Deutschland macht gegen die Niederlande den Einzug ins Nations-League-Viertelfinale klar, Thomas Müller macht wieder witzige Sprüche und Per Mertesacker macht keinen Purzelbaum. Das war der TV-Abend der Partie der DFB-Elf gegen die Niederlande im ZDF.
„Jammer nicht rum“Christoph Kramer wird sentimental – und wird von Müller unterbrochen
Fußball-Romantik verströmte dieses Spiel der DFB-Elf gegen die Niederlande nicht. Jedenfalls nicht, wenn man Fußball-Romantik mit rieselndem Putz im Spielertunnel assoziiert.
So wie Florian König und Lothar Matthäus am vergangenen Freitag, als sie mit leuchtenden Augen auf jede schadhafte Stelle im Bilino-Polje-Stadion in Zenica zeigten, als wären sie zwei Handwerker, die hier einen richtig lukrativen Auftrag witterten. Ziemlich überheblich wirkte das, als hätte man solche Makel in Deutschland noch nie gesehen.
Kramer wird emotional: „Du hast Spuren hinterlassen!“
Solche Arroganz-Ausfälle bleiben dem TV-Publikum diesmal erspart, schließlich steigt das Nations-League-Duell mit der „Elftal“ in der Münchner Allianz Arena, da bröckelt nichts - also, außer Trainerkarrieren, vielleicht.
Gefühlvoll wird es aber trotzdem. Weil vor Anpfiff nämlich vier Nationalspieler-Legenden verabschiedet werden: Ilkay Gündogan, Toni Kroos (in Abwesenheit), Manuel Neuer und Thomas Müller. Und Letztgenannter setzt dann auch gleich mal den Ton für den weiteren Abend. Die 14 Jahre als Nationalspieler seien wahnsinnig schnell vergangen, erklärt Thomas Müller im Interview mit Jochen Breyer. Und stichelt Richtung des Expertenduos Christoph Kramer und Per Mertesacker: „Kannst die beiden fragen, bei denen ist die Zeit noch ein bisschen schneller vergangen. Die stehen ja schon seit fünf Jahren hier!“
„Radio Müller“ neigt offensichtlich nicht zu Sentimentalitäten. Christoph Kramer dagegen schon. Dass er „nicht so gut in Abschieden“ ist, hatte er ja bereits mit seinem tränenreichen TikTok-Video zum Vertragsende bei Gladbach bewiesen. Jetzt will er auch Müller nicht ziehen lassen, ohne emotional zu werden: „Du hast schon Spuren hinterlassen in diesem Land“, ehrt er den Ex-Kollegen. „Ich find's immer schade und auch ein bisschen traurig, wenn die ganz Großen ...“ „Jetzt jammer nicht rum!“, fällt ihm Müller ins Wort. „Die die nachkommen, müssen halt schieben!“
Der Gegner: Niederländisches „Gestochere“
Offenbar schieben diese Nachkommen kräftig, die Verabschiedung der „Legenden“ geht kurz und schmerzlos über die Bühne. Dem ZDF fällt dann ein, dass es noch fix die Sponsoren-Werbung senden muss, und unterbricht damit die Trauerrede des Stadionsprechers für Dieter Burdenski und Johann Neeskens. Seit den Olympischen Spielen weiß man ja, dass man in Mainz nicht unbedingt das beste Timing hat ...
Knapp 100 Sekunden nach Anpfiff dann der erste Aufreger: Jamie Leweling, für Deniz Undav in die Startelf gerückt, trifft bei seinem Debüt zum 1:0 für Deutschland. Oder auch nicht (jedenfalls noch nicht): Nach einer Beratung des Schiris mit dem VAR, während der man den Müll runterbringen, die Bügelwäsche erledigen, aufs Klo gehen und ein Bier holen konnte, wird der Treffer wegen Abseits wieder aberkannt. Warum genau, kapiert aber nur Per Mertesacker: „Durch dieses Gestochere der Niederländer haben sie sehr, sehr viel Glück gehabt.“
„Gestochere“: Dieser Begriff beschreibt die „Oranje“-Spielweise sehr gut. Bondscoach Ronald Koeman nennt das natürlich anders, weiß Kommentator Oliver Schmidt, nämlich „aus der Ballkontrolle heraus die Tiefe attackieren“. Vielleicht klingt das auf Niederländisch überzeugender? Chris Kramer jedenfalls übersetzt das so: „Was Holland hier heute gespielt hat, war erschreckend. Das hat sich ganz komisch angefühlt.“
Mertesacker will nicht turnen
Das Spiel plätschert dahin und irgendwie gewinnt am Ende doch Deutschland: 1:0. Weil Jamie Leweling ein zweites Mal trifft - diesmal zweifelsfrei regelkonform - und die DFB-Elf Selbstvertrauen und Euphorie zurückgewinnen konnte, analysiert Kramer. Jochen Breyer freut sich: „Der zweite, dritte Anzug steht mindestens so gut wie der Kamelhaarmantel von Per Mertesacker.“
Ein paar unverdrossene Fans singen derweil „Christoph hat die Haare schön“ und fordern einen Purzelbaum von Mertesacker. Der weigert sich, weil schon im Schulsport das Bodenturnen seine schwächste Disziplin war. „Wir müssen ihn nicht live im Fernsehen übertragen“, ermutigt Jochen Breyer ihn. Und Kramer ergänzt: „Du machst das gleich. Ich werd' das dokumentieren.“ Prima, wir freuen uns auf das nächste TikTok-Video. Diesmal mit Lachtränen ... (tsch)