Die EU beschließt die Wiederaufrüstung Europas, NATO-Verbündete formieren eine „Koalition der Willigen“. Nur „konkrete Hilfe ist nicht da“, wurde bei „Maybrit Illner“ (ZDF) deutlich. Auch das rot-schwarze Sondervermögen könnte scheitern, wie Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann klarstellte.
„Maybrit Illner“Grünen-Fraktionschefin entsetzt über Verhalten von Söder – „Pöbelt rum”
„Heute ist definitiv ein guter Tag“, fasste CSU-Parteivize Manfred Weber den von ihm mitorganisierten und soeben zu Ende gegangenen Sondergipfel über die Fortsetzung der Ukraine-Hilfe und die europäische Verteidigung zusammen. Schon zuvor hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Plan zur Stärkung der europäischen Verteidigungsausgaben von bis zu 800 Milliarden Euro vorgeschlagen.
Beim Treffen selbst hatten die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union diesen Weg für eine Wiederaufrüstung Europas frei gemacht und sich bereit erklärt, ihre Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen.
Ex-Außenminister der Ukraine: Europa ist Selenskyjs letzte Hoffnung
Eine Soforthilfe für die Ukraine von vier Milliarden hatte Ungarn allerdings blockiert. In ihrer Sendung am Donnerstagabend resümierte Maybrit Illner: „Konkrete Hilfe ist nicht da.“
Dazu „müssen wir uns nicht zu stark graue Haare wachsen lassen“, sprach der aus Brüssel zugeschaltete CSU-Politiker Weber dennoch von einem „Durchbruch“ und einem „positiven Signal: Die EU übernimmt Verantwortung.“

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„Jede Stunde zählt“, mahnte der ehemalige Außenminister der Ukraine, Dmytro Kuleba.
„Europa hat es drei Jahre gekostet, bis die heutige historische Entscheidung getroffen wurde“, relativierte der frühere ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, der ebenfalls aus seiner Heimat zugeschaltet war.
Nachdem der US-Präsident Donald Trump kürzlich alle US-Militärhilfe und die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine ausgesetzt hatte, müssten „diese Entscheidungen jetzt implementiert werden“, drängte er, „nicht in ein bis zwei Monaten“. Die EU dürfe nicht „in Bürokratie untergehen und in Unentschlossenheit versinken“.
Zwar würden die Stopps die Lage an der Front nicht unmittelbar verschlechtern. Man müsse jetzt aber die Zeit nutzen, um mehr Waffen an die Ukraine zu liefern und damit sicherzustellen, dass die Armee die Frontlinie auch ohne die US-Hilfen halten kann. Da die USA „Russland in die Hände spielt“, sei Europa Selenskyjs letzte Hoffnung: „Jede Stunde zählt“, mahnte Kuleba.
Sicherheitsexperte: Dürfen nicht ausschließen, „dass das Worst-Case-Szenario eintritt“
Das dachten sich wohl auch einige NATO-Verbündete wie Großbritannien, Kanada und Australien, die jetzt – nach eilig einberufenen Gesprächen – eine „Koalition der Willigen“ bilden, um die Geschwindigkeit der Entwicklungen voranzutreiben. „An einem Tag ist so viel passiert wie in vier Monaten nicht“, brachte die Moderatorin die zweite bedeutende Entscheidung dieses Donnerstags ins Gespräch.
„Es ist der einzige, genau der richtige Weg“, waren sich Friedens- und Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff und ihr Kollege Frank Sauer, Experte für Sicherheitspolitik an der Universität der Bundeswehr in München, einig.

