Nun ist der Albtraum vieler queerer Menschen, nicht nur in den USA, wahr geworden: Donald Trump wurde erneut zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Was könnte das Wahlergebnis für die queere Community in den USA bedeuten?
US-WahlWas bedeutet der Sieg von Donald Trump für queere Menschen?
Ihm ist der Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl 2024 nicht mehr zu nehmen: Trump setzte sich bei der Wahl am 5. November gegen seine Konkurrentin Kamala Harris durch.
Donald Trump erklärte sich selbst, am Mittwochmorgen (6. November 2024) gegen 8.30 Uhr deutscher Zeit auf einer Veranstaltung in Palm Beach, zum Wahl-Sieger und kündigte ein neues, „goldenes Zeitalter“ für die USA an. Queere Menschen in den USA erwartet wohl eher eine finstere Zeit.
Donald Trump hat queere Wählerinnen und Wähler verloren
Viele US-Amerikanerinnen und -Amerikaner stimmten für den Republikaner. Unter queeren Wählerinnen und Wählern musste Trump jedoch Einbußen verzeichnen. Der Großteil der Stimmen aus der LGBTQI+-Community ging an Harris.
Laut Wahltagsumfragen von NBC News gaben 86 Prozent der queeren Wählerinnen und Wähler Harris ihre Stimme. Nur zwölf Prozent wählten Donald Trump. Queere Stimmen machen allerdings nur rund acht Prozent der gesamten amerikanischen Wählerschaft aus.
Kamala Harris kam bei queeren Wählerinnen und Wählern, also unter anderem bei Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans Personen, besser an als ihr Vorgänger Joe Biden. Dieser hatte 2020 nur 61 Prozent der queeren Stimmen erhalten, Trump satte 28 Prozent. Demnach verlor der Republikaner mehr als die Hälfte seiner queeren Wählerschaft. Dafür gewann er aber in anderen Gruppen an Stimmen.
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Der Republikaner kam auf rund 81 Prozent der Stimmabgaben von weißen wiedergeborenen Christinnen und Christen und von Evangelikalen – fünf Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2020.
Als wiedergeborene Christen bezeichnet sich aber in der Regel nur eine bestimmte Gruppe von Christen: diejenigen, in deren Glauben es ein deutliches Vorher und Nachher gibt. Vorher, das ist das Leben ohne Gott, Nachher – das ist ein Leben ganz aus dem Glauben. Der Glaube der Evangelikalen basiert auf einer „persönlichen Beziehung“ zu Gott als ihrem Vater sowie zu Jesus Christus als ihrem „Herrn und Erlöser“.
Trump hat trotz allem aber auch queere Unterstützerinnen und Unterstützer. Es gibt sogar eine LGBTQI+-Organisation, „Gays for Trump“, die den Politiker seit Jahren unterstützt. Ihr Gründer und Präsident ist Peter Boykin.
Alle großen queeren Organisationen haben sich bei der diesjährigen US-Wahl jedoch für die Demokratin Kamala Harris ausgesprochen, berichtet „Queer.de“. In diesem Zusammenhang wurde an zahlreiche queerfeindliche Aktionen und Äußerungen von Trump während seiner ersten Amtszeit erinnert.
Sarah McBride zieht als erste trans Person in den US-Kongress
So hat er etwa trans Menschen den Dienst im Militär verboten oder Antidiskriminierungsrichtlinien aufgeweicht. Mitglieder der LGBTQI+-Community haben nun Sorge vor weiteren Einschränkungen, beispielsweise die Wiedereinführung des Ehe-Verbots für gleichgeschlechtliche Paare in Teilen der USA.
Das queere Nachrichtenmagazin „The Advocate“ sprach in einem Live-Blog zur Wahl von einer „enttäuschenden Nacht“.
Es gibt jedoch auch gute Nachrichten nach der US-Wahl für jene der queeren Community, die Demokraten unterstützen. Denn zum ersten Mal zieht eine offen lebende trans Person in den US-Kongress ein. Sarah McBride (34) konnte bei der Wahl zum US-Repräsentantenhaus in Joe Bidens Heimatstaat Delaware ihren republikanischen Gegner John Whalen III. mit 58 zu 42 Prozent der Stimmen schlagen. Schon vor vier Jahren war McBride als erste trans Person in ein amerikanisches Landesparlament gewählt worden.
Hier den Beitrag von Sarah McBride auf X ansehen:
In Texas konnte des weiteren Julie Johnson, eine 58-jährige offen lesbische Demokratin, einen Wahlkreis im Speckgürtel von Dallas deutlich für sich gewinnen und ihren republikanischen Konkurrenten ausstechen. Damit schreibt sie Geschichte: Als erste queere Person aus einem Südstaat wird die Politikerin ins US-Parlament einziehen.
Was könnte sich nun unter einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump für queere Menschen ändern? Denkfabriken wie die erzkonservative Heritage Foundation haben über viele Monate eine Art Handbuch für den Fall verfasst, dass Trump am 20. Januar 2025 wieder ins Weiße Haus einzieht. Der Titel: „Project 2025“. Es kann als eine Art Wunschliste an Maßnahmen der Rechten verstanden werden.
Auch wenn dieses „Lehrbuch der Konservativen“ inzwischen offiziell eingestellt wurde, sorgen die darin erwähnten Vorschläge weiter für Diskussionen – und wecken Ängste in der queeren Community. Wie Deutschlandfunk berichtet, wird dort auf 900 Seiten eine politische Agenda aufgelistet, die Donald Trump sofort nach der Amtseinführung umsetzen könne.
„Project 2025“: „Transgender-Ideologie“ als „Pornografie“ betitelt
Das queere Portal „Pink News“ fasst einige wichtige Aspekte aus dem „Project 2025“ zusammen: So werde „Transgender-Ideologie“ als eine Form von „Pornografie“ betitelt, die mit der „Sexualisierung von Kindern“ verbunden sei. Insgesamt wird „Geschlecht“ im Handbuch 111 Mal und „LGBT“ oder „LGBTQ“ 18 Mal erwähnt.
Darüber hinaus sah das „Project 2025“ vor, den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Transgender-Personen einzuschränken, weil es als eine Form des „Kindesmissbrauchs“ gesehen wird. Die Autorinnen und Autoren fordern zudem, dass die Antidiskriminierungsregeln aufgrund der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung abgeschafft werden.
Darüber hinaus gab es Überlegungen, trans Menschen den Militärdienst zu verwehren – ein Verbot, das ursprünglich unter der Trump-Regierung (2017 bis 2021) eingeführt wurde, aber von Ex-Präsident Joe Biden wieder aufgehoben wurde.
Im „Project 2025“ wurden aber auch langfristige und radikale Pläne zur Umgestaltung des amerikanischen Staates und der Gesellschaft beschrieben.
Auch wenn Trump versuchte, sich von diesem Projekt zu distanzieren, wie etwa die „Stuttgarter Nachrichten“ berichteten, ist dies nicht sehr glaubwürdig.
So pflegt etwa J.D. Vance, sein Kandidat für das Amt des Vize-Präsidenten, enge Verbindungen zur Heritage Foundation. Außerdem waren frühere Mitarbeitende und Berater der Trump-Regierung an dem Manifest beteiligt. (jba)