Veronica Ferres im Interview„Meine Erziehung hat mich dahin gebracht“

Veronica Ferres spricht über ihren Einstieg in die ZDF-Krimireihe „Mordsschwestern“, weitere Herzensprojekte und über ihre Eltern.

Kaum zu glauben, aber Schauspielerin Veronica Ferres (59) hatte es am Anfang ihrer Karriere nicht gerade leicht, sich in der Branche zu behaupten.

Von zwölf Schauspielschulen erhielt sie Absagen, und selbst nach ihrem Durchbruch in der Hitler-Tagebuch-Satire „Schtonk!“ 1992 wurde sie lange auf ihre Körperlichkeit reduziert.

Veronica Ferres auch in den USA erfolgreich

An die Spitze geschafft hat es „die Ferres“ trotzdem. Heute dreht und produziert die Star-Schauspielerin nicht nur in Deutschland erfolgreich Filme, sondern auch in den USA. Am liebsten Projekte von und für Frauen.

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Da passt ihr Einstieg in die Krimireihe „Mordsschwestern - Verbrechen ist Familiensache“ (vier neue Folgen starten am Freitag, 18. Oktober, um 20.15 Uhr, im ZDF) als taffe Fallanalytikerin bestens ins Bild. Im Interview spricht Veronica Ferres über ihre neue Rolle, ihren Anspruch als Produzentin, und sie erklärt, wie sie es schaffte, trotz aller Widerstände nie aufzugeben.

teleschau: Frau Ferres, bei den „Mordsschwestern“ ist nicht nur das Ermittlerduo weiblich, auch Regie, Drehbuch und Produktion liegen in Frauenhand. War das ein Grund für Sie, bei den „Mordsschwestern“ einzusteigen?

Veronica Ferres: Das gab sofort den Ausschlag, dass ich mir unter den vielen Angeboten gedacht habe: Das interessiert mich jetzt! Ich fand das Drehbuch klasse geschrieben. Dass die Regisseurin Suki Maria Roessel gemeinsam mit Sabine Leipert das Drehbuch verfasste, gibt natürlich eine große Zuversicht, dass die Regisseurin auch genau weiß, was sie erzählt.

Auf dem ersten Blick kaum zu erkennen: Veronica Ferres ist neu in der ZDF-Serie „Mordschwestern - Verbrechen ist Familiensache“. (Bild: ZDF/Sandra Hoever)

Auf dem ersten Blick kaum zu erkennen: Veronica Ferres ist neu in der ZDF-Serie „Mordschwestern - Verbrechen ist Familiensache“. (Bild: ZDF/Sandra Hoever)

teleschau: Sie spielen Astrid Brockhaus, eine operative Fallanalytikerin aus Hamburg. Was für ein Mensch ist sie?

Ferres: Meine Figur Astrid hat ein unglaubliches Fachwissen und Berufserfahrung. Zum Leidwesen ihrer Kollegen weiß sie daher immer alles besser. Sie will um jeden Preis ihre Fälle lösen und ist, wenn nötig, harsch, frech, unberechenbar. Es macht wirklich Spaß, ihr zuzuschauen. Aber sie hat in ihrer Vergangenheit auch einen dunklen Fleck, der im Lauf der vier Folgen ans Tageslicht kommt.

„Meine Eltern haben mir eine ganz große Kraft und Bodenhaftung mitgegeben“, sagt Veronica Ferres (2024 in Cannes). „Das hat auch mit der Natürlichkeit zu tun, mit der ich aufgewachsen bin, auf unserem Hof im Bergischen Land. Zum anderen haben mir mein Vater und meine Mutter sehr früh die Liebe zur Kunst beigebracht.“ (Bild: 2024 Getty Images/Andreas Rentz)

„Meine Eltern haben mir eine ganz große Kraft und Bodenhaftung mitgegeben“, sagt Veronica Ferres (2024 in Cannes). „Das hat auch mit der Natürlichkeit zu tun, mit der ich aufgewachsen bin, auf unserem Hof im Bergischen Land. Zum anderen haben mir mein Vater und meine Mutter sehr früh die Liebe zur Kunst beigebracht.“ (Bild: 2024 Getty Images/Andreas Rentz)

teleschau: Hatten Sie ein Mitspracherecht bei der Entwicklung dieser Figur?

