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Ex-FC-Profi bei der ARD am MikroEM-Experte Thomas Broich verrät: „Unheimlich schmaler Grat“

Thomas Broich hält ein ARD-Mikro in der Hand.

Thomas Broich wird die EM 2024 als Co-Kommentator und Experte in der ARD begleiten.

Thomas Broich wird die EM 2024 als Co-Kommentator und Experte in der ARD begleiten. Mit EXPRESS.de sprach er vorab über das Turnier und den schmalen Grat bei seinen Auftritten am Mikro.

von Béla Csányi  (bc)

Die beste Phase seiner Karriere verbrachte Thomas Broich (43) weit abseits des europäischen Fußballs in Australien, glänzte jahrelang als Spielgestalter bei Brisbane Roar. Zurück in Deutschland rückte der frühere Profi des 1. FC Köln als TV-Experte zurück ins Rampenlicht, inzwischen ist der künftige Nachwuchs-Leiter von Borussia Dortmund längst auch als Co-Kommentator in der ARD etabliert.

Vor der Heim-EM sprach der frühere Junioren-Nationalspieler mit EXPRESS.de über seinen Optimismus vor dem Turnier, seine Pläne für die Live-Übertragungen der Spiele und den schmalen Grat beim Kommentieren.

Thomas Broich blickt voller Zuversicht auf die Heim-EM

Thomas Broich, die Heim-EM ist Ihr drittes großes Turnier als ARD-Experte. Bislang hat die deutsche Nationalmannschaft beide Male nicht gerade geglänzt. Was macht Sie zuversichtlich, dass es im dritten Anlauf besser wird?

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Thomas Broich: Wenn ich mir unsere Kader-Qualität angucke, denke ich mir: Es muss doch was werden. Bis zur Länderspielpause im März durfte man das fast schon gar nicht laut denken, aber die Spiele gegen Frankreich und die Niederlande waren richtige Mutmacher. Es gibt aktuell viele Spieler, die in Höchstform zur Nationalmannschaft kommen und mit gutem Momentum ins Turnier gehen. Auch international war die Saison aus Bundesliga-Sicht ein Erfolg. Es wirkt, als würden wir als Fußball-Nation Anlauf nehmen für ein erfolgreiches Turnier im eigenen Land.

Sind gerade dieses Momentum und die aufkeimende Euphorie entscheidende Schlüssel, um auf den großen Wurf hoffen zu dürfen?

Broich: Ich glaube auf jeden Fall daran. Gerade vor dem Hintergrund, wer die vergangenen Turniere gewonnen hat. Die Italiener 2021 und die Argentinier 2022 waren jeweils sehr lange vor ihren Titelgewinnen ungeschlagen. Man sieht daran, wie gefestigt Mannschaften sein müssen. Viel Glaube und Stabilität – das sind schon Faktoren, die man auf keinen Fall außer Acht lassen darf. Auf einen derartigen Lauf können wir nicht zurückgreifen, dennoch wirkt die deutsche Nationalmannschaft inzwischen wieder gefestigter.

Im EM-Kader ist erkennbar, dass langjährige Spieler teils das Nachsehen hatten gegenüber denen, die mit viel Selbstvertrauen anreisen. Genau die richtige Entscheidung von Julian Nagelsmann?

Broich: Jeder, der den Sprung in den Kader packt, schafft das mit Fug und Recht. Wir reden nicht über vergangene Verdienste oder Potenzial, sondern einfach nur über aktuelle Form. Das macht definitiv Mut.

Die Zukunft des Bundestrainers ist über das Turnier hinaus geklärt. Wäre es für die Spieler eine mögliche Ablenkung gewesen, wenn Nagelsmanns Verbleib während der EM noch offen gewesen wäre?

Broich: Es wäre relativ egal gewesen und diese Gewissheit ist eher für den Trainer hilfreich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass während des Turniers ernsthaft über die Zukunft des Bundestrainers diskutiert worden wäre. Es wäre daher auch nicht dramatisch geworden. Der Turnaround im März kam schließlich auch schon in einer Phase der Ungewissheit.

Die Stimmung in Deutschland ist so gut wie gefühlt schon sehr lange nicht mehr. Ist diese Euphorie berechtigt oder nach gerade mal zwei überzeugenden Spielen gegen Top-Gegner auch etwas trügerisch?

Broich: Es ist noch nicht zu 100 Prozent belastbar, so klar muss man das schon sagen. Auf der anderen Seite scheint diese Wende nicht zufällig zustande gekommen zu sein. Durch den starken Unterbau in der Bundesliga und die internationalen Erfolge der deutschen Klubs habe ich schon das Gefühl, dass es erfolgreich sein könnte. Man darf aber auch auf diesem Level nie vergessen, wie wichtig Spielglück ist. Wie gut die Mannschaft ins Turnier kommt, ob das nötige Quäntchen Glück dabei ist, der Ball vom Innenpfosten rein oder raus springt.

