Bei der Verleihung der Deutschen Fernsehpreise in Köln gewann das neue Format von Bill und Tom Kaulitz. Auch die Fernseh-Dauerbrenner „Dschungelcamp“ und „TV Total“ durften sich feiern lassen.
Deutscher FernsehpreisJoko Winterscheidt dankt ironisch Industrie für Zerstörung des Planeten
Blitzlichtgewitter, spektakuläre Outfits und viel Bussi-Bussi-Gehabe. Die Fernsehbranche feierte sich am Donnerstag (28. September 2023) wieder selbst. 25 Jahre Deutscher Fernsehpreis, das sorgte für einen großen Star-Auflauf in den MMC-Studios in Köln-Ossendorf.
In diesem Jahr hatte Sat.1 die Federführung übernommen und setzte beim Event auf Arbeitsteilung. Zunächst sorgten Tom Beck, Nelson Müller, Anna Ermakowa und „The Voice Kids“-Siegerin Emma für die musikalische Eröffnung.
Sat.1 ließ beim Fernsehpreis die Moderation permanent wechseln
Die Moderation wechselte munter durch. Matthias Opdenhövel durfte gleich zum Start eine Knaller-Kategorie präsentieren. Als beste Show Unterhaltung durften sich Bill und Tom Kaulitz für das RTL-Format „That's my Jam“ feiern lassen. „Oh, wir haben gar nichts vorbereitet“, sagte Tom. Bill schaute zu den ebenfalls nominierten Giovanni Zarrella und Joko Winterscheidt: „Hey, macht euch nichts draus. Dabeisein ist alles“.
Auch in der Kategorie „Bestes Infotainment“ ging Joko mit seinem Partner Klaas zunächst leer aus. Stattdessen wurde die sechsteilige Doku-Serie „Sterben für Anfänger“ mit Steffen Hallaschka und Olivia Jones ausgezeichnet.
Der Travestiekünstler wählte ehrliche Worte: „Ich rackere mich seit 30 Jahren im deutschen Fernsehen ab. Jetzt wurde es wirklich langsam Zeit, dass ich mal einen Preis gewinne. Ich versuche, Unterhaltung mit Haltung zu machen. Ich habe mich nicht hoch geschlafen, es wollte keiner.“
Als beste Sportsendung hatte die Fußball-WM-Übertragung aus Katar im ZDF die Nase vor den Darts-Übertragungen auf Sport1 und der Basketball-EM bei Magenta-TV. Für Kommentatoren-Legende Béla Réthy war dies so etwas wie ein Abschiedspreis für sein Lebenswerk. „Es drohen keine weiteren mehr“, witzelte er. „Immerhin durfte ich länger in Katar bleiben als Deutschland“.
Moderator Jochen Breyer ergänzte: „Es war schwierig, für uns die Balance zu halten zwischen Begeisterung für den Sport und kritisches Hinschauen.“ Experte Christoph Kramer verriet: „Ich darf eigentlich gar nicht hier sein. Wir haben nur zwei Punkte mit Mönchengladbach und in zwei Tagen ein Spiel. Und dann renne ich auch noch in Köln herum“.
Moderatorin Laura Wontorra hatte ihrem Ex-Sender Sport1 die Daumen gedrückt. Sie war gerade rechtzeitig vom dritten Oktoberfest-Besuch nach Köln zurückgekehrt und freute sich über die vielen nominierten Sport-Formate. „Insgesamt gewinnt der Sport, weil die Nominierungen die ganze Vielfalt ausdrücken.“
Die Kölner Darts-Moderatorin Jana Wosnitza, die nun zu RTL gewechselt ist, war nicht traurig, dass sie leer ausging: „Ich durfte sechs Jahre Darts moderieren. Die Entwicklung ist Wahnsinn. Ich möchte unbedingt privat in den Ally Pally reisen. Dezember ist jedoch auch im Football Crunchtime. Aber das habe ich mir immer schon vorgenommen, das privat zu genießen.“
Der TV-Klassiker „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ gewann den Fernsehpreis – im ersten Jahr mit Jan Köppen als Moderator, der aber auch gleich an Kollegin Sonja Zietlow dachte.
