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„Hätte ich mir nie träumen lassen“Regina war Krankenschwester, dann wurde sie obdachlos

Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste Regina ihren Job und später auch ihre Wohnung aufgeben. (Bild: ZDF/Marc Francke)

Aufgrund gesundheitlicher Probleme musste Regina ihren Job und später auch ihre Wohnung aufgeben.

Sie arbeitete als Krankenschwester, war verheiratet, zog drei Kinder groß. Reginas Leben verlief in geordneten Bahnen, bevor sie aufgrund gesundheitlicher Probleme ihren Job aufgeben musste – und in die Obdachlosigkeit rutschte.

Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland sind laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe obdachlos. Rund ein Drittel der Betroffenen ist weiblich – und hat es besonders schwer auf der Straße. Wohnungslose Frauen sind häufig, so heißt es auch im Titel einer neuen „37°“-Dokumentation des ZDF, „schutzlos ausgeliefert“.

Im Film bestätigt dies Sven Lüdecke vom Kölner Verein „Little Homes“: „Frauen brauchen einen anderen Schutz auf der Straße. Frauen begeben sich ganz oft in eine Abhängigkeit, in die sie gar nicht reinwollen.“ Einst, erinnert sich der Sozialhelfer, habe ihm eine obdachlose Frau gesagt: „Nach der vierten Vergewaltigung ist nichts mehr schlimm.“

Regina lebte „vor lauter Verzweiflung“ in einem Zelt

Mit seinen „Little Homes“, kleinen, mobilen Wohnboxen, wolle er vor allem obdachlosen Frauen einen Schutzraum bieten. Bislang gibt es die 3,20 Quadratmeter umfassenden Tiny Houses in Berlin, Bonn, Frankfurt, Hamm, Nürnberg, Hamburg, Darmstadt und Köln. Doch ist die Holzhütte wirklich eine Startrampe zum besseren Leben? - Ja, sagt der Helferverein. Von 200 Obdachlosen hätten 130 später einen festen Wohnsitz gefunden, 90 von ihnen auch einen Job.

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Doch ist die Holzhütte wirklich eine Startrampe zum besseren Leben? - Ja, sagt der Helferverein. Von 200 Obdachlosen hätten 130 später einen festen Wohnsitz gefunden, 90 von ihnen auch einen Job.

In Kiel gibt es die Wohnboxen bislang nicht. Regina musste sich stattdessen an die Stadtmission wenden, um nicht auf der Straße zu landen.

Seit zwei Jahren lebt sie in einer Notunterkunft – eine „psychische Belastung“, wie die 59-Jährige erzählt: „Ich habe ja, bis ich hier hergekommen bin, in ganz normalen Wohnungen gewohnt. Habe meine Arbeit gemacht, habe drei Kinder alleine erzogen. Dass ich mal in diese Richtung rutsche, das hätte ich mir selber nie träumen lassen.“

Über Monate hinweg bewarb sich Regina auf Mietangebote in Kiel. (Bild: ZDF / Marc Francke)

Über Monate hinweg bewarb sich Regina auf Mietangebote in Kiel. (Bild: ZDF / Marc Francke)

Einst arbeitete Regina als Krankenschwester. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihren Job an den Nagel hängen. Nach einer schweren Bauch-Operation zog sie zu ihrem Ex-Mann zurück, dann aber aus gesundheitlichen Gründen auch wieder aus, weil die feuchten Wände im Haus die Heilung ihrer OP-Wunde verhinderten.

„Dann habe ich mir vor lauter Verzweiflung ein Zelt im Garten aufgebaut“, erinnert sie sich. Ihren Kindern wollte sie nicht zur Last fallen, dauerhaft im Zelt nächtigen auch nicht. Bei der Stadtmission Kiel kam sie in einem 20 Quadratmeter großen Zimmer unter.

Schutzlos ausgeliefert: Ein Drittel aller Obdachlosen in Deutschland sind Frauen. Leonie (27) war eine von ihnen und machte „Platte“ in der Düsseldorfer Innenstadt. (Bild: ZDF / Jann Höfer)

Schutzlos ausgeliefert: Ein Drittel aller Obdachlosen in Deutschland sind Frauen. Leonie (27) war eine von ihnen und machte „Platte“ in der Düsseldorfer Innenstadt. (Bild: ZDF / Jann Höfer)

„Dann war ich plötzlich ganz unten“, erzählt Regina. Die Notunterkunft sei ihre letzte Rettung gewesen. „Ich habe mich schwergetan, um Hilfe zu bitten, denn ich wollte nicht hierher. Aber ich wusste: Wenn ich diesen Schritt nicht gehe, geht es nicht weiter.“

Da die Wohnungslosenhilfe nicht als dauerhafte Bleibe gedacht ist, befand sich Regina monatelang auf der Suche nach einer neuen Unterkunft. Im Moment lebt sie von Bürgergeld, ein neues Zuhause darf laut Amt nicht mehr als 439 Euro warm kosten.

„Ich sehe natürlich auch die Menschen, die draußen auf ihrer Schlafmatte liegen. Das tut mir in der Seele weh, weil ich weiß, so ganz weit weg bin ich nicht davon“, sagt sie. Als es ihr gelingt, eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist Regina überglücklich – und dennoch nicht frei von Sorgen. „Werden die Finanzen reichen? Schaff ich das noch mal, das alles alleine zu wuppen?“, fragt sie sich.

Leonie (links) hat nach vielen Jahren auf der Straße endlich eine neue Wohnung. (Bild:  ZDF / Marc Francke)

Leonie (links) hat nach vielen Jahren auf der Straße endlich eine neue Wohnung. (Bild: ZDF / Marc Francke)

Frauen auf der Straße „kann immer was passieren“

Wohnen muss wieder gelernt werden, heißt es im Film. Das muss auch Leonie feststellen. In Düsseldorf hat die 27-Jährige dank der Sozialarbeiterin Alena Hansen und dem Verein „Housing First“ wieder eine feste Bleibe – nach zwei Jahren auf der Straße. „Der Gedanke, alleine als Frau draußen zu schlafen, macht einem immer nur Angst“, erzählt Leonie. Sie weiß: „Es kann immer was passieren.“

Es ist lange her, dass Leonie ein richtiges Zuhause hatte. „Ich hatte ein riesiges Esszimmer mit einem riesigen Wohnzimmer, mit einem Durchbruch, einer schönen großen Küche, zwei Badezimmern, zwei Kinderzimmern und zwei Schlafzimmern“, berichtet sie. „Damals war ja noch mein Mann da.“ Nachdem ihr Mann gestorben war, stürzte die junge Frau ab. Sie flog aus ihrer Wohnung, verlor das Sorgerecht für ihre Kinder, konsumierte Alkohol und harte Drogen.

Heute hofft sie, die letzten Jahre mit Unterstützung der Wohnungslosenhilfe hinter sich lassen zu können. Ihre eigenen vier Wände sollen ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, erklärt Leonie, die sich aktuell auch ihrer Alkoholsucht stellt: „Ich bin zu Hause. Ich bin angekommen. Hier bin ich in Sicherheit, hier kann nichts passieren. Ich kann irgendwann vielleicht meine Kinder hierhin holen, dann kann ich sagen: Ich hab's geschafft.“ (tsch)