„Alarmierendes Signal“Heftige Kritik an Aktion von Friedrich Merz und seiner CDU

Die Empörung nach einer Kleinen Anfrage der CDU und CSU im Bundestag ist groß, nun melden sich auch Forschende in einem offenen Brief zu Wort. Und sprechen von einem „alarmierenden Signal“.

von Martin Gätke  (mg)

Die Unionsfraktion stellte 551 Fragen zu bestimmten Nichtregierungsorganisationen und stellte ihre Gemeinnützigkeit infrage. Zuletzt hat auch CDU-Chef und Bald-Kanzler Friedrich Merz das Vorgehen seiner Partei verteidigt.

Nun aber zeigen sich zahlreiche Forschende alarmiert und haben einen offenen Brief veröffentlicht, wie der „Spiegel“ berichtet.

Kleine Anfrage der Union führte zu Empörung

Was ist passiert? Nach der gemeinsamen Abstimmung der CDU mit der AfD bei einem Migrationsantrag kam es bundesweit zu Protesten, viele Tausende Menschen gingen auf die Straße, um gegen das Vorgehen zu protestieren.

In der Folge wollte sich die Union in einer Kleinen Anfrage mit 551 Fragen darüber erkundigen, welche gemeinnützigen Körperschaften mit Bundesmitteln gefördert wurden. Es folgen Fragen zu Aktionen, Spenden und politischen Verbindungen unter anderem zu „Omas gegen Rechts“, Campact, Amadeu Antonio Stiftung, Foodwatch, Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace und der Journalisten-Organisation Netzwerk Recherche.

Die Demos seien teils von solchen gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt worden. Auch Förderprogramme wie „Demokratie leben“ des Bundesfamilienministeriums wurden hinterfragt.

Die Empörung war groß, Grüne und Linke warnten vor einem Angriff auf die Zivilgesellschaft. Auch von der SPD, mit der Merz über eine Koalition spricht, kam klare Kritik. Nun haben mehr als 1700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen offenen Brief unterzeichnet, der sich ebenfalls gegen die Aktion der Union richtet.

Sie schreiben, sie nähmen diese Anfrage „mit großer Besorgnis“ zur Kenntnis. „In Zeiten globaler Verwerfungen und verstärktem Misstrauen gegenüber der Demokratie, in denen die demokratische Zivilgesellschaft so wichtig wie nie ist, erkennen wir einen konfrontativen Unterton in der Kleinen Anfrage und deuten dies als ein alarmierendes Signal“, wird im „Spiegel“ aus dem offenen Brief zitiert.

Merz und die Union sollten die Kooperation aller demokratischen Kräfte stärken, „gegen die weitere Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft“.

Mehr als 1700 Forschende kritisieren CDU und CSU

Die Unterzeichner kritisierten mehrere Punkte in der Kleinen Anfrage der Union. „Manche Stimmen sehen in den NGOs eine Schattenstruktur, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt.“

Es sei „in höchstem Maße beunruhigend“, „dass die Kleine Anfrage das Narrativ eines ‚tiefen Staates‘ aufgreift“, heißt es. Es werde suggeriert, dass die Organisationen in unzulässiger Weise die politische Willensbildung in der Bundesrepublik beeinflussten, dabei seien sie eine „tragende Säule demokratischer Willensbildung“.

Es wird auch kritisiert, dass die Union suggeriere, „dass staatlich geförderte Organisationen einer Neutralitätspflicht unterliegen, die sich aus der Neutralitätspflicht des Staates ableitet.“ Die Neutralitätspflicht beziehe sich lediglich auf das Handeln der Exekutive. „Die Auslegung des Neutralitätsgebots, wie wir sie in Ihrer Anfrage zur Kenntnis nehmen, kannten wir bisher von rechtsextremen Akteuren wie der AfD.“

Zum Schluss appellieren die Forschenden an die Union, diese solle keinen politischen Druck auf Akteure ausüben und ein Demokratiefördergesetz einführen.

Merz indes hat die Bundestags-Anfrage zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen verteidigt. „Dass aus dem Parlament danach gefragt wird, wie mit Steuergeldern umgegangen worden ist, ist nichts Ungewöhnliches und nach den Demonstrationen in den letzten drei Wochen vor der Wahl notwendig“, sagte der Unionsfraktionschef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.