Extreme Entwicklungen bei Aldi, Lidl, Rewe & Co.Fachleute wüten: „Wechselt den Laden“

Ein Einkaufskorb mit Obst und Gemüse steht in einem Supermarkt.

Lebensmittel werden immer teurer – das kritisiert nun auch die Verbraucherzentrale. Händler von Supermärkten seien ebenfalls nicht unschuldig.

Der wöchentliche Einkauf ist für so manch einen Verbraucher schon fast unbezahlbar geworden. Die Preise steigen und mit ihnen auch die Wut. Verbraucherschützer kritisieren nun vor allem die extremen Preisspannen bei den Händlern.

Lebensmittel werden immer teurer und das hat seinen Grund: Inflation. Doch es gibt noch einen weiteren Faktor, warum Preise in Supermärkten und Discounter erhöht werden. Dabei geht es um die Händler selbst. Diese „nutzen die Spielräume schamlos aus und nehmen das Dreifache oder Vierfache, um Kasse zu machen“, sagte Wolfgang Schuldzinski von der Verbraucherzentrale NRW am Mittwoch (31. Mai 2023) in Düsseldorf.

Die Organisation hatte im Mai 20 Filialen von Rewe, Edeka, Aldi und Lidl unter die Lupe genommen und die Preise von 19 Alltags-Lebensmitteln wie Milch, Butter, Weizenmehl, Toastbrot, Hackfleisch und Gouda-Käse miteinander verglichen. Es ging um „Einstiegsprodukte“, also nicht um teurere Bio-Lebensmittel oder Produkte mit Tierwohl- oder Fairtrade-Label. Der „Marktcheck“ fand in den NRW-Städten Düsseldorf, Köln, Bonn, Münster und Essen statt.

Verbraucherzentrale sieht in Preisspannen ein Ärgernis

Die ermittelte Spanne für die Mindestpreise war groß: In einer Filiale mussten für ein Kilo Kartoffeln mindestens 72 Cent bezahlt werden, in einer anderen mindestens 1,50 Euro. Bezieht man nicht nur das billigste, sondern auch teurere Angebote mit ein, so vergrößert sich die Preisspanne bei Kartoffeln auf bis zu 3,99 Euro. Bei Möhren betrug die Spanne für das jeweils billigste Produkt eines Lebensmittels 1,40 Euro bis 2,59 Euro pro Kilo, bei Äpfeln bei 95 Cent bis 2,99 Euro und bei Butter bei 5,56 Euro bis 9,16 Euro. Bei Sonnenblumenöl waren es 1,99 Euro bis 3,72 Euro.

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Aus Sicht der Verbraucherzentrale sind die Preisspannen ein Ärgernis, schließlich handele es sich um gleichwertige Produkte. Es bestehe der Verdacht der ungerechtfertigten Gewinnmitnahmen, sagte der Verbraucherschützer Bernhard Burdick. Mit Blick auf die hohe Inflation fügte er hinzu: „Jetzt scheint es so, dass die Handelsketten die aktuelle Krisensituation ausnutzen, um an der Preisschraube zu drehen und ihre Marge zu erhöhen.“ Vorher hätten die Händler die Preise „nach unten gedrückt“, das habe sich geändert.

Forderung nach mehr Markttransparenz: „Wir gucken genauer hin“

Der Verbraucherschützer untermauerte die Forderung nach einer sogenannten Stelle für mehr Markttransparenz: So eine Einrichtung könnte am Bundeskartellamt angedockt sein und einen genauen Überblick über die Preisentwicklungen haben. Dies wiederum könnte dazu führen, dass die Firmen ihr Vorgehen änderten. „Passt auf, Freunde - wir gucken genauer hin“ – so ließe sich die damit verbundene Botschaft an den Handel verstehen, sagte Burdick.

Ein Marktcheck von Verbraucherschützern sei letztlich nur „ein stumpfes Schwert“, mit einer staatlichen Transparenzstelle wäre der Druck auf die Branche deutlich höher.

Als Reaktion auf die Kritik wies ein Sprecher von Rewe darauf hin, dass die Untersuchung der Verbraucherzentrale keine Rewe-Daten preisgebe, was die Bewertung erschwere. Tatsächlich wird nicht veröffentlicht, welcher Handelsakteur auf besonders hohe Preise setzt.

Der Vermutung, dass Discounter immer billiger sind als Supermärkte, widersprach Verbraucherschützer Burdick ausdrücklich: „Nein, so ist es nicht.“ Er appellierte an die Verbraucherinnen und Verbraucher, Preisanstiege nicht einfach hinzunehmen. „Wechselt den Laden - das ist die Botschaft.“

Der Rewe-Sprecher sagte, dass Rewe viel Geld investiert habe, um die Preise stabil zu halten, und dass der Gewinn 2022 gesunken sei. Der Verkaufspreis eines Lebensmittels setze sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, etwa für Rohstoff, Energie, Verpackung und Löhne. Sobald sich „ein Spielraum für Preissenkungen ergibt, werden wir diesen - wie eh und je – nutzen und an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben“, betonte der Rewe-Sprecher. Ein Beispiel hierfür seien die jüngsten Preissenkungen bei Molkereiprodukten. (dpa)