Heidenheim-Trainer Frank Schmidt steht nicht für „Bling-Bling“, sondern für harte und ehrliche Arbeit. Ähnlich wie Steffen Baumgart. EXPRESS.de hat mit Schmidt gesprochen – auch über seine FC-Erinnerungen.
„War keine Freude“Heidenheim-Trainer Schmidt über Baumgarts Bier-Angebot und üble FC-Erinnerung
Frank Schmidt ist noch nicht einmal 50 Jahre alt und trotzdem schon ein Urgestein im deutschen Profifußball. Als Trainer hat der 49-Jährige den 1. FC Heidenheim 2007 in der Oberliga übernommen. Nun gelang der Aufstieg in die Bundesliga, als Zweitligameister.
Kürzlich veröffentlichte der Erfolgscoach sein erstes Buch. Der passende Titel: „Frank Schmidt – Unkaputtbar“. EXPRESS.de hat mit Frank Schmidt gesprochen. Über den FCH, seine Erinnerungen an das Müngersdorfer Stadion, Steffen Baumgart und darüber, welcher seiner Spieler womöglich sogar das Potenzial für die deutsche Nationalmannschaft hat.
Frank Schmidt: „Wo Druck im Kessel ist, da fühle ich mich am wohlsten“
Frank Schmidt, die rasante Entwicklung des kleinen 1. FC Heidenheim im Milliardengeschäft Fußball wirkt fast unreal. Wie war das möglich?
Frank Schmidt: Es ist ja nicht so, dass es innerhalb von fünf Jahren passiert ist, sondern es sind 16 Jahre gewesen. Das ist – auf mich bezogen – fast ein Drittel meines Lebens. Am Ende hat unser Erfolg damit zu tun, dass wir begriffen haben, was wir können und was wir nicht können. Was mich antreibt, ist das Spiel – und wie man es gewinnen kann. Wenn wir mal schlechte Phasen hatten, sind wir nie übereinander hergefallen. Aus sportlichen Rückschlägen sind wir immer gestärkt zurückgekommen.
Alle Spieler in Ihrer Mannschaft sind der deutschen Sprache mächtig. Wie wichtig ist Ihnen die Kommunikation auf dem Platz und in der Kabine?
Schmidt: Kommunikation ist sehr wichtig, vor allem von mir als Trainer. Für mich ist der Schlüssel zum Erfolg der Umgang mit den eigenen Spielern. Vor allem mit denjenigen, die noch nicht die größte Lebenserfahrung besitzen und noch nicht alles in ihrer Karriere erreicht und erlebt haben.
Nur wenige Ihrer Spieler haben Bundesliga-Erfahrung. Der Marktwert Ihres Teams liegt laut „Transfermarkt.de“ bei etwa 27 Millionen Euro. Hat Heidenheim einen Erstligakader?
Schmidt: Am Ende steht hinter jeder Zahl, jedem Marktwert ein Spieler, aber vor allem ein Mensch – mit Stärken und Schwächen. Wir sind uns bewusst, dass wir mit Darmstadt 98 den geringsten Etat der Liga haben werden. Deshalb müssen wir im Kollektiv eine solche Stärke entwickeln, mit der wir in der Bundesliga überraschen und die Klasse halten können. Ob wir es schaffen? Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass wir alles dafür tun werden. Wenn man nur nach den nackten Zahlen geht, kann man sicher zu dem Schluss kommen, dass es nicht reichen wird. Aber ganz ehrlich: Das ist mir bumsegal.
Kritiker behaupten, ein Klub wie Heidenheim mache die Bundesliga unattraktiver. Was würden Sie so jemandem entgegnen?
Schmidt: Jeder darf sagen und denken, was er will. Klar, haben wir nicht das größte Stadion. Ich will auch die Stadt Heidenheim mit ihren 50.000 Menschen nicht größer, aber auch nicht kleiner machen als sie ist. Wir haben eine Region, in der viel Emotionalität und Leidenschaft herrscht. Hier gibt’s ehrlichen Fußball – zurück zu den Wurzeln. Ganz ohne Bling-Bling, wie es unser Vorstandsvorsitzender Holger Sanwald kürzlich formuliert hat. Sehen Sie, wir haben in der Voith-Arena einen Kiosk, Liko's Kiosk, der ragt aufs Spielfeld. Heißt: Bratwurst-Duft auf dem Platz. Ich glaube, dieser Charme wird der Bundesliga guttun.
Auf welches Bundesliga-Stadion freuen Sie sich am meisten?
Schmidt: Ich persönlich freue mich besonders auf die Stadien, in denen Emotionalität gelebt wird. Da denke ich an Dortmund oder Köln, auch an Mönchengladbach und Frankfurt. Wo Druck im Kessel ist, da fühle ich mich am wohlsten.
Als aktiver Profi haben Sie zwischen 1998 und 2003 für Alemannia Aachen gespielt. Da liegt Köln ja nicht sonderlich weit entfernt – welche Erinnerungen haben sie an Köln oder auch den FC?
Schmidt: 1999 waren wir mit der Alemannia in Müngersdorf zu Gast. Flutlichtspiel. Das war keine Freude (Endstand 4:0 für den 1. FC Köln, Anm. d. Red.). Seitdem habe ich die Kölner Tor-Hymne im Ohr. Wenn wir am 17. Spieltag in Köln spielen, möchte ich am besten gar keine Tor-Musik hören. (lacht)
Welche Beziehung haben Sie zum aktuellen FC-Trainer Steffen Baumgart?
Schmidt: Steffen kenne ich noch aus Zweitliga-Zeiten, als er noch beim SC Paderborn Trainer war. Zwischen uns gibt es auf jeden Fall Parallelen. Er hat mal zu mir gesagt, dass er gerne mal ein Bier mit mir trinken möchte. Das müssen wir noch nachholen.
In der kommenden Saison werden Sie höchstwahrscheinlich Volker Finkes Rekord als längster Profi-Trainer bei einem Verein brechen. Werden Sie ihn anrufen?
Schmidt: Für seine Arbeit beim SC Freiburg hat Volker Finke meinen ganzen Respekt. Wenn es nach mir ginge, dann würde er diesen Rekord auf Ewigkeit behalten kann, er hat es verdient. Mir bedeutet so etwas nichts. Ich werde Herrn Finke anrufen, bevor ich seinen Rekord knacke. Ich muss mir nur noch seine Handynummer besorgen. (lacht)
Für Freiburg spielte auch mal Ihr 25-Tore-Stürmer Tim Kleindienst. Wäre er ein Kandidat für Hansi Flick?
Schmidt: Bei der Nationalmannschaft kriselt es ja derzeit gewaltig. Tim Kleindienst hat einen brutalen Sprung bei uns gemacht. Er ist einer der besten deutschen Stürmer, wenn wir von der Neuner-Position reden. Von dieser Kategorie haben wir nicht viele in Deutschland. Zudem ist er im besten Alter. Ob er was für die Nationalmannschaft ist, muss letztlich der Bundestrainer entscheiden.