Der Eklat um die Bundestagssitzung mit der Rede Wolodymyr Selenskyjs war auch Thema bei „Markus Lanz“: Die SPD-Politikerin Svenja Schulze war es, die am Abend versuchte, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Und den Moderator mit einem Wort erzürnte.
„Kinkerlitzchen“Es geht um Selenskyj: SPD-Politikerin macht Markus Lanz mit Aussage fassungslos
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich – inmitten des Krieges in seinem Land und während russische Bomben ganz in der Nähe fallen – Zeit genommen, um sich mit einer Videobotschaft an den Deutschen Bundestag zu wenden. Eine historische Rede.
Und wie reagiert die Ampel-Koalition? Sie geht – trotz der Kritik der CDU – zur Tagesordnung über, es werden Geburtstagswünsche verlesen. Man verpasst die Chance, über die harte Kritik zu sprechen, die der Präsident da geäußert hat. Obwohl Selenskyj auch Kanzler Olaf Scholz direkt angesprochen hatte, bleibt der sitzen, eine Antwort gibt es nicht.
Der Eklat war am Donnerstagabend (17. März) nach der Rede auch Thema bei „Markus Lanz“ (ZDF). Es war sein Gast Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die sich den kritischen Fragen stellen musste.
Die Bundestagssitzung wird vielen wohl lange negativ im Gedächtnis bleiben. Die Reaktionen waren verheerend: Die Abgeordneten hätten sich bis auf die Knochen blamiert, schreibt der „Spiegel“. Norbert Röttgen (CDU) sprach vom „würdelosesten Moment im Bundestag“, den er je erlebt habe. Eine „Schande fürs Parlament“, kommentierte der „Welt“-Journalist Robin Alexander.
Markus Lanz: Svenja Schulze – „Bin sehr froh, dass Deutschland so sehr hilft“
Auf die Frage von Markus Lanz, wie bei Schulze diese Debatte angekommen ist, antwortete sie erst einmal mit Lob für die eigene Partei. Die Rede sei sehr emotional gewesen, erklärte die SPD-Politikerin. Auch weil das Leid der Ukraine noch einmal deutlich wurde. „Ich bin sehr froh, dass Deutschland so sehr hilft. Dass wir so viel tun. Dass wir wirklich eine Zeitenwende eingeläutet haben mit Olaf Scholz und auch unsere bisherige Linie, keine Waffen zu liefern, verändert haben.“
Anschließend wurde ein Ausschnitt aus Selenskyjs Rede gezeigt, der Olaf Scholz persönlich angesprochen hat. „Warum steht Olaf Scholz nicht auf und antwortet?“, will Lanz von Schulze wissen. Die Ministerin versuchte, der Kritik die Luft rauszunehmen. Am Abend zuvor seien bereits Diskussionen geführt worden, dass das Parlament nach Selenskyjs Rede nicht auch über den Krieg sprach, hielt sie für nicht so wichtig: „Olaf Scholz ist im dauernden Kontakt mit Selenskyj. Er tut alles, was er kann, um Putin dazu zu bewegen, an den Verhandlungstisch zu kommen“. Sie sei froh, dass Scholz Kanzler ist und helfen will.
Markus Lanz: „Das war beispielloser Vorgang“ im Bundestag
Lanz aber ließ nicht locker. „Das ist nicht die Antwort auf die Frage. Fanden Sie es gut, dass am Abend davor die Debatte stattfand? Und am nächsten Tag spricht Selenskyj?“ Erneut wich Schulze aus und sagte, sie sei froh, dass er überhaupt die Möglichkeit hatte zu sprechen, trotz der Bomben. Als Lanz ein weiteres Mal auf den „beispiellosen Vorgang“ im Bundestag einging, reagierte Schulze genervt. „Das Entscheidende ist doch, dass gehandelt wird. Dass den Frauen und Kindern geholfen wird.“
Für sie sei es nicht wichtig, ob eine Debatte stattfindet. „Das sind doch alles Kinkerlitzchen.“ Zentral sei die Hilfe.
Markus Lanz: „Kinkerlitzchen“ – Reaktion von Schulze macht Moderator sauer
„Kinkerlitzchen?“ Als Lanz das Wort hörte, schien er fassungslos. „Sie nennen das Kinkerlitzchen?“ Lanz gab die Frage an die CDU-Politikerin Serap Güler weiter, die neben Schulze saß. „Finden Sie das auch Kinkerlitzchen?“ Die nahm die Frage zum Anlass, noch einmal über den CDU-Antrag zu sprechen, die Tagesordnung zu ändern und im Bundestag über den Krieg zu sprechen. „Ich glaube, wenn Scholz spontan aufgestanden wäre und um das Wort gebeten hätte, hätte kein Parlamentarier widersprochen.“
Lanz ließ nicht locker und ging im Verlauf der Sendung auf die gescheiterte Energiepolitik der deutschen Regierung in den letzten Jahren ein. Deutschland gehe es nur um „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“, kritisierte Selenskyj. Eine Politik, an der die SPD eine wesentliche Mitschuld trägt, so Lanz. Er nahm Gerhard Schröder als prominentestes Beispiel. Schulze entgegnete, Schröder agiere als Privatmann, er stehe nicht für die bundesdeutsche SPD. „Ich finde es todtraurig und beschämend, was der Altkanzler tut. Aber er hat keine Rolle in der SPD.“
Markus Lanz: Schulze entsetzt – „Weise ich in aller Deutlichkeit zurück“
Lanz blieb hart, bereits 2021 habe die Ukraine wiederholt darauf hingewiesen, dass Nord Stream 2 eine russische Waffe sei, die sich in erster Linie gegen die Ukraine richtet. Der Moderator nannte einige Beispiele von SPD-Politikern, die nach dem politischen Ausscheiden Geld mit russischem Öl und Gas verdient haben.
„Ich will nur sagen: Dass die Grenzen der SPD zur russischen Energiewirtschaft fließend verlaufen, das ist eine Übertreibung. Es gab sie schlicht nicht.“ Rumms. Schulze gab sich erschüttert. „Das ist eine Unverschämtheit. Das weise ich in aller Deutlichkeit zurück.“ Dass Deutschland so abhängig von Putin und fossiler Energie ist, sei kein reines SPD-Problem.