Auf Kreta zittern die Körper und die Stimmbänder. Die letzten 14 DSDS-Kandiaten haben das Live-Finale kurz vor Augen. Aber Dieter Bohlen, der Popper aus Titan, kann auch in Drucksituationen mit Lebenserfahrung glänzen. Trotzdem: Fünf Talente beiben auf der Strecke.
Hitze, Stress, DruckDSDS-Kandidat bricht auf Kreta zusammen - und scheidet sofort aus
Natürlich fühlen die Juroren von „Deutschland sucht den Superstar“ (RTL) mit ihren talentierten Schäfchen. Dieter Bohlen hat schließlich schon 20 Mal zugeschaut, wie vor seinem Jury-Pult die Nerven wie Stimmbänder schier rissen. Beatrice Egli (2013) und Pietro Lombardi (2011) standen ihm selbst mal gegenüber und bibberten, was das Zeug hielt. Und Loredana ist mit Karim Adeyemi zusammen, dem Dortmund-Kicker, und kann bei ihm nachfragen, wie das ist, wenn man unter Erwartungsdruck leidet.
Also waren krächzende Hälse, schwankende Kreisläufe und triefende Nasen völlig normal, als sich die letzten 14 Solisten zu sieben Pärchen zusammentaten, um in Duetten große Gefühle und gewaltige Stimmen zu präsentieren und möglichst magische Momente zu schaffen. Es kamen anderthalb zustande. Dafür aber mindestens zwei tragische Momente. Vor der zweiten Kreta-Audition war der Plan, acht Kandidaten ins Recall-Finale zu nehmen. Nach den Auftritten schien es nach den Jury-Meinungen zu urteilen eher schwierig, überhaupt sechs Geeignete zu finden. Und das lag nicht nur an den körperlichen Befindlichkeiten.
Dieter Bohlen: „Das ist ein knallhartes Geschäft“
Dieter Bohlen mag eh nicht, wenn man Theater ums angeknackste Befinden macht. „Das ist ein knallhartes Geschäft“, ließ er die Kandidaten wissen. Er selbst habe das auch schon erlebt, und es ist noch gar nicht lange her. „Ich hatte ja meinen 70. Geburtstag“, meinte er und ließ geschickt die Kunstpause verstreichen, um Jurykollegen und Kandidaten die Chance zu geben, ein verspätetes „Happy Birthday“ oder wenigstens ein „Neeeein, echt?“ zu raunen - was beides nicht geschah.
„Und da hatte ich ja ein Konzert, ne. Und ich hatte da nur den Wunsch, topfit zu sein.“ Wurde nix draus. „Ich hatte dann morgens 40 Grad Fieber, Mensch. Bis fünf Minuten vorm Auftritt hab ich da nix rausbekommen“, sagte er und griff sich an den Hals. Da habe er auch durchbeißen müssen. „Aber mit Adrenalin und was weiß ich, ging das dann doch.“ Muss ja, wenn man was reißen will. Egal ob DSDS-Recall oder Geburtstagsgäste happy machen.
DSDS-Kandidat klappt zusammen und muss ins Krankenhaus
Auf Kreta herrschte zunächst mal göttlicher Jubel. Denn zur Toga-Party reiste Schlagerstar Vincent Gross als Überraschungsgast an und ließ mit Polonaise und Sirtaki zu seinem Internet-Hit „Ich trink Ouzo, was trinkst du so?“ Stimmung und Gläser heben. Vielleicht wurde da auch das eine oder andere Stimmband überölt, aber lustig sah es aus.
Am nächsten Tag hatte der Spaß dann schnell ein Loch. Den Kandidaten ging die Düse, angeschlagen oder nicht. „Ich muss üben bis zum Brechen“, meinte Finn. Aber es war Abu, der ihn beim Wort nahm. Der Gute-Laune-Bär der Villa verlor zusehends Kraft, fröstelte, erbrach sich. Musste erst zum Sani, dann zum Arzt und letztlich ins Krankenhaus.
