ZwangsräumungZwei Koffer, drei Taschen: Damit stehen Jürgen (64) und Michael (62) jetzt auf der Straße

Zwei ältere Männer stehen mit Koffern vor einer Haustür.

Jürgen Westfeld (r.) und sein Lebensgefährte Michael Hornig mussten am Donnerstag (12. September 2024) aus ihrer Wohnung in Köln-Vingst, Ansbacher Straße, raus. Sie stehen vor der Haustür, mit den wenigen Sachen, die sie – bevor das Schloss ausgewechselt wurde – aus der Wohnung mitnehmen konnten.

Zwei bekannte Kölner Aktivisten haben vergeblich dafür gekämpft, dass Jürgen Westfeld (64) und Michael Hornig (62) nicht zwangsgeräumt werden. Der 64-Jährige ist krank, hat Pflegestufe 2.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

„Sicherer Wohnraum für alle!“, steht auf einem Banner. Vor einem Mehrfamilienhaus auf der Ansbacher Straße in Köln-Vingst haben sich am Donnerstagmorgen (12. September 2024) mehrere Menschen versammelt, um eine Zwangsräumung zu verhindern.

Betroffen davon sind Jürgen Westfeld (64) und Michael Hornig (62), die gemeinsam in einer Wohnung leben. Der 64-Jährige ist ein Pflegefall. Jetzt droht beiden Männer die Notunterkunft. Denn noch während der Kundgebung wurden sie gegen 11 Uhr unter Protest zwangsgeräumt.

Köln-Vingst: Zwei Männern droht Zwangsräumung, Aufschub abgelehnt

„Im Fall der Räumung des Herrn Westfeld, Pflegefall der Stufe 2, aus einer Wohnung der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft GAG verweigert die Stadt Köln die Beschlagnahme der Wohnung zum Schutz des Kranken“, erklärte Rainer Kippe vom Verein Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM).

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Der Diplomsozialarbeiter erzählte, dass die Stadt auch keine Wohnung aus dem Bestand ihrer 10.000 Gewährleistungswohnungen bei der GAG, von denen viele leer stünden, anbieten würde. Vielmehr verweise sie auf die städtische Notunterkunft und auf den Rechtsweg.

Kippe: „Diese Verweigerung der Hilfe gegenüber einem anerkannten Pflegefall sehen wir als Offenbarungseid der städtischen Wohnungspolitik, die sich den Schutz der Wohnungen als oberstes Ziel gesetzt hat.“

Jürgen Westfeld als Hauptmieter hatte zwar einen Antrag auf Räumungsaufschub gestellt, aber der wurde abgelehnt. „Das Amtsgericht hat gesagt, dass die Räumung in Ordnung ist, auch, wenn der Betroffene krank ist. Das ist völlig irre. Wenn man dauerhaft krank ist, fliegt man raus, wenn man nur vorübergehend krank ist, kann ein Aufschub gewährt werden“, so Rainer Kippe.

Vor einem Haus stehen mehrere Menschen mit Bannern, darauf steht unter anderem „Sicherer Wohnraum für alle!!!“ An der Rückscheibe eines Autos lehnt ein Schild mit der Aufschrift: „Stop Zwangsräumungen“.

Am Donnerstag (12. September 2024) fand vor dem Haus in Köln-Vingst, in dem Jürgen Westfeld und Michael Hornig wohnten, eine Kundgebung statt. Diese hatte Rainer Kippe vom SSM angemeldet.

Und weiter: „Gegen diese Entscheidung, die uns am Montagabend, 9. September, bekannt wurde, haben wir noch am gleichen Abend Beschwerde eingereicht. Über die ist noch nicht entschieden.“

Kölnern droht Zwangsräumung – einer ist krank und ein Pflegefall

Während der Kundgebung am Donnerstagvormittag wurden Jürgen Westfeld und Michael Hornig dann vor die Tür gesetzt – mit zwei Koffern und drei Taschen, in die sie schnell das Nötigste gestopft hatten.

„Es wurde das Schloss der Wohnung ausgetauscht, den Schlüssel hat der Verwalter der GAG. Die beiden Männer haben jetzt vier Wochen Zeit, ihre ganzen Sachen aus der Wohnung zu holen“, erklärte der bekannte Miet-Rebell Kalle Gerigk, der auch vor Ort ist und erst vor wenigen in einem anderen Fall Schlagzeilen schrieb.

Der erkrankte Jürgen Westfeld wohnte seit 19 Jahren in der Wohnung. Er leidet nach eigenen Angaben an einer Niereninsuffizienz, die Ende 2021 bei einem Krankenhausaufenthalt festgestellt wurde. „Ich konnte nichts mehr essen und war nur noch Haut und Knochen. Ich war auf 39 Kilo abgemagert“, erzählte er gegenüber EXPRESS.de.

Inzwischen sei er auch auf einem Auge fast blind und habe Schwierigkeiten, Treppen hinunterzugehen. Michael Hornig, der früher ein Kumpel und inzwischen Lebensgefährte ist, war vor einem halben Jahr bei ihm eingezogen. „Ohne ihn hätte ich das damals nicht geschafft. Auch jetzt hilft er mir bei allem“, sagte er dankbar.

Messi-Problem, Mietrückstände: Kölner Paar muss raus

Dem 64-Jährigen war aber angeblich nicht bewusst, dass sein Partner ein Messi-Problem hat. Jürgen Westfeld: „Es war am Anfang noch relativ harmlos, inzwischen ist es aber ziemlich heftig.“ Deswegen hätten sich auch mehrere aus der direkten Nachbarschaft bei der GAG beschwert. Auch hätten sie Mietrückstände, gab Westfeld zu.

Am Donnerstag hatten die beiden Männer, die von Bürgergeld leben, nur wenige Minuten, um Kleidung und persönliche Sachen aus ihrer Wohnung zu holen, bevor das Schloss ausgewechselt wurde. Rainer Kippe vom SSM fährt mit ihnen jetzt zum Wohnungsamt, damit sie vernünftig untergebracht werden.

„Man muss ja bedenken, dass der Hauptmieter krank ist. Notunterkunft in seinem Gesundheitszustand geht einfach nicht!“, stellte der engagierte Kämpfer Kippe klar. Sozialarbeiterin Christa Schliebs, die auch an der Kundgebung teilnahm, sagte: „Zwangsräumungen zerstören Leben.“