Wenn es nach den Propagandisten und dem russischen Staatsfernsehen geht, steht das Volk geschlossen hinter Wladimir Putin und seiner „militärischen Sonderoperation“. Zumindest dort verläuft alles nach Plan. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Das weiß offenbar auch der Kreml, wie nun eine durchgesickerte Rede vermuten lässt.
„War unangenehm“Geheime Rede von Putin-Sprecher durchgesickert: Seine Wahrheit gefiel nicht jedem
Eigentlich sollte der Krieg, der in Russland so nicht genannt werden darf, nur wenige Tage dauern. Doch er tobt nun seit nunmehr 400 Tagen – und ein Ende ist ebenso wenig in Sicht wie die Chance auf Verhandlungen.
Es sehe ganz nach einem „langwierigen“ Krieg aus, so formulierte es der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Und offenbar sieht es die andere Seite mittlerweile genauso. Wie ein neuer Bericht vermuten lässt, bereitet sich auch der Kreml auf einen „ewigen Krieg“ vor. Die durchgesickerte Rede von Putins Sprecher Dmitri Peskow spricht jedenfalls Bände.
Russland: Lage für Armee hat sich in der Ukraine verschlechtert
Die Lage für Russland jedenfalls hat sich in den vergangenen Monaten drastisch verschlechtert: Das heftig umkämpfte Bachmut ist nicht eingenommen, die Armee verzeichnet hohe Verluste. Stattdessen bereitet sich die Ukraine nach eigenen Angaben auf einen Gegenangriff vor. Auch die ersten Dutzend Panzer aus dem Westen sind bereits im Kriegsgebiet angekommen.
Schon vor Monaten hat der Kreml offenbar realisiert, dass der Krieg ein längeres und schwierigeres Unterfangen wird, als anfangs angenommen. Das lässt ein durchgesickertes Gespräch nun vermuten, von dem der britische „Guardian“ mit Berufung auf Insider berichtet, die namentlich nicht genannt werden.
Demnach habe es im Dezember zum Jahresende ein Moskau ein Abendessen in der Wohnung eines hohen Staatsbeamten gegeben, während sich die Stadt auf die Feierlichkeiten vorbereitete. Die Anwesenden, darunter Mitglieder der Elite Russlands, stießen auf das neue Jahr an.
Russland: Putin-Sprecher sagt bei Abendessen die Wahrheit über den Krieg
Irgendwann soll sich dann Putins Sprecher Dmitri Peskow erhoben haben, um ein paar Worte zu sprechen. „Ich nehme an, Sie erwarten, dass ich etwas sage“, soll er dem Bericht nach gesagt haben. „Die Dinge werden noch viel schwieriger werden. Das wird sehr, sehr lange dauern“, fuhr er fort.
Die Stimmung unter den Gästen habe sich sofort verdüstert, heißt es, viele von ihnen hätten sich privat gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen. „Es war unangenehm, seine Rede zu hören. Es war klar, dass er davor warnte, dass der Krieg bleiben wird und wir uns auf eine lange Zeitspanne vorbereiten sollten“, sagte ein Gast.Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage zum Ukraine-Krieg teil:
Wladimir Putin hat längst damit begonnen, die russische Gesellschaft und die Industrie auf einen mehrjährigen Krieg einzustellen. In einer längeren Rede vor Arbeitern einer Flugzeugfabrik in der Region Burjatien bezeichnete Putin den Krieg einmal mehr als einen existenziellen Kampf um das Überleben Russlands. „Für uns ist dies keine geopolitische Aufgabe, sondern eine Aufgabe des Überlebens der russischen Staatlichkeit, für die künftige Entwicklung des Landes und unserer Kinder“, sagte der Präsident.
„Putin hat aufgehört, über konkrete Ziele des Krieges zu sprechen“
Laut dem politischen Analysten Maxim Trudoljubow spreche Putin in seinen Reden zunehmend von einem „ewigen Krieg“ mit dem Westen. „Putin hat praktisch aufgehört, über konkrete Ziele des Krieges zu sprechen. Er hat auch keine Vision davon, wie ein künftiger Sieg aussehen könnte.“ Der Krieg habe weder einen klaren Anfang noch ein absehbares Ende.
Während sich die Stimmung in Russland verdüstert, betont der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner regelmäßigen Videoansprache, wie sehr die Demokratie einen Sieg brauche. „Und wir alle zusammen – Ukrainer, alle Europäer, unsere amerikanischen Verbündeten, unsere Freunde auf allen Kontinenten – in Afrika, Asien, Lateinamerika, Australien – werden alles tun, um diesen Sieg näher zu bringen.“