Wie stünden die Betroffenen der Hochwasser-Katastrophe nur ohne die Arbeit der vielen tausenden Helfer da? EXPRESS.de hat eine Frau im Ahrtal getroffen, die anpackt.
„Ich wurde halt angespült...“Ahrtal: Simone Bartsch ist die gute Fee im Katastrophengebiet
Dernau. Chaos. Leid. Nichts als Schlamm, Schutt und Schmodder. Mittendrin eine lächelnde Frau mit Tasche auf der Schulter und leuchtenden Augen hinter ihrer Brille auf dem Fahrrad.
Gestatten: Simone Bartsch, die gute Fee aus dem Kastastrophengebiet!
„Ich bin seit neun Wochen hier. Das war ja nicht geplant. Ich bin an der Ostsee gewesen und dann spontan nach Köln eingeladen worden. Zu einem Chris-de-Burgh-Privatkonzert. Also bin ich runter und habe dann plötzlich die Nachricht gehört: Kommt nach Dernau, bringt Schneeschipper mit, die Menschen dort brauchen Hilfe“, beginnt sie zu erzählen.
Simone Bartsch half von Tag 1 an in der Flutregion beim Wiederaufbau mit
Sie besorgte auf dem Weg ins Ahrtal im Baumarkt diverse Materialien und Ausrüstung. Beim Bäcker kaufte sie ganz viel Essen. Und mit dem Kleinbus ging es dann los.
„Die ganze Straße war voller Schlamm und Bretter, ich fürchtete hängen zu bleiben“, erinnert sie sich.
„Als ich in Dernau ankam, sagte ich zu mir: ‚Holla, wie sieht's denn hier aus.‘ Wir haben dann mit den ersten Helfern zusammen gebetet, und dann habe ich mich mit meinem Wohnmobil neben ein anderes am Aussichtspunkt oben auf dem Hügel aufgestellt.“
Die gute Fee des Ahrtals schildert EXPRESS.de den Beginn des Aufräumens, als das Wasser weg und das Ausmaß der endlosen Trümmerlandschaft für jeden sichtbar war.
„Wenn neue Helfer ankamen, kannte ich den Ort schon ein wenig und habe den Leuten gezeigt, wo die Mittelpunkte im Ort sind. Wir sahen aus wie Säue, alle waren dreckig, verstaubt, schlammig. Das war irre. Es ging wie im Ameisenhaufen zu. Aber die Ameisen haben funktioniert von Beginn an.“
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Bei der Hilfsaktion des DuMont-Verlags haben sich die drei großen Kölner Medien EXPRESS.de, „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Kölnische Rundschau“ und ihre Verlage mit den beiden großen Geldinstituten Sparkasse KölnBonn und Kreissparkasse Köln zusammengetan und eine sechsstellige Summe an die „Aktion Deutschland Hilft“, dem Bündnis deutscher Hilfsorganisationen, gespendet.
Empfänger: Aktion Deutschland Hilft
Institut: Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE62 3702 0500 0000 1020 30
Spendenstichwort: KStA-Fluthilfe
Die Ruinen vom Schlamm befreien, beim Straßenbau helfen, Wege räumen. Seelsorger und Bote zugleich sein. Auf Eigenkosten. Die gebürtige Badenerin aus Karlsruhe war sich in den schweren Stunden für die Einwohner der Region für nichts zu schade.
„Ich bin sozusagen angespült worden. Und jetzt bleibe ich hier. Wie lange? Keine Ahnung. Vielleicht für immer“, sagt sie mit einem nicht unterzukriegenden Lächeln geradezu lapidar.
Anstatt ihren Jobs nachzugehen —Bartsch richtet Wohnungen ein, bereitet Häuser für den Verkauf vor, fotografiert Hochzeiten, malt —, haust sie seit Mitte Juli im Kleinbus und versorgt die Einheimischen mit Essen und Unterhaltung.
In den Tagen nach der Katastrophe brachte sie in einer Tragetasche mit der Aufschrift „Action“ mehr als 300 Essenspakete durch den Schlamm von Tür zu Tür. Ein Segen gerade für die älteren Betroffenen, die nicht mehr vor die Tür konnten oder es sich nicht mehr trauten.
Und seit Neuestem hat sie eigens eine sogenannte O-AHR-SE geschaffen. Einen kleinen Zeltkomplex vor der Garage eines befreundeten Ehepaars aus dem Ort, wo sie selbst gebrühten Kaffee, Eier, süße und deftige Leckereien auf Biergarnituren auffährt und in dem sie selbst zur Klampfe greift, um den Einwohnern ein Stück gute Laune in der trostlosen Ruinenlandschaft drumherum zurückzugeben.
Eigener Spitzname: Simone Bartsch ist das „Möhnchen“ von Dernau
Die gute Fee, die von den Einwohnern inzwischen den Spitznamen „Möhnchen“ bekommen hat: „Hier waren früher immer Feste mit Kaffeestand. Also haben wir hier ein Zelt aufgebaut, in dem die Leute sich versorgen können mit Snacks und Lebensmitteln.“
Von Simone Bartsch gibt es keine Merchandising-Artikel, keine Profile oder Fanseiten in den sozialen Netzwerken. „Fame“ und Aufmerksamkeit braucht sie nicht in ihrem Kleinbus am Straßenrand.
„Doch wenn es kälter wird, ist das nicht prickelnd im Bus, da müssen wir eine Lösung finden“, fängt sie am Ende tatsächlich endlich einmal an, an sich selbst zu denken.