmte H.P. Baxxter sozusagen A cappella „Yeah, aaa, aaa, aah, yeah I feel hardcore“ an, dann „Döp döp döp dödödö döp döp“.
Die Torhymnen des Hamburger SV und von Borussia Mönchengladbach quasi in einem Atemzug mitten im FC-Land. Doch die 18.000 Fans in der ausflippenden Lanxess-Arena feierten an diesem Abend ohnehin alles. „Ihr seid ja alle wahnsinnig“, war der passende Kommentar des Sängers zur Lage in der Arena.
Lanxess-Arena mit 18.000 Fans beim Scooter-Konzert restlos ausverkauft
Nur einmal war der Scooter-Anhang an diesem wilden Samstagabend (23. November 2024) nicht in Partylaune. Als es bis zum Konzertbeginn dann doch ein wenig arg lang dauerte und in der Halle außer monotoner Berieselung nichts passierte, gab es laute Pfiffe. Doch um Punkt 21 Uhr ging der wilde Ritt los. Ab dem ersten Ton von „Rave & Shout“ herrschte die pure Eskalation.
In der Live-Music-Hall, im E-Werk und im Palladium hatte Hans Peter Geerdes (60) aus Leer, den alle nur als H.P. Baxxter kennen, in den vergangenen drei Jahrzehnten schon seine Hits präsentiert. Doch diese Kulisse war die größte, die die Band in Deutschland bei einem Hallenkonzert je erleben durfte. Von Arena-Boss Stefan Löcher (53) gab es deshalb vor der Show auch einen Award.
„Schon ein bisschen länger her, dass wir hier waren“, sagte der Frontmann mit den wasserstoffblonden Haaren und den geschminkten Augenbrauen. „Dass jetzt so viele hier sind, das rührt mich ein wenig“. Doch für Sentimentalität war an diesem Abend kein Platz. Es ging beim Ritt durch 30 Jahre Scooter-Geschichte nur ums hemmungslose Feiern, Grölen und Loslassen.
Was 1993 eher zufällig mit der Wort-Kombi „Hyper Hyper“ begann und sich über „How Much Is the Fish?“, „Ramp! (The Logical Song)“, „Move your Ass“, „Jumping All Over the World“ bis hin zum neuesten Song „Mom Was On Tequila“ entwickelt hat, ist eine einzigartige deutsche Pop-Erfolgsgeschichte.
Nach wie vor wird die Band, die aktuell in der siebten Besetzung unterwegs ist, von vielen belächelt. Aber die Erfolge sprechen eine deutliche Sprache: über 500 Wochen in den Singles-Charts, 300 Wochen in den Album-Charts, 23 Top-Ten-Hits. Der Techno- und Happy-Hardcore, den die Gruppe selbst als „Kirmes-Techno“ bezeichnet, verkaufte sich in über 50 Ländern auf mehr als 30 Millionen Tonträger. Dafür gab es über 130 Gold- und Platin-Auszeichnungen.
Ein Scooter-Konzert ist auch stets eine beeindruckende Pyro-Show. Feuersäulen, Knallkörper, Flammenwerfer – in der Arena wurde fast mehr gezündelt als in einer Silvesternacht. Sechs Tanzvamps wirbelten um den Frontmann, der fleißig seine T-Shirts im Programm wechselte und trotz seiner 60 Jahre unentwegt sprang, tänzelte und die Menge aufpeitschte.
Jay Frog, der schon von 2002 bis 2006 hinter den Keyboards stand, und Marc Blou hampelten an ihren Instrumenten und Laptops herum, obwohl musikalisch sowieso fast alles vom Band kommt. Wer wissen will, warum im Dezember 2022 die beiden letzten Musiker Michael Simon und Sebastian Schilde ausgestiegen sind, muss sich nur den Dokumentarfilm „FCK 2020 – Zweieinhalb Jahre mit Scooter“ anschauen. Darin zeigt sich, dass der Frontmann mit der Rampensau-Attitüde kein einfacher Charakter ist.
Das Erfolgsgeheimnis der Scooter-Songs zeigte sich bei dieser zweistündigen Zeitreise durch 21 Studio-Alben schnell. Man nehme eine bekannte Melodie: „Kernkraft 400“ bei „We love Hardcore“, „Ein Kompliment“ bei „Waste your Youth“, „Street Dance“ in „We are the Greatest“ oder „Chase The Sun“ in „J'adore hardcore“ und packe einen möglichst tanzbaren Beat dazu.
Scooter: 23 Top-Ten-Hits, über 130 Gold- und Platin-Auszeichnungen
Dann streut Baxxter noch ein paar seiner Weisheiten dazu: „Respect to the man in the ice-cream van“, „It’s nice to be important, but it’s more important to be nice“ oder „Skibadee, skibadanger, I am the rearranger“ – fertig sind die Mega-Hits. Das Publikum ließ in Köln beim Hit-Feuerwerk die Tribünen wackeln, im Innenraum bildeten sich immer wieder Mosh-Pits.
Das Arena-Spektakel setzte für dieses Jahr den Schlusspunkt unter die „Thirty, rough and dirty“-Tour. Im kommenden Jahr geht es mit großen Open-Airs und Festivals weiter. Depeche-Mode-Fan Baxxter hat noch nicht genug. Und in Zeiten wie diesen, kann auch mal eine Scooter-Auszeit helfen, um dem Wahnsinn für ein paar Stunden zu entfliehen.