Schauspieler Max Giermann hat mit uns über seine neue Geister-Serie gesprochen und erklärt, warum er Friedrich Merz nicht nachmachen wird.
Mann der 1000 GesichterMax Giermann: „Darum gibt es von mir keine Merz-Parodie“

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Max Giermann bei unserem Interviewtermin in Köln. Hier dreht er jetzt wieder öfter, seit er nach Freiburg gezogen ist. Zuvor wohnte er in der Domstadt, drehte aber immer woanders.
Im Schloss Burg Bergerhausen, jenem wunderschönen, uralten Gemäuer in Kerpen, ist der Teufel los – genauer gesagt, die Geister. Sie regen sich furchtbar auf, weil die neuen Besitzer ein Hotel aus dem Schloss machen wollen.
Das ist Inhalt der neuen WDR-Serie „Ghosts“. Unter den Geistern: Römer-Held Claudius, gespielt von Max Giermann (49). EXPRESS traf den deutschen Parodiestar zum großen Interview.
Max Giermann: So hart war sein Abschied von
Sie haben im letzten Jahr still und leise Köln in Richtung Freiburg verlassen. Warum das – für Ihren Beruf spielt die Musik doch eindeutig in Köln?
Max Giermann: Ich kann Sie beruhigen, ich wurde nicht vom Hof gejagt (lacht). Ich gestehe, dass es mir nicht leichtgefallen ist. Ich war 15 Jahre in Köln, eine sehr intensive Zeit. Ich habe hier meine Familie gegründet, die Karriere in Schwung gebracht. Ich habe wunderschön in einem Kloster an der Zündorfer Groov gelebt und sehr schöne Stunden im „Daisys Café“ an der Groov verlebt. Wir waren sehr verwurzelt, die Trennung war für uns sehr auch schmerzhaft.
Sie hätten bleiben können. Was hat Freiburg, was Köln nicht hat?
Max Giermann: Es ist meine Heimat, hat ein tolles Umland. Wir sind in 20 Minuten im Schwarzwald, am Titisee oder in Hinterzarten, ich habe das Elsass in der Nähe, die Schweiz und Straßburg sind nicht weit. Wir sind sehr schnell im Markgräflerland, wo ich selbst Wein produziere. Dazu kommt, dass ich, als ich in Köln lebte, hier nie viel zu tun hatte, ich musste immer reisen, um zu arbeiten. Es ist schon verrückt: Viele Schauspieler arbeiten nicht da, wo sie wohnen.
Was Sie jetzt wieder bestätigen – kaum leben Sie in Freiburg, schon drehen Sie fast nur noch in Köln. Hier ist z. B. die schräge Serie „Ghosts“ entstanden, in der Sie in voller Römer-Montur als Geist des Römers Claudius in Erscheinung treten. Wie war es, einen toten Römer lebend zu zeigen?
Max Giermann: Ich glaube, das haben wir gut hinbekommen, obwohl die Rüstung nicht sehr komfortabel war. Ich musste viel Kraft investieren, um damit heil über die Runden zu kommen.
Warum haben Sie mitgemacht?
Max Giermann: Einer der Hauptgründe war, dass da so viele tolle Kolleginnen und Kollegen mitmachen. Da ist eine hervorragende Truppe, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Ich wundere mich, wie die das hinbekommen, weil viele so stark beschäftigt sind – allein mein Kollege Sebastian Schwarz, der gefühlt rund um die Uhr dreht! Toll!
Wie war's bei Ihnen? Hat man da gedacht: „Das ist die richtige Rolle für den Giermann, das hat er ja schon in der ‚Sketch History‘ so gut hinbekommen …?“
Max Giermann: Nee, so war das nicht. Die Rolle war schon geschrieben, ehe klar war, dass ich dazu komme. Ich war bei einem ganz normalen Casting, da hatten sich auch andere drum beworben, nehme ich an. Aber ich durfte es dann machen. Was mich in diesem Fall sehr freut.

