Die Ukraine spricht von einem „historischem“ Schritt, Moskau nennt die Entscheidung „bedeutungslos“. So reagiert die politische Welt auf den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Putin am PrangerUS-Präsident spricht von starkem Signal – Moskau zeigt wahres Gesicht
Wegen der Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland im Ukraine-Krieg hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin Haftbefehl erlassen.
International stieß das weitgehend auf positives Echo. US-Präsident Joe Biden bezeichnete den erlassenen Haftbefehl am Freitag (17. März 2023 Ortszeit) als „gerechtfertigt“ (siehe dazu auch das Video oben).
Haftbefehl gegen Putin: Selenskyj spricht von „historischer Entscheidung“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer „historischen Entscheidung“. Von Moskau wurde der Schritt allerdings als „bedeutungslos“ bezeichnet.
Der IStGH hatte seine Entscheidung am Freitag verkündet. Ein weiterer Haftbefehl erging demnach gegen die Kinderrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten, Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, wegen des gleichen Vorwurfs.
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Es bestünden „vernünftige Gründe“ für die Annahme, dass Putin für die als Kriegsverbrechen einzustufende „unrechtmäßige Deportation“ von ukrainischen Kindern auf russisches Territorium „persönlich verantwortlich“ sei, erklärte der Strafgerichtshof. Die Verbrechen hätten in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine „mindestens ab dem 24. Februar 2022“, dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, eingesetzt. IStGH-Präsident Piotr Hofmanski betonte, die Anwendung der Haftbefehle hänge von „internationaler Kooperation“ ab.
Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar dieses Jahres mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt. Der IStGH hatte bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ermittlungen aufgenommen.
Der Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts auf Verantwortung für die als Kriegsverbrechen einzustufende „unrechtmäßige Deportation“ von ukrainischen Kindern auf russisches Territorium ist der erste IStGH-Haftbefehl gegen einen amtierenden Staatschef eines UN-Sicherheitsratsmitglieds.
Präsident Biden sagte vor Journalisten in Washington, der Schritt des IStGH sende ein „sehr starkes Signal“. Präsident Selenskyj erklärte in Online-Medien, es handele sich um „eine historische Entscheidung, aus der historische Verantwortung erwachsen wird“.
Bundesjustizminister Buschmann: „Wichtiges Signal der Entschlossenheit“
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell begrüßte den Haftbefehl und sagte, dies sei der „Beginn eines Prozesses der Rechenschaftspflicht“.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb bei Twitter, der nun erlassene Haftbefehl gegen Putin wegen Kriegsverbrechen sei „ein wichtiges Signal der Entschlossenheit“. „Wer wie Putin einen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen“, erklärte Buschmann. Der britische Außenminister James Cleverly begrüßte den Schritt bei Twitter ebenfalls.
Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba begrüßte die Entscheidung. „Internationale Verbrecher werden für den Diebstahl von Kindern und andere internationale Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.“
Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin erklärte in den Online-Medien: „Die Welt hat ein Signal erhalten, dass das russische Regime kriminell ist und seine Führung und Handlanger zur Rechenschaft gezogen werden.“ Dies sei „eine historische Entscheidung für die Ukraine und das gesamte System des internationalen Rechts“.
Moskau bezeichnet Haftbefehl gegen Putin als „bedeutungslos“
Moskau bezeichnete den Haftbefehl dagegen als „nichtig“ und „bedeutungslos“. „Russland erkennt genau wie eine Reihe anderer Länder die Zuständigkeit dieses Gerichts nicht an, deshalb sind die Entscheidungen dieses Gerichts aus rechtlicher Sicht nichtig“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa teilte im Online-Dienst Telegram mit: „Die Entscheidungen des Internationalen Strafgerichtshofs sind für unser Land bedeutungslos, auch aus rechtlicher Sicht.“ Moskau werde „nicht mit dem Gericht kooperieren“. Russland sei „kein Vertragspartner“ des IStGH und habe ihm gegenüber „keine Verpflichtungen“.
Russlands Kinderrechtsbeauftragte will „Arbeit fortsetzen“
Die Kinderrechtsbeauftragte Lwowa-Belowa sagte nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti: „Es gab Sanktionen gegen mich von allen Ländern, sogar Japan, und jetzt ein Haftbefehl (...)“. Sie betonte: „Aber wir werden unsere Arbeit fortsetzen.“
Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew schrieb bei Twitter: „Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen. Es muss nicht erklärt werden, wo dieses Papier verwendet werden soll“, schrieb er auf Englisch neben einem Toilettenpapier-Emoticon.
Weder Russland noch die Ukraine sind Vertragsstaaten des IStGH. Kiew hat jedoch die Zuständigkeit des Gerichts anerkannt und arbeitet mit Chefankläger Karim Khan zusammen. (afp/susa)