Schauspieler Dustin Semmelrogge spricht im großen EXPRESS-Talk über seine berühmte Familie, Erwartungsdruck, seine Leidenschaft fürs Theater – und das Blitz-Aus im Dschungelcamp vor 20 Jahren.
„Verkaufe meine Seele nicht“Dustin Semmelrogge über sein Blitz-Aus im Dschungelcamp
In einer Familie aufgewachsen, in der fast alle Schauspieler waren und sind. Selbst einer geworden – und sich trotzdem freigeschwommen: Dustin Semmelrogge (43), bejubelter Düsseldorfer in der warmherzigen Komödie „Weinprobe für Anfänger“ im Kölner Theater am Dom (läuft noch bis Ende Januar).
Doch nicht nur der Name ist es: Dustin hat die schnarrende Stimme des bekannten Vaters Martin geerbt, muss immer für (nervende) Vergleiche herhalten. Viele Gründe für ein großes Interview mit EXPRESS.
Dustin Semmelrogge: „Der Name ist mein Schicksal“
Lassen Sie uns mit der Frage anfangen, die Sie – wie wir wissen – am meisten nervt: Ihr Vater hat für einige Schlagzeilen gesorgt. War der Name Semmelrogge für Sie Türöffner oder Chancen-Vernichter?
Dustin Semmelrogge: Er war Fluch und Segen zugleich. Als ich anfing, gab es Produzenten und Theaterchefs, die sagten: Ach, das ist der Sohn von Martin Semmelrogge? Den muss ich mir mal anschauen. Mal sehen, was der kann. Es wurden aber auch die paar Fehler, die er gemacht hat, gern auf mich übertragen. Es gab Produzenten und Theaterchefs, die dachten: wie der Vater, so der Sohn. Wer weiß, was der alles anstellt, wenn wir den besetzen? So oder so: Der Name ist mein Schicksal, aber eines, das ich liebe und auf das ich sehr stolz bin.
Auffallend ist natürlich, dass Sie die gleiche, etwas schnarrende Stimme wie der Papa haben ...
Dustin Semmelrogge: Es gibt viele, die das sagen. Dabei gibt es da Unterschiede. Außerdem kann ich nichts dafür, ich habe mir die Stimme nicht anstudiert, ich bin damit auf die Welt gekommen.
Mal verflucht, dass es mit der Ähnlichkeit so ist?
Dustin Semmelrogge: Das hat mir manchmal sehr zugesetzt. Natürlich ist es nicht toll, wenn man ständig verglichen wird. Vor allem, wenn man jung ist und versucht, seinen eigenen Weg zu gehen. Da fragt man sich schon: Warum sagt keiner, dass ich der Dustin bin und nicht der Papa – also eine ganz eigene Person!
Vater Martin erfolgreicher Schauspieler, Opa Willy „Tatort“-Ermittler, der Onkel unter dem Namen Joachim Bernhard TV-Star – in Ihrer Familie dreht sich alles um die Schauspielerei. Hatten Sie eine Chance, was anderes zu werden?
Dustin Semmelrogge: Ich glaube, die Schauspielerei ist mir in die Wiege gelegt worden. Ich wusste schon als kleiner Junge, wohin es mal gehen soll. Wenn ich mit meinem Vater am Set war und mir langweilig wurde, sagten einige Regisseure: „Mach doch mit!“, und ich bekam eine Komparsenrolle. Meine erste richtige TV-Rolle hatte ich dann mit 13 bei „Hallo, Onkel Doc!“, danach ging es Schlag auf Schlag, bis hin zu „Ritas Welt“ und „Unter uns“.
Nicht immer machen die Kinder das gern, was die ganze Familie macht. Wollten Sie auch mal ausbrechen?
Dustin Semmelrogge: Natürlich hatte ich auch andere Traumberufe. Ich bin als Kind viel Kart gefahren, wäre gern Rennfahrer geworden. Oder Stuntman. Ich war Fan der Serie „Ein Colt für alle Fälle“, die voller Stunts und Autoverfolgungsjagden war. Ich habe auch eine Lehre als Tischler angefangen, weil ich gern mit Holz gearbeitet habe – dann siegte die Schauspielerei, in diesem Beruf kann man ja alles sein.
Sie sind Vater einer Tochter (15). Wird sie auch Schauspielerin?
Dustin Semmelrogge: Sie ist nicht sehr versessen drauf, dasselbe zu machen, wie der Papa. Ich rede ihr nicht rein, sage ihr aber, dass es der schönste Scheißberuf ist, den es gibt. Wenn sie es gern machen würde, würde ich sie voll unterstützen – aber ich würde sie auch warnen. In diesem Beruf muss man eine harte Schale haben, weil man nicht immer Lob bekommt. Man muss mit Niederschlägen zurechtkommen oder mit Zeiten, in denen es überhaupt nicht läuft. Dann darf man nicht in ein tiefes Loch fallen oder in Selbstzweifel geraten und das Leben nicht mehr lebenswert finden.
Sie werden zurzeit jeden Abend im Stück „Die Weinprobe“ gefeiert. Da spielen Sie Steve, eine leicht-lockere Type, einen, der das Leben so nimmt, wie es kommt. Ähnlichkeit mit Ihnen?
