Über ein Jahr lang dauert der Krieg in der Ukraine an und auch Russlands Friedhöfe füllen sich. Im Osten des Landes wird erbittert gekämpft, es geht für Putin nur meterweise voran – unter hohen Verlusten. Ein russischer Experte hat nun eine durchaus überraschende Analyse im Staatsfernsehen offenbart.
Krasse Prognose im russischen Staats-TV„Putin wird das Ende nicht mehr erleben“
Seit Monaten ist die Kleinstadt Bachmut im Gebiet Donezk das Epizentrum des Krieges. Für Russland ist der Sieg über diese strategisch so wichtige Region von entscheidender Bedeutung für den Fortgang der Offensive – das hat zuletzt auch der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu klargemacht.
Die Verluste auf beiden Seiten sind hoch, auf russischer Seite fallen nach ukrainischen Angaben etwa 500 Soldaten pro Tag. In Russland selbst werden keine genauen Angaben über Kriegstote gemacht. Doch auch in den Staatsmedien kommt immer mehr die Frage auf, wie lange diese „Spezialoperation“, also der Krieg, der nicht als solcher benannt werden darf, eigentlich noch anhält.
Russland: Experte mit krasser Prognose im Staatsfernsehen
Der jüngste Verlauf des Krieges ist auch Thema in der Sendung „Sonntagabend mit Wladimir Solowjow“, der Talkshow des Chef-Propagandisten, die als eine der wichtigsten Propagandasendungen gilt – vor allem mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.
Als es in der Sendung um die aktuelle Lage im Krieg geht, kommt einer der Gäste von Solowjow, der Politikwissenschaftler Sergej Michejew, zu Wort. Er äußert eine aus russischer Sicht düstere Prognose, was Präsident Wladimir Putin angeht – und geht ungewöhnlich hart mit dem Kreml und seiner Vorgehensweise in diesem Krieg ins Gericht. Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage zum Ukraine-Krieg teil::
„Was geschieht auf dem Schlachtfeld? Was ist mit unseren militärischen Aktionen los?“, fragt Michejew die anderen Anwesenden. Er erklärt, er würde die „Heldenhaftigkeit“ der Soldaten und Offiziere nicht anzweifeln, und fügt hinzu: „Man muss aber ehrlich sagen, dass uns die Spielregeln und die Regeln dieses Krieges aufgezwungen wurden.“
Viele Fragen blieben unbeantwortet, auch die Frage, warum Russland keine militärischen Aktionen durchführen würde, welche „unsere Feinde radikal schwächen“, so Michejew. Einige mögliche Aktionen zählt der Experte auf: „Schläge gegen die Verkehrsinfrastruktur, Schläge gegen die Entscheidungszentren, Schläge gegen Orte, die das Kyjiwer Regime daran hindern werden, ständig verschiedene europäische Delegationen einzuladen“.
Michejew spielt auf die jüngsten Besuche ausländischer Politikerinnen und Politiker in der ukrainischen Hauptstadt an, auch aus Deutschland: Zuletzt waren SPD-Chef Lars Klingbeil und Fraktionschef Rolf Mützenich in die ukrainische Hauptstadt gereist. Durch diese Besuche, so Michejew, würde die Ukraine weiter zu große Unterstützung bekommen.
Der Politikexperte äußert anschließend eine düstere Prognose: „Wenn wir so weitermachen, dann werden Sie und ich nicht mehr lange genug leben, um irgendwelche Erfolge zu sehen. Unsere Führung wird dafür auch nicht mehr lange genug leben. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, wird das vielleicht Jahrzehnte dauern. Oder es wird eine Entscheidung getroffen, die schwer als Erfolg darzustellen sein wird, das ist offensichtlich.“
Russland: Kritik am Kreml und an Putin immer offener
Michejew erklärt weiter, es werde „kein Zurück zu den Bedingungen geben, die vor einem Jahr herrschten, unter keinen Umständen“. Die russische Position habe sich ernsthaft verschlechtert. „Entweder wir bewegen uns vorwärts und hören auf, Souveränität nur zu imitieren und wir erzielen wirklich einen Erfolg. Oder wir ziehen uns mit einem massiven Misserfolg zurück.“
Seit Monaten schon wächst die Kritik auch innerhalb Russlands an Putin und am Kreml angesichts des stagnierenden Fortgangs des Krieges. Michejew ist nicht der erste, der mit seinen Aussagen nicht der Linie der Propaganda Putins folgt.
Bekannte Namen wie der Chef der Söldnertruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, die aktuell vor allem rund um Bachmut tätig sind, machen schon seit längerem Stimmung gegen den Kreml. Er bezichtigte die obere Armeeführung gar der Intrige und des Verrats – und drohte, seine Kämpfer aus dem umkämpften Gebiet abzuziehen.