Mitten auf offener Straße wird ein Mann in München erstochen . Der Auftakt zu einem besonders erschreckenden Fall, den die Ermittler Ivo Batic und Franz Leitmayr in der „Tatort“-Episode „Die Wahrheit“ lösen müssen.
Münchner „Tatort“Mord aus Lust am Töten: ARD-Krimi dreht sich um mehr als verstörenden Fall
Ein halbes Jahr, verdichtet auf 90 Minuten: Einen derart langsam erzählten „Tatort“ bekommt man selten zu sehen. Wie zäh das Ermitteln manchmal sein kann, davon erzählten Sebastian Marka (Regie) und Erol Yesilkaya (Buch) in „Die Wahrheit“.
Der München-Krimi aus dem Jahr 2016, einst für den Grimme-Preis nominiert und nun als Wiederholung zu sehen, zeigt, wie die Arbeit an den Nerven der Ermittler zehren kann.
„Tatort“: Ein schauriger Mord in München
Kommissar Batic wandelt schlaftrunken durch einen Fall, der es eigentlich in sich hat, der so erschreckend beginnt, wie ein „Tatort“ nur sein kann. Nur ganz bei der Sache ist Batic nie. Dienstmüde ist er, nach nunmehr 25 Jahren, ausgebrannt und aggressiv. Mal wieder ein „Tatort“, in dem die Kommissare zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind, um sich auf den Fall zu konzentrieren.
Dabei zeigt Batic (Miroslav Nemec), der schon auf den Beinen ist, lange bevor sein Wecker klingelt, anfangs durchaus Arbeitseifer. „Ich will ihn kriegen, dieses kranke Arschloch“, wettert er, nachdem er zusammen mit Kollege Leitmayr (Udo Wachtveitl) zum Tatort gerufen wurde.
Ein ganz besonders perfides Verbrechen ist es, das dem Zuschauer da in den ersten Minuten zugemutet wurde. Auf offener Straße und am helllichten Tage, wie die Boulevardzeitungen später schreiben werden, wird ein Mann erstochen. Einem auf dem Boden liegenden Obdachlosen wollte er aufhelfen, doch statt Dank erwarteten ihn mehrere Stiche in den Bauch. Wenig später stirbt er. Seine Frau Ayumi (Luka Omoto) und sein Sohn Taro (Leo Schöne) mussten das Verbrechen mitansehen.
„Tatort: Die Wahrheit“: Altersbeschwerden und Ermittlungspannen
Am Tatort angekommen, machen die Kommissare einen Mann aus, der auf erste Zeugenbeschreibungen passt. Batic jagt ihn, einen alten Grauhaarigen, sprintet durch brachliegendes Industriegelände, verliert einen Schuh, macht schlapp. Die Jungspunde, die in manch anderen deutschen „Tatort“-Städten die Ermittlungsarbeit übernehmen, sie würden wohl mitleidig gucken ob der Altersbeschwerden des Münchner Kollegen.
Eingefangen wird der Mann, ein Obdachloser, dann doch. Nur: Es ist der falsche. Nicht die erste Panne, die dem Ermittlerduo passiert. Ausgerechnet Ayumi, die Frau des Ermordeten, muss die Kommissare darauf hinweisen, doch die Mülleimer am Tatort zu durchsuchen.
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Blutspuren werden hier gefunden, sie entlasten auch einen weiteren Verdächtigen (Cem Ali Gültekin), der sich erst selbst als möglicher Täter geriert, dann aber ebenfalls erstochen wird. „Weil er sich mit fremden Federn schmückte, musste er sterben“, ist auf den Rücken der Leiche geschrieben.
Der eigentliche Täter, das wird dank der Expertise von Christine Lerch (Lisa Wagner), der Leiterin der Operativen Fallanalyse, schnell klar, hat sein erstes Opfer nicht gekannt. Er hat getötet, weil er Lust dazu hatte. Der Tote war ein Zufallsopfer, es hätte jeden treffen können. Das ist das Beunruhigende an diesem Fall.
Krimi-Sommerpause im Ersten: So geht es mit dem „Tatort“ weiter
Nicht minder beunruhigend ist es aber, Batic und Leitmayr beim Stümpern zuzusehen.
Während Leitmayr die alleinige Leitung der SOKO übertragen bekommt und sich in die Idee verrennt, tausende Männer zum DNA-Test einzubestellen, entwickelt sich Batic zum Ersatzpapa für den Halbwaisen Taro. So vergehen die Monate, ohne dass Fortschritte erzielt werden. Am Ende sind dann auch noch Taro und seine Mutter in Gefahr, die Kommissare aber beim geselligen Frustsaufen.
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Bei „Die Wahrheit“ handelt es sich fraglos um einen Ausnahme-Krimi, lose angelehnt an den authentischen und nach wie vor nicht aufgeklärten „Isar-Mord“ vom Mai 2013.
Gerade weil entgegen der „Tatort“-Tradition einmal darauf verzichtet wurde, Recht und Ordnung zur Beruhigung des Publikums wiederherzustellen. Weil der 73. Fall der Münchner Ermittler jedoch für einige Zuschauer zu verstörend endete, wurde die Erzählung später mit dem Film „Der Tod ist unser ganzes Leben“ (2017) fortgesetzt.
Anstatt die Geschichte in der Folgewoche weiterzuerzählen, geht es nach Berlin: Am 23. Juli wiederholt das Erste den „Tatort: Dein Name sei Harbinger“ mit Meret Becker und Mark Waschke.
Nach derzeitigem Planungsstand dauert die Sommerpause 2023 voraussichtlich bis einschließlich 20. August, ließ die ARD auf Nachfrage verlauten. Mit welchem Team es danach weitergeht und ob nach der Pause zuerst ein „Tatort“ oder ein „Polizeiruf 110“ zu sehen ist, steht derzeit noch nicht fest. (tsch)