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Großes Ensemble: „Ghosts“ ist die Adaption einer britischen Serie. Von links nach rechts sind zu sehen: Benito Bause, Sina Tkotsch, Alexander Khuon, Meltem Kaptan, Sebastian Schwarz, Cristina do Rego, Max Giermann, Antje Widdra und Jan van Weyde.
Zweites großes Projekt, das nach Ihrem Umzug in Köln entstanden ist, ist der Köln-Tatort „Alles Anders“, in dem Sie in bunten Klamotten den Moderator einer TV-Kindershow spielen, bei der es hinter den Kulissen nicht sehr kindgerecht zugeht. Komiker in einer sehr ernsten Rolle – selten. Wie sind Sie dazu gekommen?
Max Giermann: Stimmt, wenn man als Komiker Erfolg hat, wird man gleich in die Schublade gesteckt, aus der man nur schwer rauskommt. Dass es bei mir in diesem Fall anders war, habe ich Regisseurin Isabell Šuba zu verdanken, die mich gern besetzen wollte. Damit erfüllte sich für mich ein besonderer Traum. Ich habe ja Schauspiel studiert, das klassische Fach gelernt und immer mit einer nicht-komischen Rolle geliebäugelt.
Wenn Sie die Wahl hätten zwischen einem ernsten oder einem witzigen Stück – was nehmen Sie?
Max Giermann: Den Humor. Es gibt für mich nichts Schöneres, als die Leute zum Lachen zu bringen. Ich merke oft, was Lachen den Leuten bedeutet: Sie lächeln mich auf der Straße an, weil ich sie zum Lächeln gebracht habe. Es ist toll, dass ich den Leuten mit meiner Arbeit Positives geben kann. Aber ich gebe zu, dass es in meinem Leben auch Phasen gab, in denen ich ernst genommen werden wollte.
Sie könnten in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum feiern – vor zehn Jahren stellten Sie in „Sketch History“ erstmals Ihre Version des tobenden Schauspielers Klaus Kinski vor, seitdem wird die Figur immer wieder von Ihnen verlangt. Fluch oder Segen?
Max Giermann: Natürlich geht es mir auch mal auf die Nerven, wenn ich das immer wiederholen muss. Das ist wie bei einem Rockstar, der Zeit seines Lebens seinen größten Hit spielen muss. Dennoch bin ich super-dankbar, dass ich den Kinski spielen durfte. Dass es so gekommen ist, habe ich Chris Geletneky, dem Produzenten und Head-Autor von„ Sketch History“ zu verdanken, der die Idee hatte und sie bei mir durchgesetzt hatte.
Klingt so, als wollten Sie zuerst nicht …
Max Giermann: Ja, so war es. Ich war skeptisch, weil ich dachte, das sei vergebene Liebesmüh, den Kinski kenne keiner mehr. Aber Chris hat nicht aufgegeben, mich überredet, und das war gut so. Und immer, wenn ich mich noch mal bei der Laudatio der Goldenen Kamera von 2016 sehe, bin ich wieder stolz, bekomme eine kleine Gänsehaut.

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Gutes Gespräch: EXPRESS-Reporter Horst Stellmacher und Max Giermann am 25. Februar 2025 im Gespräch in Köln.
Bauen Sie Ihr Parodie-Programm noch weiter aus?
Max Giermann: Zurzeit nicht. Seit ich bei „Extra 3“ ausgestiegen bin, habe ich keine neue Figur gemacht. Ich mache das ja eh nicht für mich. Die Masken sind schweineteuer, man muss für sie einen fünfstelligen Betrag ausgeben. Da braucht man immer einen Auftraggeber, der bereit ist, das zu bezahlen.
