Mariupol unter Belagerung. Nach einem russischen Raketen-Angriff auf ein Theater befürchtet der Bürgermeister Sergei Orlov das Schlimmste.
Ukraine-KriegRussische Raketenangriffe – tote Kinder in Mariupol: „Es ist die Hölle“
Hier wütet der Ukraine-Krieg am schlimmsten: Seit dem Angriff Russlands befindet sich Mariupol im Belagerungszustand. Die Opferzahlen wachsen mit jedem Tag.
Am Mittwoch, 16. März 2022, beschuldigte die Ukraine die russische Armee, das Theater mit 1000 Schutzsuchenden darin mit Raketen getroffen zu haben – obwohl Satellitenbilder zeigen, dass es mit der Aufschrift „Kinder“ als Schutzraum gekennzeichnet war.
Immerhin: Der Bunker hielt stand, rund 130 Menschen konnten bereits gerettet werden.
Doch das ganze Ausmaß des Leids dieser bis vor Kurzem noch blühenden, strategisch so wichtigen Hafenstadt, ist kaum zu greifen. Allerdings harren noch zwei Journalisten der Agentur AP in der belagerten Stadt ab und haben nun einen erschütternden Bericht über die Kriegswochen verfasst.
Ukraine-Krieg: AP-Reporter harren in der belagerten Stadt Mariupol aus
Sie schreiben über den erst 18 Monate alten Kyrill, dessen Schrappnell-Wunde am Kopf zu viel für den kleinen Jungen war. Oder der 16-jährige Iliya, der sich mit Freunden trotz Krieges auf einem Fußball-Platz traf und dort von einer Bombe getroffen wurde. Auch für ihn kam jede Hilfe zu spät, sein Vater weinte bittere Tränen am Totenbett seines Sohnes.
Sie liegen gemeinsam in einem Massengrab in der Stadt, sie sind nur zwei der vielen Opfer des stetigen Raketenbeschusses, jede Minute trifft eine Rakete die Stadt, die mit ihrem Hafen zum Schwarzen Meer und der Stahlindustrie im Landesinneren eine wirtschaftlich rosige Zukunft hatte – ehe durch Wladimir Putins Truppen die Hölle ausbrach.
Obwohl inzwischen 30.000 fliehen konnten, harren Hunderttausende weiter aus, ohne Strom, ohne Wasser, die Nahrung geht zur Neigung. Hilfslieferungen können nicht gebracht werden, auch nicht durch die Luft. „Das einzige, was fliegt, sind Bomben“, hat Wolodymyr Selenskyj in seiner Rede vor dem Bundestag deutlich gemacht.
Mindestens 2500 Opfer hat es allein in Mariupol bereits gegeben, genaue Zählungen sind schwierig wegen des andauernden Bombardements, berichten die Reporter.
Fotograf Evgeniy Maloletka hielt die erschütternden Bilder im Krankenhaus fest, wie verzweifelte Eltern um ihre toten Kinder weinen. Bereits 100 Kinder haben in diesem Krieg ihr Leben verloren, jede dritte Minute flieht eins aus seiner Heimat, muss Hab und Gut zurücklassen.
Ukraine-Krieg: In Mariupol wird die Lage verzweifelter
In Mariupol wird die Lage immer verzweifelter. Die Menschen plündern Läden, um an Essbares zu kommen, doch die ukrainischen Soldaten versuchen, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Wie schon in Grozny (Tschetchenien) und Aleppo (Syrien) halten Putins Schergen die Zivilbevölkerung als Geisel, lässt sie langsam in der Belagerung sterben. Eine barbarische Kriegstaktik, die man eigentlich aus dem Mittelalter kennt, nun aber den Willen der Ukrainer brechen soll.
AP-Reporter Mystyslav Chernov hält auf Video fest, wie ein rusischer Panzer, bemalt mit einem „Z“ Wohnhäuser beschießt. Bürgermeister Sergej Orlov ist verzweifelt: „Wir denken jeden Tag, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, aber es kommt noch schlimmer. Es ist die Hölle. Die Fluchtrouten werden weiter beschossen. Wir können unsere Toten nicht mehr zählen.“