Ex-„Dschungelcamp“-Teilnehmerin Evelyn Burdecki durfte das Ergebnis verkünden. „Ich mag Unterhaltung und Reality-Shows, da bin ich süchtig. Dazu dürfen Pizza, Pommes, Chips & Co. nicht fehlen. Ich esse manchmal eine ganze Tüte auf – oder sogar zwei“, sagte sie EXPRESS.de.
Zuletzt hatte übrigens Barbara Schöneberger jahrelang das Event moderiert. Doch diesmal war sie nicht vor Ort. Ausgerechnet da gewann sie einen Fernsehpreis. Sie wurde für die Moderation des ESC-Vorentscheids „Unser Lied für Liverpool“ geehrt – und nicht für „Verstehen Sie Spaß?“
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Streamingdienst Netflix räumte am Donnerstag und schon am Tag zuvor bei der „Nacht der Kreativen“ mächtig ab. „Kleo“ wurde sowohl als beste Serie ausgezeichnet, zudem sicherte sich auch Hauptdarstellerin Jella Haase die Trophäe. Sebastian Pufpaff wurde zudem mit „TV Total“ als beste Comedy ausgezeichnet.
Als bester Mehrteiler wurde die viel kritisierte ZDF-Verfilmung des Frank-Schätzing-Bestsellers „Der Schwarm“ ausgezeichnet. „Bester Fernsehfilm“ wurde „Die Bürgermeisterin“ (ZDF) über eine ehrenamtliche Ortsbürgermeisterin, die sich für ein Flüchtlingsheim engagiert. In der Sparte „Beste Comedy-Serie“ gewann die Netflix-Produktion: „King of Stonks“. Fernsehkoch Tim Mälzer holte den Preis beim besten Factual Entertainment mit „Zum Schwarzwälder Hirsch“.
Joko Winterscheidt ironisch: „Danke an die Industrie und die Politik“
Am Ende durfte dann auch Joko Winterscheidt jubeln, der sich mit „The World's Most Dangerous Show“ als beste Doku-Serie durchsetzte. „Vielen Dank an die Industrie, die zu großen Teilen unseren Planeten zerstört. Vielen Dank an die Politik, die viel zu wenig handelt: Ihr habt diesen Preis möglich gemacht“, sagte der Moderator.
Anschließend sorgte er auch noch für den einzigen Gänsehaut-Moment des Abends. Winterscheidt überließ der Iranerin die Bühne, die auch schon seinen Instagram-Account befüllt hatte – auch wenn „Joko & Klaas Live“ mit der Sendung zur Revolution im Iran nicht gewonnen hatten.
Ein politisches Statement gab es auch von Philip Froissant, der als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde. Er sprach Aktivisten der Gruppe Letzte Generation seine Unterstützung dafür aus, dass sie alle Säulen des Brandenburger Tors mit oranger Farbe besprüht hatten. Im Rückblick werde man sich nicht darüber aufregen, sondern über das Versagen beim Klimaschutz.
Ehrenpreis für Komiker Michael Bully Herbig
Richtig Schwung wollte beim langwierigen Event nicht aufkommen. Dass dieses auch erst zeitversetzt im TV zu sehen war und die Spannung durch die Meldungen im Netz daher zerstört war, ärgerte auch viele.
Ralf Schmitz riss ein paar Witzchen, entlockte Ministerpräsident Hendrik Wüst immerhin, dass er mit Frau Katharina seinen Hochzeitstag beim Event feierte. Zahllose Videoeinspieler und die „Big Brother“-Stimme sollten die Show auflockern.
Regisseur und Schauspieler Bully Herbig (55) erhielt zum Finale den Ehrenpreis. „Wäre ich jetzt 65, würde ich sagen, ‚ist vielleicht ein bisschen früh‘. Wäre ich 75, würde ich vielleicht denken, ‚ja, wurde auch mal Zeit‘. Jetzt, mit 55 komm’ ich aus dem Staunen nicht mehr raus“, sagte er.