Fieber, Blutdruck hoch, Kreislauf runter. Es wurde striktes Auftrittsverbot erwirkt und Abu gerade so weit hochgepäppelt, dass er in den Flieger nach Hause steigen konnte. Und musste. Wer nicht auftreten kann, muss aussteigen. Frag nach bei Tamara, die erlebte das 2020 auch, als sie kurz vor den Live-Shows erkrankte.
Oldie-Rocker Nissim steht kurz vor dem DSDS-Finale
Von Abus Aus war seine Duett-Partnerin Donika betroffen, aber die entschloss sich, zu kämpfen und trat zum wohl ersten Solo-Duett der DSDS-Geschichte an. Mit ihrem Kampfgeist machte sie mehr Eindruck als mit ihrer Stimme bei „Mama hat gesagt“ (Sido), aber die Jury sieht sie als „frech, authentisch und am coolsten von allen“. Ach ja, und irgendwo schlummert vielleicht auch noch gesangliches Potenzial. Also ab in die nächste Runde, die letzte auf Kreta.
Die erreichten auch, und das war kein Wunder, Christian und Tamara, die sich bei „A Moment Like This“ (Leona Lewis) gegenseitig so in vokale Höhen schraubten, dass Pietro Lombardi am Pult von Gänsehautschüben geschüttelt wurde. Das „Naturtalent Christian“ und die „Stimmgewalt Tamara“ stehen, so Bohlen, mit einem Fuß im Live-Finale.
Auch Oldie Nissim und Youngster Tom schafften es nach „If You Don't Know Me By Now“ (Simply Red) als komplettes Duo in die nächste Runde. „Die ersten vier Töne von Tom - die hätte niemand besser gesungen“, war Bohlen begeistert. Nissim, der 61-Jährige, sei zwar nicht perfekt, „aber perfekt fürs Finale“, fand Loredana.
Bitter: Giusy scheidet in Griechenland aus - wie bereits 2021
Dass auch Leonardo und Melvin gemeinsam weiterkamen, war nicht so klar. Melvin überzeugte bei „Selfish“ (Justin Timberlake), Leonardo aber hatte hörbar mit der ihm unbekannten Nummer zu kämpfen. Und er sang bereits auf Bewährung. Ein Desaster wurde es nicht. Trotzdem hat er jetzt gefühlt fast so viele „letzte Chancen“ wie Dieter Bohlen Nummer-eins-Hits.
Ansonsten gab es viel Scheitern. Finn, der Hüne, und die schon einmal im Auslands-Recall gescheiterte Guisy mussten ihre Träume begraben. Die waren bei Finn, der sich nur aus einer Bierlaune heraus bei DSDS beworben hatte, nicht ganz so konkret wie bei Giusy. Entsprechend trauerte sie auch mehr. „Ich hab doch nicht mal nen Texthänger gehabt. Was hätt' ich noch machen sollen?“
„Totalausfall!“ Jury ist entsetzt über Geheimfavoriten
Bei Shirley, dem mit 64 Jahren golden Oldie auf Kreta, war die Antwort leicht: Hätte sie sich mal nicht ausgerechnet Schlager gewünscht, sie, die mit ihrer Soulröhre bisher alle Tests mit Bravour bestanden hatte. Aber sie wollte unbedingt mal deutschen Schlager versuchen - und erlebte an der Seite von Anne mit „Phänomen“ (Helene Fischer) eine Bruchlandung. „Das war nix“ - und raus war sie, die sensationelle Shirley. Anne dagegen, die geborene Schlager-Sängerin, bekam - grade noch - die Kurve.
Die bekam Mali nicht. Eigentlich schien für sie und Philip, dem bisherigen heimlichen Jury-Favoriten, der Weg zum magischen Moment mit „Say Something“ (A Great Big World) geebnet. Es wurde aber ein tragischer Moment. „Totalausfall!“ (Pietro Lombardi), „Ihr habt gezeigt, was ihr nicht draufhabt!“ (Bohlen) und „Ihr habt meine musikalische Fantasie zerschmettert“ (Beatrice Egli) lauteten die vernichtenden Urteile. Das Philip da noch unbeschadet rauskam, lag am überragenden Gesamteindruck, der er bislang auf dem Weg gezeigt hatte. Für Mari reichte es nicht. (tsch)