Schade. Die in Aussicht stehende Regierung bietet einige auffallende Figuren – z. B. Herrn Merz …
Max Giermann: Ja, Merz wäre schon eine große Sache. Er war auch immer schon ein Thema, in meinen Augen ist er einer, der es verdient hätte und der wahrscheinlich nicht so laut über sich lachen könnte. Aber das geht unserer Kopfformen wegen nicht. Friedrich Merz hat ein spitz zusammenlaufendes Gesicht und ein schmales Kinn – deswegen hat meine Maskenbildnerin abgewinkt: „Leider ein No Go!“ Aber vielleicht gibt es da ja doch noch eine Lösung.
Noch mal ein Blick in Ihre Vergangenheit. Verblüffend ist, dass wir „Switch Reloaded“, die Reihe, die Sie zum Star machte, immer noch streamen können, zurzeit kostenlos auf Joyn. Gucken Sie rein?
Max Giermann: Ich habe mir abgewöhnt, Arbeiten von mir zu gucken. Aber stimmt, es ist in der Tat verblüffend, dass sie immer noch gezeigt wird und mir teilweise auch unangenehm, denn vieles von einst ist längst nicht mehr politisch korrekt, zu Recht. Ich wundere mich, dass es bisher keine bösen Reaktionen gab. Vielleicht verzeiht man dem Format auch einiges, weil man ihm ansieht, dass es älter ist.
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Was ist mehr Arbeit – Parodie oder Schauspiel?
Max Giermann: Parodie ist für mich persönlich schwerer: Die Vorbereitungen dauern länger, die Originalperson im Detail nachzumachen ist anspruchsvoll, weil jeder meine Figur mit dem Original vergleichen kann. Wenn ich den Raab mache, und keiner erkennt ihn, dann ist das falsch: Thema verfehlt. Da stehe ich immer unter großem Druck. Wenn ich eine freie Figur spiele, habe ich künstlerische Freiheit. Da kann ich in einer Szene verschiedene Sachen ausprobieren, dann mit der Regie einen Weg finden. Da gibt es kein Richtig oder Falsch wie in der Parodie.
In Freiburg arbeiten Sie auch als Maler, haben eigene Ausstellungen und schon einige „echte Giermanns“ verkauft. Sie machen so viele Sachen – haben Sie da nicht das Gefühl, dass da manchmal die eine der anderen im Weg steht?
Max Giermann: Manchmal denke ich auch, ich mache zu viel. Schließlich bin ich außerdem ja auch verheiratet und Vater, was auch sehr zeitintensiv ist. Deswegen versuche ich, mich immer über einen großen Zeitraum nur auf eine Sache zu konzentrieren – Film oder Parodie oder Maler. Oder ich mache was ganz anderes. Ich fahre raus auf unser Weingut und beschäftige mich mit unserem Wein, dem „GIER-Wein“. Mein oberstes Ziel ist es, damit den Gutedel in Deutschland bekannter zu machen. Und das ist wirklich nur mein Hobby.
Max Giermann: Ausgebildeter Clown spukt in Mediathek
Max Giermann, geboren am 24. Oktober 1975 in Freiburg, ging nach seinem Abitur an die Schauspielschule „Ernst Busch“ in Berlin, hatte nebenbei viele Theater-Engagements. Dann folgte die Ausbildung zum Clown durch Georgo Peugot. Mit ihm trat er bis zu dessen Tod unter dem Künstlernamen Max Million auf. Seit 2004 ist er hauptsächlich Parodist („Frei Schnauze“, ab 2007 „Switch reloaded“), u. a. als Stefan Raab, Johann Lafer, Christian Rach und Markus Lanz.
2009 bekam er den Deutschen Comedypreis, den Sonderpreis der „Romy“-Jury für „Switch Reloaded“. Er arbeitet auch als Theater-Regisseur (2015: „Rubbeldiekatz“, Komödie Düsseldorf). Seit Freitag gibt es „Ghosts“ in der deutschen Version in der ARD-Mediathek, am 13. März sind alle Episoden auf One zu sehen.