Dustin Semmelrogge: Das Schönste an meinem Beruf ist, dass man in jede Rolle was von sich persönlich reinpacken kann, deswegen gibt es natürlich Ähnlichkeiten. Ich versuche wie Steve, positiv durchs Leben zu gehen, dabei meine Mitmenschen mitzunehmen. Ich bin manchmal ein kleines Schlitzohr – aber mit großem Verantwortungsgefühl, schließlich habe ich als Vater eine Vorbildfunktion.
Wie empfinden Sie den Applaus?
Dustin Semmelrogge: Ich genieße ihn. Mir wird dann klar, dass ich in meinem Leben unheimlich viel Glück gehabt habe. Auch wenn es nicht Hollywood geworden ist – es hat geklappt, ich habe meine Leidenschaft zum Beruf machen können. Davon lebe ich, davon kann ich Miete zahlen. Dafür kann ich dem lieben Gott jeden Tag danken.
Wie halten Sie sich fit?
Dustin Semmelrogge: Ich habe gute Gene. Außerdem hält mich der Beruf fit, weil ich mich immer mit neuen Sachen auseinandersetzen muss. Ansonsten treibe ich viel Sport, das habe ich mein ganzes Leben gern gemacht. Ich bin als Jugendlicher sogar mal zum Probetraining bei Fortuna Düsseldorf eingeladen worden, die Größeres mit mir vorhatten. Aber das wollte ich nicht, Fußball sollte Hobby bleiben, ich wollte lieber mit meinen Kumpels spielen.
Dustin Semmelrogge: Meine Droge? Motorradfahren!
Spielten Alkohol, Nikotin oder Drogen mal eine Rolle in Ihrem Leben?
Dustin Semmelrogge: Sorry, aber da bin ich ziemlich langweilig. Klar habe ich auch schon was ausprobiert, aber ich lebe sehr vernünftig, sehr bewusst. Meine Droge ist das Motorradfahren. Und seit meinem Engagement in Bad Segeberg reite ich sehr gern. Es ist eine superschöne Leidenschaft geworden. Außerdem muss ich jeden Abend Theater spielen. Wenn ich das nicht ernst nehmen würde, wäre es schnell vorbei.
Wie ist Ihr Traum vom Alter?
Dustin Semmelrogge: Ich möchte nicht für ewig in einer Stadt leben, ich überlege schon, ob ich nicht rausziehe. Wenn ich mit meinem Motorrad durch die Eifel fahre, gibt mir das mehr, als wenn ich den ganzen Tag in der Stadt im Café sitze. Ich hoffe, dass ich eine nette Frau an meiner Seite habe und vielleicht auch ein paar Enkelkinder. Und dann sitze ich da, blicke auf mein Leben zurück und denke an schöne Sachen, die ich erlebt habe, und genieße den ruhigen Alltag.
Zweites Nerv-Thema ist für Sie: Ihr etwas seltsamer Auftritt bei der ersten RTL-Dschungel-Show vor 20 Jahren. Sie waren drei Tage dabei, dann stiegen Sie aus. Warum?
Dustin Semmelrogge: Es war das erste Dschungelcamp überhaupt, ich wusste nicht, was mich erwartet. Es klang nach großem Abenteuer im Dschungel von Australien, für einen guten Zweck. Dass es so was wie „Big Brother“ wurde, ahnte ich nicht. Ich habe gesagt, dass das nichts für mich ist: Ich verkaufe meine Seele nicht.
Sie waren der erste Ermordete in der neuen Serie „WaPo Duisburg“. Wie war's als Premieren-Leiche?
Dustin Semmelrogge: Das war eine besondere Erfahrung! Es war auch die erste Leiche, die ich in meiner Karriere gespielt habe – wenn der Ausdruck „gespielt“ dafür überhaupt richtig ist. Erst wurde ich hinterrücks erschlagen, dann in einen Sack gepackt, Reißverschluss zu – da wurde mir schon komisch. Ich lag fast einen ganzen Drehtag nur rum, durfte kaum atmen, mich nicht bewegen. Glauben Sie: Leiche sein ist keine leichte Sache!
Dustin Semmelrogge drehte oft mit Vater Martin Semmelrogge
Dustin Semmelrogge (geboren am 23. Juni 1980 in Düsseldorf) ist der Sohn von Martin Semmelrogge (68) und Enkel von Willy Semmelrogge (1923 -1984). Spielte schon als Achtjähriger im Schultheater, hatte als Kind kleinere Rollen im Fernsehen und in Werbespots. Nach Abschluss der Schulzeit auf der Montessori-Schule in Düsseldorf besuchte er die Schauspielschule Düsseldorf. Viele Filme und Serien gemeinsam mit seinem Vater (u. a. Kino-Komödie „Bang Boom Bang“).
2001 – 2003: TV-Serie „Ritas Welt“, 2001 – 2002: „Unter uns“. 2004: Bühnen-Debüt mit „Kleine Süchte“ (von Reiné Heinersdorff, mit Vater Martin Semmelrogge) im Theater an der Kö in Düsseldorf, im Theater am Dom in Köln und im Contra-Kreis in Bonn. Er ist ledig, Vater einer 15-jährigen Tochter und lebt in Düsseldorf.