Der FC St. Pauli ist für seine klare politische Haltung bekannt. Auch beim Spiel gegen Dynamo Dresden brachte der Klub dies zum Ausdruck – allerdings ganz subtil über die Werbebande.
AfD-Flyer für die TonneSt. Pauli unterstützt Sabotage-Akt des Zentrums für politische Schönheit
Hamburg. ,,Kein Fußball den Faschisten‘‘ – dieser Schriftzug prangt auf der Gegengerade des Millerntorstadions im Hamburger Stadtteil St. Pauli. In der Heimstätte des FC St. Pauli wird dieses Motto seit Jahrzehnten gelebt. Am Wochenende sorgte aber ein anderer Spruch für Wirbel.
Beim FC St. Pauli läuft es gerade. Vor Wochen hatte der Hamburger Stadtteilverein das Derby gegen den HSV gewonnen, am Sonntag (3. Oktober 2021) bezwangen die Kiezkicker Dynamo Dresden mit 3:0 und grüßen jetzt sogar von der Tabellenspitze. Beim 3:0-Erfolg grüßte der Klub allerdings auch einen ominösen Flyerservice.
„Der FC St. Pauli grüßt Flyerservice Hahn“
„Der FC St. Pauli grüßt den Flyerservice Hahn“, war auf mehreren Werbebanden im ganzen Stadion zu lesen. Auf den ersten Blick eine ziemlich unspektakuläre Werbung. Scheinbar kooperiert der Verein mit einem Unternehmen dieses Namens. Doch in Wirklichkeit verbirgt sich hinter dem Spruch eine politische Botschaft.
Doch worum handelt es sich bei diesem Flyerservice Hahn? Das Unternehmen ist eine Scheinfirma, erschaffen von dem Künstlerkollektiv ,,Zentrum für politische Schönheit‘‘. In den Wochen vor der Bundestagswahl bot Flyerservice Hahn an, Werbematerial für Parteien zu verteilen. Dazu lud auch eine professionell wirkende Homepage sein.
Normal wird die Verteilung von Wahlflyern von den Ortgruppen der jeweiligen Partei durchgeführt, nicht so aber einige Ortsverbände der Alternative für Deutschland (AfD). Diese beauftragte den Flyerservice Hahn, um diese mühsame Arbeit durchzuführen. Ein Fehler aus Sicht der Partei – zur Freude des „Zentrums für politische Schönheit“.
72 Tonnen Werbematerial landen auf dem Müll
Denn die Mitarbeiter von Flyerservice Hahn, also die Aktivisten des Zentrums, verteilten die AfD-Flyer nicht, sondern schmissen sie in den Müll. Insgesamt zerstörten die Aktivisten so rund fünf Millionen Flyer der Partei. Gewicht: 72 Tonnen. Nach Angaben des Zentrums fielen insgesamt 85 Orts-, Kreis- und Landesverbände auf den Fake-Flyerservice herein.
Mit der Bandenwerbung hat der FC St. Pauli seine Solidarität mit dem „Zentrum für politische Schönheit“ zeigen wollen, das in der Vergangenheit schon des Öfteren vergleichbare Aktionen umgesetzt hat.
Der Kampf des Zentrums für politische Schönheit
In der Vergangenheit hatte das Zentrum auch Björn Höcke (49) im Visier. Höcke ist Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen, ihm werden rechtsextreme Positionen nachgesagt. Höcke bezeichnete das „Zentrum für politische Schönheit“ 2017 als „kriminelle Vereinigung“ und als „terroristische Vereinigung“, nachdem Aktivisten in der Nähe seines Hauses das Holocaust-Mahnmal aus Berlin mit Betonstelen nachgebaut hatten. Zuvor hatte Höcke das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ betitelt.
Weil anzunehmen war, dass die AfD juristisch gegen die Zerstörung der Flyer vorgehen wird, wurden vom Zentrum bereits im Vorfeld Spenden zur Deckung der möglichen Verfahrenskosten gesammelt.
Das „Zentrum für politische Schönheit“ ist ein Kollektiv aus vielen Künstlern, das es sich zum Ziel gemacht hat, auf politische und gesellschaftliche Missstände der Gegenwart und der Zukunft in kreativer Art hinzuweisen. Die Leitung des Zentrums hat der Philosoph und Aktionskünstler Philipp Ruch inne, er gründete das Künstlerkollektiv im Jahr 2008. (red)