In ARD-DokuPsychiaterin gibt Einblicke in Trumps Seelenleben - und eine düstere Prognose ab

Pünktlich zur Amtseinführung von Donald Trump sendet das Erste eine Dokumentation über den US-Präsidenten. Neben besorgniserregenden Einschätzungen einer Psychiaterin ermöglicht Ex-Sicherheitschef John Bolton einen desmaskierenden Blick durchs Schlüsselloch des Oval Office.

„Ich liebe es, wenn die Menge jubelt, dass es in meinen Ohren trubelt“: In Sachen Poesie ließ der siebenjährige Donald Trump noch Luft nach oben. Die Botschaft würde aber wohl auch das 78-jährige Ich des bald wieder amtierenden US-Präsidenten unterschreiben - nach „einem Wahlsieg, wie ihn unser Land noch nicht gesehen hat“, wie Trump selbst zu prahlen pflegt.

Angesichts seiner Rückkehr ins Weiße Haus zeigt das Erste zu Trumps Amtseinführung die Dokumentation „Donald Trump: Schicksalsjahre eines Präsidenten“ (20. Januar, 20.15 Uhr, und schon jetzt in der ARD-Mediathek).

Donald Trump wurde von seinen emotional kühlen Eltern „regelrecht abgeschoben“

Die Filmemacherinnen Claire Walding und Inga Turczyn setzen in der Kindheit des Republikaners an. Psychiaterin Brandy Lee konstatiert das „Verlangen nach Bewunderung“ des jungen Donalds, der allerdings von seinen emotional kühlen Eltern „regelrecht abgeschoben“ worden sei in ein Militärinternat.

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Nach einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaft folgte der Einstieg ins Immobiliengeschäft von Vater Fred. Schnell überflügelte Trump Jr. seinen Vater - und verschrieb sich immer waghalsigeren Projekten. Diese verfolgte er unter den Maximen seines Mentors, des Anwalts Roy Cohn. „Attacke; Attacke. Immer alles abstreiten. Auf jeden Fall nie eine Niederlage eingestehen“, zählt Gudrun Engel, ARD-Korrespondentin, dessen Maximen auf.

Wie der Vater so der Sohn: Im Immobiliengeschäft eiferte Donald Trump (rechts) seinem Vater Fred nach. (Bild: SWR/imago)

Wie der Vater so der Sohn: Im Immobiliengeschäft eiferte Donald Trump (rechts) seinem Vater Fred nach. (Bild: SWR/imago)

Psychiaterin stellt Trump-Diagnose: „Er duldet keine Schwäche bei anderen“

Doch mit der AIDS-Diagnose Cohns beendete Trump die Männerfreundschaft ebenso plötzlich wie drastisch. „Er wurde zu einer verachtenswerten Figur. Trump duldet keine Schwäche bei anderen, vor allem nicht bei jemandem, den er bewundert“, charakterisiert Psychiaterin Lee den US-Präsidenten in der ARD-Doku. Geradezu „primitiv“ sei Trumps Herangehensweise an persönliche Beziehungen nach dem Motto: „Erst idealisieren, dann abwerten.“

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Schon seit jeher umgab sich Donald Trump gerne mit seiner Familie. Später bahnte er seinen Kindern sogar den Weg in politische Ämter. (Bild: SWR/imago)

Schon seit jeher umgab sich Donald Trump gerne mit seiner Familie. Später bahnte er seinen Kindern sogar den Weg in politische Ämter. (Bild: SWR/imago)

In der Folge streift der sehenswerte Film Trumps Jahre als Immobilienmagnat mit neuen Betätigungsfeldern - von Casino bis Reality-TV (Gudrun Engel: „Jeden Sonntag hat man ihm dabei zugeguckt, wie er angeblich sehr erfolgreich Sachen vorhersieht“). Jörg Wimalasena, „Welt“-Korrespondent, erkennt in Trumps Genese zum Reality-TV-Star Wesenszüge wieder, die auch dem Präsidenten Trump immanent sind: „Sobald er eine Kamera sieht, schaltet er sofort in den Entertainermodus.“

Ex-Sicherheitsberater John Bolton packt über Trumps Verhalten im Oval Office aus

Das letzte Drittel des 60-Minüters widmet sich dann Donald Trumps politischen Ambitionen, die Anfang der 2000er-Jahre noch niemand ernst nahm. Doch mit polarisierenden Thesen, Ausländerhass und Verschwörungstheorien bahnte sich der Republikaner den Weg in die Köpfe der US-Amerikanerinnen und -Amerikaner. „Er verschiebt die Grenze des Sagbaren Stück für Stück“, klagt Gudrun Engel in der Dokumentation. Damit habe er „einen Nerv getroffen“, analysiert Trumps einstiger Sicherheitsberater John Bolton.

Das Verhältnis zwischen Donald Trump und Angela Merkel war stets kühl. (Bild: SWR/imago)

Das Verhältnis zwischen Donald Trump und Angela Merkel war stets kühl. (Bild: SWR/imago)

Im Wahlkampf 2016 habe er auch von seiner Konkurrentin Hillary Clinton profitiert, gibt Sigmar Gabriel zu Protokoll: „Als ich gesehen habe, wie Clinton ihren Wahlkampf führt, habe ich gedacht: 'Das kann schiefgehen.'“ Das tat es bekanntermaßen und der 78-Jährige kam trotz „Narzissmus, Soziopathie und paranoiden Zügen“ (Brandy Lee) ins Amt. Selbst als Bolton ihn im Oval Office über „besorgniserregende Dinge“ unterrichtet habe, sei Trumps einzige Ansage gewesen: „Spiel das runter!“

Überhaupt kanzelt sein einstiger Mitarbeiter Trump im ARD-Film ziemlich ab: „Trump will gerne mit großen Jungs abhängen, die nicht durch eine unabhängige Justiz eingeschränkt sind. Die scheinen viel mehr Spaß zu haben als er, deshalb eifert er ihnen nach.“ Der einstige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel bestätigt Trumps US-zentristisches Weltbild: „Die Großen der Welt“, gemein sind China, Russland und vor allem die USA - würden „die Dinge bei sich ausmachen und der Rest muss folgen“.

Wie geht es mit Zweckbeziehung zwischen Donald Trump und Elon Musk weiter

Dass er nun wieder das politisch wohl mächtigste Amt weltweit bekleidet - trotz Sturm auf das Kapitol, trotz zahlreicher Klagen vor Gericht -, versetzt John Bolton in Sorge: „Ich bin besorgt, dass Trump einige Wahlkampfversprechen in die Tat umsetzen wird“ - und das, obwohl Trump „keine Philosophie“ habe.

Autorin Annika Brockschmidt ist derweil pragmatischer und blickt nüchtern-interessiert auf die (Zweck-)Beziehung zwischen Donald Trump und Elon Musk: „Wir haben während der ersten Amtszeit gesehen, wie empfindlich Trump reagiert, wenn ihm potenziell jemand die Show stiehlt.“ Am Ende der Doku sagt Psychiaterin Brenda Lee voraus: „Trump wird sich mit einer gewöhnlichen Präsidentschaft nicht zufriedengeben.“ Man darf gespannt sein. (tsch)