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„Heute ist definitiv ein guter Tag“, befand Europa-Politiker Manfred Weber.
Auf die USA als Bündnispartner solle man nicht mehr setzen, brachte Deitelhoff, was „den meisten längst bewusst“ sei. „Sie sind definitiv dabei, die Seite zu wechseln“, nahm sie sogar eine „feindliche Haltung“ wahr.
Trump sei ausschließlich am Mineraliendeal interessiert und wolle sonst die Ukraine aus dem Weg haben. Allerdings könnte man die Lücken, die der Stopp der Militärhilfen verursacht habe, nicht „von heute auf morgen füllen“: Deshalb versuche man, „die USA so lange zu halten“, bis man dazu in der Lage sei.
Es wäre „unklug, noch mehr transatlantisches Porzellan zu zerschlagen“, gab ihr Sauer recht, denn „wir sind noch nicht ganz tief im Loch drin. Ich sehe Luft nach unten“. Auf lange Sicht müsse man sich von den USA emanzipieren, zitierte er Unions-Chef Friedrich Merz. In der Zwischenzeit müsse es egal sein, was Trump denkt. Vielmehr solle sich Europa „auf uns fokussieren und das tun, was wir tun müssen“.

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Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff nahm eine „feindliche Haltung“ seitens der USA wahr.
„Einen Fehler dürfen wir nicht machen“, warnte Sauer, „nicht im Vorfeld auszuschließen, dass das Worst-Case-Szenario eintritt. Dann passiert immer wieder genau das. (...) Das könnte uns den Kopf kosten.“
„Auf Amerika first gibt es nur eine Antwort: Europa united“
„Auf Amerika first gibt es nur eine Antwort: Europa united“, lautete für Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann das Motto für „alle Bereiche – Zölle, Verteidigung, Sicherheit, Souveränität der Ukraine“ sowie die Sicherheit und Verteidigung Europas. Man müsste jetzt in aller Rasanz Europa stärker zusammenbinden.
Auf Eile pochte Haßelmann auch in Deutschland: „Die drei Milliarden Euro müssen morgen freigegeben werden“, meinte sie im Hinblick auf die Ankündigung von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), ein weiteres milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine zur Verfügung zu stellen. Dieses wichtige Signal läge längst in der Schublade. Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz weigere sich jedoch, es an den Bundestag zur Entscheidung weiterzuleiten.

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„Ich sehe Luft nach unten“, gab sich Sicherheitsexperte Frank Sauer pessimistisch.
Für den gemeinsamen Plan von Union und SPD über ein unbegrenztes Sondervermögen für Abschreckung und Verteidigung hatte Haßelmann weniger Verständnis: Es sei „Wählertäuschung“, wetterte sie. Monatelang hätte Friedrich Merz gesagt, dass es bei einer Regierungsverantwortung der Union auf keinen Fall zu einer Lockerung der Schuldenbremse kommen werde und es kein weiteres Sondervermögen brauche.
„Jetzt tun sie so, als könne man das en-passant machen und als wäre durch die Situation im Oval Office ein Handlungsdruck entstanden“, wollte sie das nicht stehen lassen, „das Wissen, dass wir investieren müssen, gibt es schon lange“.
Britta Haßelmann: „Es ist nicht klar, wie wir Grünen abstimmen werden“
Noch deutlichere Worte hatte sie für den bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) parat, der in seiner Aschermittwochsrede gegen die Grünen geschimpft hatte: „Söder kann man nicht so stehen lassen, (...) der muss Ihnen peinlich sein“, richtete sie ihr Wort an dessen Parteikollegen Weber. „Es pöbelt jemand rum, diffamiert Leute und im nächsten Moment möchte man die aber gerne zur Unterstützung haben.“
Eine solche „mackerhafte Attitüde“ hätte in der Ernsthaftigkeit der Politik nichts zu suchen. „Ich kenne keine Frau in der Politik, die sich so gebaren würde wie dieser Mann“, holte sie weiter aus. Ihrem Eindruck nach habe Friedrich Merz das so nicht im Griff, und die Union müsste das mit sich ausmachen, „weil auf Dauer so eine begleitende Kanzlerschaft aus Bayern echt schwer zu ertragen ist“.
Dass „Demokraten zusammenarbeiten“ müssen und deshalb die Grünen sicher zum Kompromiss bereit seien, wie Weber zuvor an sie appelliert hatte, stehe nicht fest: Es müssten einige Fragen zum schwarz-roten Vorschlag geklärt werden. Dass Merz sage, das müsse unverändert so beschlossen werden, gehe gar nicht: „Es ist nicht klar, wie wir Grünen abstimmen werden.“ (tsch)