Deutschland darf sich zumindest zum erweiterten Kandidaten-Kreis rund um Top-Teams wie Frankreich oder England zählen. Haben Sie darüber hinaus einen Geheim-Favoriten, der etwa wie Dänemark 2021 überraschen könnte?

Broich: Ich finde Österreich extrem spannend. Was Ralf Rangnick dort mit seiner Art Fußball auf die Beine stellt, ist fantastisch. Für mich ist auch Portugal sehr stark besetzt mit einigen Spielern, die man im ersten Moment womöglich gar nicht auf dem Schirm hat. Ich sehe ohnehin nicht den ganz klaren Favoriten. Frankreich hat die individuelle Klasse, aber ich habe nicht das Gefühl, dass sie in eigenen Sphären unterwegs sind. Sie sind schlagbar, das gilt auch für England. Und dort hat sich die vermeintlich stärkste Liga der Welt international früh verabschieden müssen. Da ist also offen, wie groß der Glaube in die eigene Stärke ist.

Gerade der englische Fußball steht aber auch für eine extrem intensive Saison mit vielen Spielen und hoher Belastung. Ist es für einige Top-Profis aus der Premier League daher ausnahmsweise ein Vorteil, etwas ausgeruhter ins Turnier zu gehen als sonst?

Broich: Schwierige Frage. Wenn die Jungs tatsächlich überspielt wären, dann wäre das tatsächlich ein Problem. Ich bin grundsätzlich aber eher beim Faktor Momentum, dazu zählt dann auch Titel-Erfahrung. Wenn ich gerade Meister geworden bin oder die Champions League gewonnen habe, dann versetzt dieses Selbstvertrauen Berge.

Das könnte auch im direkten Vergleich mit Top-Nationen für Deutschland sprechen

Broich: Auf jeden Fall. Wir gehen mit dem Gefühl ins Turnier, dass wir das in dieser Saison schon geschafft haben. Bei uns werden fast alle Spieler mit einem Gefühl der Euphorie auf dem Rücken einer starken Saison ins Turnier gehen. Es gibt keinen Grund, vor diesen Gegnern in Ehrfurcht zu erstarren.

Thomas Broich: „Fußball gucken ist mein Leben“

Bei der EM sind Sie nicht nur als Experte rund um die Spiele im Einsatz, sondern auch als Co-Kommentator dabei. Wie sieht Ihre Vorbereitung auf ein EM-Spiel aus, bei dem Sie mit am Mikro sitzen?

Broich: Fußball gucken ist mein Leben, deshalb mache ich das gefühlt Tag und Nacht. Daher kann ich gar nicht so einfach zwischen Spielvorbereitung und purem Interesse unterscheiden. Ich habe aber natürlich viele Spieler auf dem Schirm, gucke noch mal auf Quali-Spiele und intensiviere das dann vor den Spielen. Mit etwas Glück habe ich auch die Gelegenheit, mit Experten aus den jeweiligen Ländern zu sprechen. Und dann erhalte ich natürlich umfassende Statistiken, wo jeder sich nach Herzenslust aus umfassenden Berichten die relevantesten Infos rausfiltern kann.

Sie stehen in den Übertragungen für einen analytischeren Stil, versuchen in den Einschätzungen auch mal in die Tiefe zu gehen. Wie weit kann man da vor einem Millionen-Publikum gehen, wenn gerade bei großen Turnieren auch viele Leute zuschauen, die sich nicht täglich mit Fußball befassen?

Broich: Gerade das ist auf der einen Seite das Schöne, es ist aber auch ein unheimlich schmaler Grat. Viele wollen in diesem Moment gemütlich Fußball gucken, Stadion-Atmosphäre erleben. Für manche sind wir als Kommentatoren sogar fast nur Hintergrundrauschen. Aber diese Turniere bieten eine große Bühne. Sie sind die perfekte Gelegenheit, über Trends zu sprechen, neue Ideen vorzustellen – im Idealfall den Fußball ein wenig nachvollziehbarer zu machen. Ich habe die Hoffnung: Je mehr Mühe wir uns geben und Details vermitteln, desto größer wird auch das Basiswissen.

Sie selbst haben schon die Bedeutung von Statistiken für Ihre Arbeit angesprochen. Wie viel davon wollen und können Sie dann in der Übertragung auch vermitteln?

Broich: Ich glaube grundsätzlich, dass die Empfänglichkeit für Statistiken immer größer wird. In meiner Anfangszeit haben viele TV-Sender Dinge wie xG-Werte (Expected Goals, Anm. d. Red.) noch gescheut und gemeint, das könne man niemandem zumuten. Solche Dinge bieten aber eine andere Grundlage, um über Spiele zu reden. Statistiken sind nicht der Weisheit letzter Schluss, aber sie können Beobachtungen fundieren oder in einen anderen Kontext einbetten.