Wie wird Deutschland verteidigungsfähig? Diese Frage stellte Sandra Maischberger am Mittwochabend im Ersten zwei Menschen, die es wissen müssen. Beide waren sich einig: Die Bedrohung ist real - und Abschreckung, besonders gegen Russland, sei nötig.
Sandra MaischbergerGeneral warnt: „Russland zu einem größeren Krieg in der Lage“

Copyright: WDR/Oliver Ziebe
Am Mittwochabend debattierte Sandra Maischberger mit ihren Gästen Carlo Masala (links) und Carsten Breuer unter anderem über die Zukunft der Bundeswehr. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
Schier unbegrenzt ist das Geld, das der Bundestag am Dienstag für die Sicherheit Deutschlands freigegeben hat. Und offenbar ist dieses Geld wichtig. Denn: „Wir haben eine aktuelle Bedrohung.“
Das befand der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, am Mittwochabend bei Sandra Maischberger in der ARD. Dort erklärte der höchste Soldat Deutschlands gemeinsam mit dem Verteidigungsexperten Carlo Masala, was Deutschland in den nächsten Jahren für seine Verteidigungsfähigkeit tun muss.
Masala fordert rasche Militarisierung Europas: „Wir haben keine zehn Jahre“
Breuer wagte eine Bestandsaufnahme: „Wir sehen die russischen Drohnen über Kasernen, wo ukrainische Soldaten ausgebildet werden. Wir sehen Drohnen über Chemieparks. Wir merken, dass Sabotageakte nach oben gehen. Wir sehen, dass Spionage nach oben geht. Das ist Teil einer hybriden Kriegsführung.“
Russland wolle sich Zugänge für einen größeren Krieg verschaffen, es wolle Angriffsziele erkennen, und es wolle Verunsicherung in die Bevölkerung bringen. „Und das funktioniert.“
Für die Verteidigung steht für die nächsten Jahre ein Betrag von mindestens einer halben Milliarde Euro zur Verfügung. Das Geld könne dazu verwendet werden, um bei Waffensystemen die Abhängigkeit von den USA zu senken und sie stattdessen in Europa herzustellen, empfahl Masala.
Zudem müsse Deutschland auch Geld für die eigene Verteidigungsfähigkeit ausgeben. Wie viel Geld wollte Sandra Maischberger von Carsten Breuer wissen.

Copyright: WDR/Oliver Ziebe
General Carsten Breuer (rechts) und Carlo Masala erklärten bei „Maischberger“, was Deutschland in den nächsten Jahren für seine Verteidigungsfähigkeit tun muss. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
„Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen“, antwortete der General. „Es kommt sehr viel mehr darauf an, dass mit dem Konstrukt, das jetzt gefunden worden ist, das Anwachsen von Verteidigungsausgaben möglich sein kann.“ Es handle sich bei der Finanzspritze nicht nur um „ein einmaliges Befüllen“.
Wie Breuer ausführte, bringe man „über diese Verstetigung wir auch ein Stück Verlässlichkeit mit hinein, und zwar für die Planung innerhalb der Bundeswehr, aber vor allem für die Planung in der Industrie“. So könne die Industrie schneller produzieren. Das sei nötig, weil Russland zirka 2029 zu einem größeren Krieg in der Lage sei.

Copyright: WDR/Oliver Ziebe
Europa müsse schnellstmöglich verteidigungspolitisch souverän werden, forderte Carlo Masala. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
„Das Wichtigste ist Tempo“, stimmte Masala zu. „Frankreichs Präsident Macron hat vor zwei Wochen gesagt, bis Europa verteidigungspolitisch souverän sei, würde es zehn Jahre dauern. Das würde ich teilen. Aber wir haben keine zehn Jahre. Deswegen ist in den nächsten vier Jahren Tempo angesagt, um diese Lücke so weit es geht zu schließen.“
Experte Carlo Masala plädiert für „Kontingentwehrpflicht“
Doch Breuer wirkte schon jetzt recht zufrieden. Noch sei die Bundeswehr materiell schlecht ausgerüstet. Das wisse er. Doch mit Blick auf das Jahr 2026 sagte er: „Es entwickelt sich etwas.“ In den letzten drei Jahren sei Material bestellt worden, und das werde jetzt produziert. In den nächsten zwei Jahren werde die Bundeswehr besser ausgerüstet sein.
Gleichzeitig fehlt es der Bundeswehr an „Personal“, also vor allem an Soldaten, beklagte Masala. Der Experte schätzte, dass in den nächsten Jahren bis zu 60.000 Menschen zusätzlich benötigt werden und fordert deswegen eine „Kontingentwehrpflicht“. „Das ist das schwedische Modell, das der Verteidigungsminister auch mal wollte“, so Masala.
Das Ziel müsse sein, dass Russland keinen Angriff wage, da waren sich beide Experten einig. Dazu brauche es die nötige Abschreckung. „Und Gesellschaften, die sich bewusst darüber sind, dass diese demokratische Staatsform, in der wir leben, trotz aller ihrer Defizite wert ist, verteidigt zu werden“, fügte Masala hinzu. „Damit meine ich nicht nur mit der Waffe in der Hand, sondern in jeder Form verteidigt zu werden, auch gegen die, die zweifeln.“ (tsch)