Ferres: Ja, die Figur stand schon sehr gut da. Aber man hat mir gesagt, dass man meine Gedanken und Anregungen sehr gerne einbauen werde.

Ferres entwickelte ihre Figur in „Mordsschwestern“ mit

teleschau: Welche Facetten Astrids stammen von Ihnen?

Ferres: Zum Beispiel ihr Privatleben, ihr Liebesleben. Dass sie morgens mit dem Roller zur Arbeit fährt. Dass sie nicht greifbar ist. Dass man nicht weiß, ob sie Frauen oder Männer liebt. Dass sie von weit herkommt, um dieser Abteilung zu helfen. Und deshalb wird sie natürlich erst mal nicht freundlich aufgenommen.

in der Serie „Mordsschwestern“ ist aller Anfang schwer: Viktoria (Lena Dörrie, links) würde es zwar nie zugeben, aber die Ermittlungsansätze von Dr. Brockhaus (Veronica Ferres) sind manchmal durchaus nützlich. (Bild: ZDF/Sandra Hoever)

in der Serie „Mordsschwestern“ ist aller Anfang schwer: Viktoria (Lena Dörrie, links) würde es zwar nie zugeben, aber die Ermittlungsansätze von Dr. Brockhaus (Veronica Ferres) sind manchmal durchaus nützlich. (Bild: ZDF/Sandra Hoever)

teleschau: „Mordsschwestern“ ist nicht das einzige Projekt, das Sie in letzter Zeit für das ZDF gedreht haben. Ihr Terminkalender ist proppenvoll, oder?

Ferres: Ja, das ist jetzt das dritte ZDF-Projekt. Ja, ich habe eine Serie über den „Rattenfänger von Hameln“ abgedreht, den Fernsehfilm „Andere Eltern“. Gerade bin ich in Vorbereitung für zwei 90-Minüter. Danach folgen zwei deutschsprachige Streamingserien.

Gelungener Neustart in den USA

teleschau: Außerdem drehen Sie viele englischsprachige Filme. Sie Standen schon mit Stars wie Diane Keaton und Morgan Freeman vor der Kamera. In einer BR-Doku haben Sie ganz offen darüber gesprochen, dass es Ihnen nicht leichtgefallen ist, in den USA noch einmal von vorne anzufangen mit der Schauspielkarriere. Zu Castings zu gehen ... Wie war das für Sie?

Ferres: Man bereitet sich genauso darauf vor wie auf deutsche Filme. Manchmal noch mit einem tollen Coach, um ganz sicher in der Sprache zu sein. Aber sonst ist die Arbeit sehr, sehr ähnlich und sehr vergleichbar. Meine Muttersprache ist Deutsch, und meine hauptsächlicher Arbeitsort ist nach wie vor Deutschland.

Zwei Filmstars in einer Familie: Veronica Ferres und ihre Tochter Lilly Krug (beim Deutschen Filmpreis im Mai in Berlin). (Bild: 2024 Getty Images/Gerald Matzka)

Zwei Filmstars in einer Familie: Veronica Ferres und ihre Tochter Lilly Krug (beim Deutschen Filmpreis im Mai in Berlin). (Bild: 2024 Getty Images/Gerald Matzka)

teleschau: Seit 2013 haben Sie auch Ihre eigene Produktionsfirma Construction Film, die sowohl hierzulande als auch in den USA produziert. Wie kam es dazu?

Ferres: Irgendwie hat sich das ergeben, auch durch mein Netzwerk und durch die Oscar- und Golden Globe Nominierung von „Schtonk!“. Es sind jetzt über 40 englischsprachige Filme, die ich gedreht habe. Wir haben ein großes Projekt für Netflix produziert mit Sandra Bullock und Viola Davis in den Hauptrollen. Und sind jetzt in der Vorbereitung von zwei Kinostoffen und zwei Streamingserien, die wir ab Frühjahr drehen werden. Aber der Schwerpunkt der Firma ist in Deutschland. Der Sitz ist in München und wir produzieren auch hier.

