Die FC-Führung bleibt trotz Abstieg und Transfersperre im Amt. Eine richtige Entscheidung und ein Signal für den gesamten 1. FC Köln. Ein Kommentar:
FC-KommentarBlamable Vorstands-Historie: Wolf-Entscheidung ein Paradigmenwechsel für den Klub
Auf dem Mitgliederstammtisch des 1. FC Köln wurde am Mittwochabend (12. Juni 2024) erneut stundenlang diskutiert, geschimpft und gestritten. Doch es war auch ein versöhnlicher Abend, mit Beifall und dem gemeinsamen Singen der FC-Hymne zum Abschluss der Veranstaltung. Eine gute Streitkultur war da zu sehen.
Die aktuelle Führung um FC-Präsident Werner Wolf (67) und Geschäftsführer Christian Keller (45) hat nach dem Abstieg und der Transfersperre erneut schonungslos eigene Fehler und Versäumnisse eingeräumt. Doch die FC-Bosse haben auch deutlich gemacht, warum sie nicht zurücktreten.
Zahlreiche Rücktritte haben dem FC mehr geschadet als geholfen
Die Art und Weise, wie dieses Präsidium (Wolf, Carsten Wettich und Eckhard Sauren) durch eine der schwierigsten Zeiten des 1. FC Köln geht, stellt in der jüngeren Klub-Historie einen Paradigmenwechsel dar und könnte zu einer positiven Entwicklung führen.
Natürlich ist die Wut der Fans nach dem Abstieg verständlich. Natürlich muss es nach der Transfersperre, die im deutschen Fußball einmalig ist, Konsequenzen geben. Doch müssen diese Konsequenzen immer lauten, dass Führungskräfte vom Hof gejagt werden? Nein!
Wenn man in die jüngere Vergangenheit des 1. FC Köln schaut, dann kann das die FC-Familie wahrlich nicht mit Stolz erfüllen! Seit knapp 30 Jahren, nach der Ära von Präsident Klaus Hartmann (1997), werden FC-Präsidenten und Vize-Präsidenten attackiert, diffamiert, für untauglich gehalten und teils mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt.
Die Liste ist lang: Albert Caspers (Rücktritt 2004), Wolfgang Overath (Rücktritt 2011), Werner Spinner (Rücktritt 2019). Auch die Vize-Präsidenten Toni Schumacher oder Markus Ritterbach brachen nach ihrer Amtszeit mit dem Verein.
Die Folgen sind für den Klub bis heute zu spüren. Der aktuelle Boss Wolf spricht von „Schleifspuren“. Eine geordnete Übergabe der Geschäfte hat nie stattgefunden. So kam der FC immer wieder in Turbulenzen, auch finanzieller Art.
Festzuhalten bleibt: Kein Mensch arbeitet fehlerfrei. Alle bisherigen Amtsinhaber und ihre Mitstreiter haben aber sicherlich mit Herzblut für den FC gearbeitet und hoffentlich nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Doch in einem emotionalen Umfeld, wie es beim 1. FC Köln vorhanden ist, stürzen sich viele Beobachterinnen und Beobachter, Kritikerinnen und Kritiker, Fans und Mitglieder oft nur auf die Fehler und fordern personelle Konsequenzen und Rücktritte.
Mit Blick in die Zukunft ergibt sich daraus eine durchaus kritische Situation für den FC: Wer tut sich das noch an? Selbst wenn es kluge Köpfe geben sollte, die sich ein Amt im FC-Präsidium vorstellen können, werden diese durch die blamable Historie abgeschreckt. Denn nach wenigen Monaten oder Jahren im Vorstand kann es schnell sein, dass man in Köln oder im Rhein-Energie-Stadion zur Persona non grata wird – inklusive beleidigender Kommentare in den sozialen Netzwerken.
Der FC selbst sieht sich als tolerant, weltoffen, sympathisch – zusammengefasst im Klub-Leitsatz „spürbar anders“. Im Umgang mit Führungspersönlichkeiten kann es in der FC-Familie aber auch schon mal ungemütlich werden.
Vielleicht werden alte Muster durch diesen Kurs auch mal durchbrochen. Und bitte nicht falsch verstehen: Fehler müssen knallhart analysiert werden, damit sie nicht erneut passieren. Aber es lohnt auch immer ein Blick auf die guten Dinge, die geleistet werden.
„Zesamme simmer stark“, heißt es in der FC-Hymne. Wird Zeit, dass dieses Credo auf allen Ebenen und im Umfeld auch gelebt wird. Dann werden in Zukunft auch wieder verdiente Ex-Spieler gerne ans Geißbockheim kommen. Und verdiente Präsidiums-Mitglieder würden nach ihrer Amtszeit ihren Platz in der FC-Familie behalten.