In der Ostukraine nahm die Gewalt zuletzt immer weiter zu, nach ukrainischen Angaben starben am Samstag zwei Soldaten. Die angespannte Lage war auch Thema war „Anne Will“ am Sonntagabend. Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sorgte dabei mit ihren Einlassungen für Entsetzen.
Ukraine-Zoff bei „Anne Will“Sahra Wagenknecht sorgt mit Äußerungen für Entsetzen
Alles drehte sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende um die Krise in der Ukraine – und Russland blieb abwesend. Trotz aller Warnungen, Appelle und Angebote für weitere Gespräche kam aus Moskau: nichts. Im Gegenteil: Statt Entspannungssignalen zündete Putin die nächste Eskalationsstufe. Und brach sein Versprechen, Truppen aus Belarus nach einem Manöver wieder abzuziehen.
Was will Putin eigentlich? Und wie groß ist die Gefahr eines Krieges im Osten? Das war auch am Sonntagabend, 20. Februar 2022, Thema bei „Anne Will“. Zu Gast waren neben Norbert Röttgen (CDU), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, unter anderem auch die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht sowie SPD-Chef Lars Klingbeil. Wagenknecht sorgte mit ihrer Sicht auf die Krise für einiges Kopfschütteln.
Constanze Stelzenmüller, Expertin für transatlantische Beziehungen an der renommierten Brookings Institution in Washington D.C., ging zu Beginn der Sendung auf den Status quo in der Ost-Ukraine ein: Es seien inzwischen „so viele einsatzbereite Kampftruppen an drei Grenzen der Ukraine aufgestellt“, dass Putin jederzeit den Befehl zu einem „sehr schnellen Einmarsch“ geben könnte. Statt Truppen abzuziehen, wie der russische Präsident beteuerte, seien sogar noch mehr hinzugekommen.
Anne Will: „Befinden uns im Zustand massiver russischer Aggression“
Das hieße aber nicht, so Expertin Stelzenmüller, dass die Entscheidung bereits getroffen ist. „Das heißt nur, dass der Befehl gegeben werden kann.“ Anne Will möchte wissen: „Rechnen Sie damit?“ Stelzenmüller antwortete: „Ich will hier klarmachen, dass wir uns bereits im Zustand massiver russischer Aggression befinden.“ Es werde mit militärischen Mitteln gedroht, um politische Ziele zu erreichen. „Und das nicht nur in Kiew oder der Ukraine, sondern auch in westlichen Hauptstädten.“
Putin habe zunächst die Drohung, die er aufgebaut hat, wirken lassen wollen, um seine Ziele zu erreichen. „Aber das Problem ist, wenn man so viele Truppen aufstellt, dass irgendjemand diesen Bluff herausfordert“, so Stelzenmüller. „Und selbst, wenn das nicht passiert, kann sich Putin bemüßigt fühlen, loszumarschieren, weil er sich nicht beachtet fühlt.“
Kurzum: „Die Bedrohung ist längst da, das Risiko ist massiv gestiegen und was genau passiert, kann keiner von uns seriös vorhersagen.“
Anne Will: Es steht „Spitz auf Knopf“
SPD-Chef Lars Klingbeil pflichtete der Expertin bei: Es stehe gerade „Spitz auf Knopf“, Russland bereite sich auf eine Invasion vor. „Aber solange es die kleinste Hoffnung gibt, dass wir diese Auseinandersetzung mit Diplomatie und Gespräche abwenden können, solange müssen wir mit maximalem Einsatz diesen Weg gehen.“
Anne Will wandte sich daraufhin an Sahra Wagenknecht, zitierte Olaf Scholz, der sagte, es sei „unsere verdammte Pflicht und Aufgabe als Staats- und Regierungschefs zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt.“ Will: „Tun denn beide Seiten wirklich alles, um einen Krieg zu verhindern?“
Anne Will: Sahra Wagenknecht schlägt sich auf Seite Putins
Wagenknecht erklärte, „die Aggressivität von amerikanischer Seite, mit der ein Einmarsch der Russen geradezu herbeigeredet wird, die ist ja schon bemerkenswert.“ Da habe man doch das Gefühl, „hier ist der Wunsch Vater des Gedankens.“ Russland hätte doch faktisch gar kein Interesse daran, in die Ukraine einzumarschieren. „Natürlich nicht.“
Auf die Nachfrage Anne Wills, woran Wagenknecht diese Ansicht festmache, erklärte die Linken-Chefin: „Na, was soll ihnen denn das bringen?“ Die Russen hätten immer wieder deutlich gemacht, worum es ihnen gehe. Die „westliche Politik der letzten 20 Jahre“ sei eine „Provokation für Russland“. Für Wagenknecht liege der Weg, diesen Konflikt zu entspannen, darin, das anzuerkennen. „Russland sieht doch gar keinen anderen Weg mehr, als das wörtliche Säbelrasseln.“
Wenn man so mit einem „großen, selbstbewussten Land“ umgehe, erklärte Wagenknecht weiter, „dann ist man irgendwann an dem Punkt, an dem wir heute stehen.“
Anne Will: Ukraine-Zoff nach Aussagen von Wagenknecht
Norbert Röttgen ging anschließend auf die Krisenkommunikation der USA ein, die immer wieder vor dem Angriff Russlands warnen. Er erklärte, dass man so „Ausreden und Vorwände“ Putins vorwegnehmen wolle, „um mit Offenbarung eine Invasion unwahrscheinlicher zu machen.“ Wagenknecht schlug sich daraufhin erneut auf die Seite Putins. „Es gilt zu akzeptieren, dass Russland Sicherheitsinteressen hat.“
„Das ist Ihre Sichtweise, die vom Kreml zu einhundert Prozent so geteilt wird“, hielt Röttgen entsetzt dagegen. Putin meine es ernst damit, „dass er das Ergebnis nach dem Ende des Kalten Krieges nicht akzeptiert.“ Röttgen: „Sein fester Wille ist es, die Macht Russlands in Europa auszudehnen.“ Die Nachbarstaaten sollten wieder zu Vasallen-Staaten gemacht werden.
Anne Will: Sahra Wagenknecht macht SPD-Chef fassungslos
Anschließend erklärte Klingbeil, der bei den Ausführungen der Linken-Chefin immer wieder den Kopf schüttelte, wie entsetzt er über Wagenknechts Äußerungen ist. „Ich sehe überhaupt nicht, von wem Russland aktuell bedroht sein sollte.“ Der Westen habe immer wieder den Dialog angeboten, der Ball liege jetzt bei Putin. Klingbeil mahnte: „In dem Moment, wo er die Soldatinnen und Soldaten losschickt, in dem Moment wird es eine geschlossene Reaktion geben. “