Mit Wahlniederlagen kennt sich der einstige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück aus. Im ZDF-Talk bei Markus Lanz empfahl er nun Armin Laschet, sich aus der Politik zurückzuziehen.
„Personifizierte Niederlage“Peer Steinbrück mit Frontalangriff gegen Armin Laschet
Hamburg. Wenn einer weiß, wie man sich als Verlierer einer Bundestagswahl fühlt, dann ist es Peer Steinbrück. 2013 versuchte der heute 74-Jährige, der SPD als Kanzlerkandidat zum Wahlsieg zu verhelfen. Er scheiterte grandios.
Steinbrück, der zwischen 2002 und 2005 nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und danach Bundesfinanzminister war, stand während seines Wahlkampfes unter anderem in der Kritik, weil er bei einem Foto-Interview mit dem „SZ-Magazin“ ironisch den Mittelfinger gezeigt hatte. 2016 zog er sich aus der Politik zurück und ist seitdem als Banken-Berater tätig – eine Entscheidung, die nicht minder kontrovers diskutiert wurde.
Kaum verwunderlich also, dass Markus Lanz in seiner Sendung am Dienstagabend von Peer Steinbrück wissen wollte, wie er die Wahlniederlage von Armin Laschet bewerte. Sein Mitleid sei „begrenzt“, aber dennoch vorhanden, so der einstige SPD-Spitzenpolitiker. Er glaube, dass Laschet den Wahlkampf „politisch nicht überleben“ werde.
Peer Steinbrück bei Markus Lanz: „Sündenbock ist kein Herdentier“
Zwar halte er ein Zustandekommen der Jamaika-Koalition ohnehin für unwahrscheinlich, sollte es aber doch dazu kommen, sehe er Armin Laschet nicht an der Spitze der Partei: „Die Union würde Laschet nicht ins Schaufenster stellen bei der Wahl zum Kanzler.“ Er glaube jedoch nicht, dass es überhaupt zu Koalitionsverhandlungen mit der Union kommen werde.
Nun sei der Moment für Laschet gekommen, sich zurückzuziehen. „Es bleibt der Zeitpunkt abzuwarten, an dem jemand zu Armin Laschet sagt: Das war es. In meinen Augen müsste das jemand wie Schäuble sein.“ In Laschets Situation müsse man nun „eine Art von Selbstwertgefühl“ haben und sich aus der Politik verabschieden, so Steinbrück, der sich selbst erst drei Jahre nach seiner Wahlniederlage aus der Politik zurückgezogen hatte.
Laschet sei nun „die personifizierte Niederlage der Union.“ Gänzlich gerecht sei dies jedoch nicht, wie Steinbrück feststellte. Denn: „Der Sündenbock ist kein Herdentier.“ 16 Jahre unter Angela Merkel hätten dafür gesorgt, dass die Union „profillos“ geworden sei. „Sie hat den Fehler gemacht, auch noch einen verhältnismäßig profillosen Kandidaten oben draufzusetzen“, erklärte er.
Steinbrück bei Lanz: „Scholz gewonnen, obwohl er in der SPD ist”
Der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat fand jedoch auch tröstende Worte für Armin Laschet. Es gebe auch ein Leben nach der Politik, wie Steinbrück vor einigen Jahren selbst festgestellt habe. Bei ihm selbst habe es etwa sechs Monate gedauert, bis er den Wahlausgang verkraftet hätte. Sieg und Niederlage seien „eine Frage des Datums“, so Steinbrück im Rückblick. „2013 ist eine Niederlage und 2021 ist ein Erfolg.“
Bei der Bundestagswahl 2013 kam die Union auf 41,5 Prozent der Stimmen, die SPD auf 25,7 Prozent. Eine niederschmetternde Niederlage für Peer Steinbrück, während Olaf Scholz nun mit den gleichen Prozentpunkten als Sieger der Wahl hervorgeht.
„So ist nun mal der politische Wettbewerb“, lautete Steinbrücks gelassenes Fazit. Ihm selbst sei bereits ein halbes Jahr vor der Wahl 2013 klar gewesen, selbige nicht mehr gewinnen zu können. Einen „Kampf gegen die eigene Partei“, wie Markus Lanz es formulierte, habe es damals allerdings nicht gegeben. Trotzdem: Anders als in den vergangenen Jahren habe die SPD in diesem Jahr geschlossen hinter Olaf Scholz gestanden. Zudem habe Scholz von der Unbeliebtheit von Armin Laschet profitiert. Steinbrück ist sich sicher: „Olaf Scholz hat gewonnen, nicht weil er in der SPD ist, sondern obwohl er in der SPD ist.“ (tsch)