Der Hamburger SV sucht den Baumgart-Nachfolger. Nun wurde die Entscheidung erneut vertagt.
Baumgart-Nachfolge beim HSVKuntz verschafft sich Zeit – Labbadia über Ex-Klub irritiert
Nach dem Aus von Steffen Baumgart beim Hamburger SV galt Bruno Labbadia als Favorit auf die Nachfolge. Doch mittlerweile hat ein anderer die Pole Position erobert – und darf sich mindestens bis Weihnachten beweisen.
Wenn Merlin Polzin über „seinen“ HSV spricht, bekommt der Hoffnungsträger immer noch leuchtende Augen. Alles begann als kleiner Butscher, wie man im Norden sagt, mit Mama, Papa und dem Bruder noch im alten Volksparkstadion. Irgendwann hat sich Polzin dann „seine Jungs geschnappt“, ist als Fan auch auswärts mitgefahren, durch Europa getingelt, wie er einmal im HSV-Podcast erzählt hat.
Labbadia beim HSV wohl kein Thema mehr
Und nun soll er, der unbekannte Trainerneuling Merlin Polzin, seinen einst großen HSV verzaubern. Längerfristig?
„Wir haben Merlin das Vertrauen bis zur Winterpause ausgesprochen. Wir haben uns bewusst vor dem Spiel und unabhängig von dessen Ergebnis dazu entschieden. Diese Entscheidung fällt aus voller Überzeugung“, sagte HSV-Vorstandsboss Stefan Kuntz vor der Partie gegen Darmstadt 98 am Sonntag (13.30 Uhr/Sky).
Damit ist längst nicht mehr ausgeschlossen, dass Polzin danach zum Cheftrainer befördert wird. Vorausgesetzt, Kuntz gefällt, was er in den nächsten Spielen zu sehen bekommt. „Im Fußball ist nichts unmöglich“, sagte Kuntz. Als weitere Kandidaten gelten Raphael Wicky (vereinslos) und Henrik Rydström (Malmö FF).
Bruno Labbadia soll dagegen aus dem Rennen sein. Er sei irritiert über das Zögern seines Ex-Klubs, heißt es laut Medienberichten, habe dem Verein deshalb abgesagt. Pikant: Labbadia und Kuntz sind seit ihrer gemeinsamen Zeit in Kaiserslautern befreundet.
So oder so: Für Polzin wird es ein ganz, ganz gewaltiges Spiel gegen Darmstadt. Erstmals sitzt der 34-Jährige als verantwortlicher Coach im Volksparkstadion auf der Bank. Er, der ehemalige HSV-Fan, der Hamburger Jung, der im Stadtteil Bramfeld aufwuchs und in der Kurve sozialisiert wurde. "Meine besondere Verbindung zum HSV und zur Stadt ist kein Geheimnis“, sagte Polzin einmal. Das „Vertrauen“ für die nächsten Spiele bekommen zu haben, „wollen wir weiter als Antrieb nutzen. Und dieser Antrieb pusht uns noch mehr fürs Wochenende“, sagte Polzin.
Unter dem freigestellten Steffen Baumgart war Polzin Co-Trainer, die Spieler mögen seine akribische Art, sein Fachwissen, seine Begeisterung und seine besonderen Motivationstricks. „Jeder hier im Verein schätzt Merlin und weiß, was er kann“, sagte Angreifer Ransford Königsdörffer. Und Miro Muheim meinte im Hamburger Abendblatt: „Merlin kümmert sich extrem gut um alle Spieler.“ Laut der Zeitung befindet sich Polzin derzeit auch „in der Pole Position“ für den Job als Cheftrainer. Nach dem Darmstadt-Spiel stehen bis zum Weihnachtsfest noch Partien gegen Ulm und Fürth auf dem Programm.
Schon seit mehr als vier Jahren steht Polzin, der seine eigene Spielerkarriere wegen Arthrose in den Zehen früh beenden musste, beim HSV als Co-Trainer unter Vertrag. Nun bekommt er seine ganz große Chance, die Mission an der Elbe ist sowieso klar. „Ich gehe komplett in meiner Arbeit beim HSV auf“, sagte Polzin: „Das Ziel aufzusteigen ist das, warum ich jeden Tag aufstehe. Ich denke an nichts anderes.“ (are/sid)