Das Ziel: „Frauen unterstützen!“

teleschau: Das Motto, das Sie sich bei Ihrer Arbeit auf die Fahnen geschrieben haben lautet „Frauen unterstützen!“ Was verstehen Sie darunter?

Ferres: Ganz konkret: Ich schaffe Arbeitsplätze für Frauen. Vor und hinter der Kamera als Produzentin. Ich drehe sehr viel für andere Produktionsfirmen, womit meine Produktionsfirma gar nichts damit zu tun hat. Und ich produziere viele Filme, in denen ich nicht spiele. Rollen für andere Frauen zu schaffen, ist mir wichtig.

„Meine Eltern haben mir eine große Kraft und Bodenhaftung mitgegeben“

teleschau: Sie selber hatten am Anfang Ihrer Karriere wenig Unterstützung, wurden oft kritisiert, kleingemacht, wie Sie bei Ihrer berührenden Rede anlässlich der Verleihung des Bayrischen Filmpreises Anfang 2024 sagten: „Wie oft wurde mir gesagt: Mei, Veronica, Du bist zu groß, zu dick, du bist zu rund, du bist zu breit, du bist zu schwach. Du schaffst das nicht. Lass es einfach. Du bist zu emotional, überhaupt bist du von allem zu viel.“ Was gab den Ausschlag, dass Sie es trotzdem nach oben geschafft haben?

Ferres: Rückblickend würde ich sagen: Meine Erziehung hat mich dahin gebracht. Meine Eltern haben mir eine ganz große Kraft und Bodenhaftung mitgegeben. Das hat auch mit der Natürlichkeit zu tun, mit der ich aufgewachsen bin, auf unserem Hof im Bergischen Land. Zum anderen haben mir mein Vater und meine Mutter sehr früh die Liebe zur Kunst beigebracht.

Ein echtes Powercouple: Carsten Maschmeyer und Veronica Ferres beim Deutschen Filmball im Bayerischen Hof in München im Januar 2024. (Bild: 2024 Getty Images/Hannes Magerstaedt)

Ein echtes Powercouple: Carsten Maschmeyer und Veronica Ferres beim Deutschen Filmball im Bayerischen Hof in München im Januar 2024. (Bild: 2024 Getty Images/Hannes Magerstaedt)

teleschau: Inwiefern?

Ferres: Meine Eltern waren Kohle- und Kartoffelhändler. Die gebildetsten Kaufleute, die ich je kennengelernt habe. Sie wussten mehr über Literatur, über Oper, Ballett, Dramaturgie als viele Studierende. Ich wollte damals schon unbedingt ans Wuppertaler Tanztheater, wo ich mit 13 oder 14 sozusagen meinen ersten Job bei Pina Bausch hatte. Sie hat damit sicher einen Grundstein gelegt zu meiner Liebe für das Theater. Zu Film und Fernsehen wollte ich damals nicht. Ich habe ja auch die ersten Jahre nur Theater gespielt, Und dann kam ein Casting, „Die zweite Heimat“, mehrere kleine Filmrollen, und dann war die plötzlich die Oscar-Nominierung da.

Veronica Ferres: „Wichtig ist, dass man ganz und gar hinter seiner Sache steht“

teleschau: Leicht gemacht hat man es Ihnen anfangs nicht. Zwölf Schauspielschulen haben Sie abgelehnt. Wie schafft man es, trotz aller Hindernisse an sich zu glauben?

Ferres: Indem man weiß: Das Ziel, der Film, das Theaterstück ist der König. Und alles, was dafür richtig ist, das muss man tun. Ob man nun spezielle Fähigkeiten erlernen muss, ob man dafür längere Arbeitsstunden hat - es ist für das Projekt. Und wenn man eine Rolle nicht bekommt, sich klarmachen: Die Geschichte ist das Wichtige. Ganz wichtig ist, dass man ganz und gar hinter seiner Sache steht. Dann ist man weniger angreifbar. (tsch)