„Es ist jedes Mal sehr bewegend“Michael Patrick Kelly berichtet von Erfahrung mit Massenmördern

Die Geschichten, die Michael Patrick Kelly (rechts) zu erzählen hatte, faszinierten nicht nur „Sing meinen Song“-Gastgeber Johannes Oerding. (Bild: RTL / Markus Hertrich)

Die Geschichten, die Michael Patrick Kelly (rechts) zu erzählen hatte, faszinierten nicht nur „Sing meinen Song“-Gastgeber Johannes Oerding.

Von weinenden Serienmördern bis zu blinden Marathon-Olympiasiegern: Mit den wahren Geschichten hinter seinen Songs verblüffte Michael Patrick Kelly die „Sing meinen Song“-Runde. Da gerieten die Coverversionen fast in den Hintergrund. Zumindest, bis Johannes Oerding die Bühne betrat.

Er sei der „Mann der eine Millionen Geschichten“, pries Rapper Finch seinen „Sing meinen Song“-Kollegen Michael Patrick Kelly vor dessen Sendung. Und tatsächlich bekam man im Laufe der Episode einen ganz guten Eindruck von den Schicksalen, die Kelly zu seinem 2021 veröffentlichten Album „B.O.A.T.S.“ - ausgeschrieben: „Based On A True Story“ - musikalisch verarbeitet hatte. Unter anderem habe ihn ein YouTube-Video eines Footballcoaches an einer US-Highschool inspiriert, berichtete er. Dieser habe einen Amoklauf verhindert, indem er den Täter „mit einer Umarmung entwaffnete“.

Der Song verfolge sie „seit Wochen und Monaten“, erklärte Madeline Juno, weshalb sie sich für „Wonders“ entschieden habe. „Glaubst du an Wunder und kleines bisschen Glück?“, dichtete sie dem englischsprachigen Song eine deutsche Strophe hinzu. Damit bescherte sie Mia-Frontfrau Mieze Katz feuchte Augen - nicht das letzte Mal an diesem Abend. „Ich fand das unfassbar, wie du ihn total zu deinem Song gemacht hast“, freute sich Michael Patrick Kelly über den gelungenen Auftakt.

Den Auftritt von Mieze Katz muss Michael Patrick Kelly „erstmal verarbeiten“

Nicht schlecht staunte die „Sing meinen Song“-Runde auch über die Hintergrundgeschichte zum Titel „Running Blind“. Ein Läufer aus Kenia sei mit 20 Jahren über Nacht erblindet, setzte Kelly an.

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Nach Selbstmordgedanken habe er sich aus seinem Tief gearbeitet - und holte später bei den Paralympics Gold. „Man glaubt, die Headlines zu kennen, aber dann steckt da so etwas Krasses dahinter“, seufzte Mieze Katz, die den Song anschließend interpretierte.

Mehr als nur einmal flossen in der Ausgabe von „Sing meinen Song“ Tränen. (Bild: RTL / Markus Hertrich)

Mehr als nur einmal flossen in der Ausgabe von „Sing meinen Song“ Tränen.

Zunächst übte sie sich noch in Understatement („Ich bitte um ein mildes Ohr“), verblüffte die Runde dann aber mit einer kraftvoll-nuancierten Version samt deutscher Strophe vollends. Weil auch die Darbietung bis ins kleinste Detail (Augenbinde inklusive) choreografiert war, schnaufte Michael Patrick Kelly angesichts des „Gesamtwerks“ nach dem letzten Ton erst einmal tief durch: „Ich muss das erst mal alles verarbeiten.“ Ähnlich ging es Bosse, der Mieze Katz bewundernd Tribut zollte: „Du kannst machen was du willst, ich gucke immer, als wäre es ein Weltwunder.“

Auch die anderen Künstlerinnen und Künstler drückten Kellys Werken ihren eigenen Stempel auf. Bosse widmete den eingedeutschten Song „Roundabouts“ einer Demo-Bekanntschaft (“Guck Fernsehen, ich sing einen Song für dich“). Rapper Finch outete sich als Kelly-Family-Fan - samt passender T-Shirts - und rappte den Song „Throwback“ auf einen pumpenden Diskobeat. Dazu bot Boki von ClockClock die Klavierballade „Blurry Eyes“ (Kelly: „Ich krieg Kreislauf“) dar. Und doch gerieten die zweifelsfrei einzigartigen Interpretationen ob Kellys besonderer Geschichten fast ein wenig in den Hintergrund.

„Ein bisschen wie Therapie“: Johannes Oerding rührt Michael Patrick Kelly zu Tränen

Kelly, der schon mit zehn Tagen erstmals auf der Bühne mit dabei war, sang während seiner jahrzehntelangen Karriere sogar schon im Todestrakt eines US-Gefängnisses. „Es ist jedes Mal sehr bewegend zu sehen, wie ein Massenmörder anfängt zu weinen“, erinnerte sich der Sänger an Tränen bei Schwerverbrechern hinter Gittern. Bisweilen seien diese sogar in Käfigen weggesperrt gewesen. „Nichtsdestotrotz ist ein Mensch in diesen Leuten drin, diese Menschlichkeit möchte ich mit Musik erwecken“, erklärte Kelly.

So war es letzten Endes wie so oft an Johannes Oerding, für den emotionalen Höhepunkt der Sendung zu sorgen. Michael Patrick Kellys Titel „Mother's Day“ ist dessen Mutter gewidmet, die starb, als er fünf Jahre alt war. Am Muttertag habe er damals als kleiner Junge Blumen ans Grab legen wollen - und sich am Friedhof bei den schönsten Blumen der umliegenden Gräber bedient. Vor einigen Jahren habe er sich dann mit einem Pick-up voller Blumensträuße bei den Hinterbliebenen revanchiert, erzählte Kelly.

Bosse suchte sich den Song „Roundabouts“ aus. (Bild: RTL / Markus Hertrich)

Bosse suchte sich den Song „Roundabouts“ aus.

Angesichts der Schilderungen bibberte Oerding vor seinem Auftritt und „einer der schwierigsten Aufgaben, die ich mir selbst gestellt habe“. Doch die Sorge war unbegründet: Er besang den „Mother's Day“ auf Deutsch und aus der Sicht des kleinen Michael Patrick. Die sehr gefühlvoll vorgetragene Ballade ließen nicht nur bei Madeline Juno und Mieze Katz die Tränen strömen, auch Finch kämpfte mit seinen Emotionen.

Und Michael Patrick Kelly? Der verlieh Oerding am Ende der Sendung nicht nur die Protea für den bewegendsten Auftritt des Abends, sondern meinte auch: „Das war für mich ein bisschen wie Therapie, hat wirklich gutgetan.“ (tsch)