Spekulationen sind wahrKreml meldet Besuch – Experte: „Schockierende Nachrichten für Europa“

Russian President Vladimir Putin, center, and Russian CEO of Rosneft oil company Igor Sechin, right, visit "Zvezda" Shipbuilding Complex in the Bay of Bolshoy Kamen, in the far eastern region of Primorsky Krai, Russia, Monday, Sept. 11, 2023. (Pavel Bednyakov, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP)

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wird sich mit Russlands Präsident Wladimir Putin treffen. Unser Foto zeigt Putin (Mitte) am 11. September bei einem Besuch in einem Schiffbau-Komplex in der Region Primorje.

Russland hat einen massiven Mangel an Munition. Nun könnte Putin ausgerechnet mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un ein Waffen-Abkommen schließen – das hätte bittere Konsequenzen. Der Kreml hat die seit Tagen andauernden Spekulationen bereits bestätigt.

von Martin Gätke  (mg)

Putins Krieg in der Ukraine könnte nun für Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu jener Anerkennung führen, die er so lange gesucht hat: Die russische Führung hat die seit Tagen andauernden Spekulationen über einen bevorstehenden Besuch des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un bestätigt. Der Grund: Ein mögliches Abkommen zur Lieferung von Waffen und Munition.

Kim werde auf Einladung von Präsident Wladimir Putin „in den kommenden Tagen“ zu einem offiziellen Besuch nach Russland reisen, erklärte der Kreml am Montag (11. September). Das Treffen der beiden Staatsoberhäupter soll wohl am 13. September stattfinden.

Russland und Nordkorea: Kim trifft sich wohl bald mit Putin

Das Weiße Haus warnt schon länger davor, dass Nordkorea im Geheimen damit begonnen habe, Artilleriegeschosse und Panzerabwehrraketen an Russland zu liefern und über weitere Waffengeschäfte zu verhandeln. Ein Nordkorea-Experte warnt vor den möglichen Konsequenzen, auch für Europa.

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Laut südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap habe der Geheimdienst Hinweise, dass der Zug mit Kim Jong Un an Bord Richtung Wladiwostok fahre. In einem gepanzerten Zug könnte Kim nach Wladiwostok reisen, das Luftlinie weniger als 500 Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernt liegt.

In der Stadt findet vom 10. bis zum 13. September ein Wirtschaftsforum statt.

Russland und das international isolierte Nordkorea sind zwar seit längerem Verbündete, allerdings waren die Beziehungen nach dem Zerfall der Sowjetunion oft angespannt. Zudem ist der wirtschaftliche Handel zwischen beiden Ländern eher gering. Für Nordkorea ist China der weitaus wichtigere Partner, der Großteil der Lebensmittel-Importe kommt aus der Volksrepublik.

„Das sind schockierende Nachrichten für die USA und für Europa“

Nun könnte ausgerechnet Putins Krieg beide Länder näher bringen. Ein Abkommen wäre eine „Win-win“-Situation für die Autokraten: Putin braucht angesichts der ukrainischen Gegenoffensive dringend größere Erfolge, muss die Munitionsknappheit in den Griff bekommen. Für Kim wiederum würde ein Abkommen Zugang zu moderner Waffentechnologie bedeuten, etwa für seine Atom-U-Boote. Er würde technische Unterstützung erhalten für seine Nuklear- und Raketenprogramme. Und er stünde wieder mehr im politischen Rampenlicht.

Ein solches Abkommen wäre jedoch keine gute Nachricht für Asien oder Länder in Europa, warnt ein Experte.

Lee Byong-chul, ein Nordkorea-Experte am Institut für Fernoststudien der Kyungnam-Universität in Seoul, erklärt gegenüber der „New York Times“: Nordkorea verfüge bereits über einen großen Munitionsüberschuss, da das Land seit dem Waffenstillstand nach dem Koreakrieg 1953 keinen Krieg mehr geführt hat. Da die Technologie weitestgehend sowjetisch ist, wäre die nordkoreanische Munition ohne Probleme mit der russischen kompatibel.

„Das sind schockierende Nachrichten sowohl für die USA, als auch die Länder in Europa, die auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine hoffen“, so Lee weiter. „Nordkoreanische Munition könnte Öl ins Feuer gießen.“

Russland: Putin könnte Kim dabei helfen, wichtige Technologien zu bekommen

Nicht nur in der Ukraine, auch auf der koreanischen Halbinsel könnte das Abkommen die Spannungen erhöhen, könnte es doch dabei helfen, Kims Atomwaffenprogramm noch weiter voranzutreiben. Es könnte in Zukunft sowohl Südkorea als auch Japan dazu zwingen, ihre militärische Zusammenarbeit mit den USA zu verstärken.

Obwohl Nordkorea seit 2017 mehrere Interkontinentalraketen abgefeuert hat, bezweifeln westliche Fachleute immer noch, dass das Land über die nötige Technologie verfügt, Atomsprengköpfe klein und leicht genug zu machen, um so eine größere Reichweite zu erreichen. Das Land versucht außerdem, sein erstes U-Boot mit ballistischen Raketen zu bauen. Bislang wird angenommen, dass es auch dort auf große Hürden stößt – die mit einem Abkommen Russlands verschwinden würden.

Leif-Eric Easley, Professor für internationale Studien an der Ewha Womans University in Seoul, ergänzt gegenüber der „New York Times“: Ein verstärkter militärischer Austausch zwischen Russland und Nordkorea würde „den Frieden und die Sicherheit in Europa und Asien untergraben“ und er würde die Bereitschaft Moskaus und Pjöngjangs demonstrieren, offenkundig gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Aus Sicht Washingtons würden Rüstungsgeschäfte zwischen beiden Nationen gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verstoßen, die Nordkorea sanktionieren.