Marsch weg, Hütter kriselt, Baumgart topDas EXPRESS.de-Ranking der Trainer-Neulinge

Kölns Trainer Steffen Baumgart jubelt nach der Partie.

Steffen Baumgart kann mit dem 1. FC Köln über einen starken Saisonstart jubeln, wie hier beim Derbysieg am 27. November 2021.

So ein Stühlerücken hatte die Fußball-Bundesliga selten erlebt: In die Saison 2021/22 starteten gleich acht Klubs mit neuen Übungsleitern – und die Hoffnungen waren natürlich überall groß. Nach 15 Spieltagen zieht EXPRESS.de eine erste Bilanz. Vom Volltreffer bis zum Rohrkrepierer – das Bundesliga-Ranking der Trainer-Neulinge!

von Alexander Haubrichs  (ach)

Die Voraussetzungen konnten unterschiedlicher nicht sein: Julian Nagelsmann trat in die großen Fußstapfen von Triple-Sieger Hansi Flick, Marco Rose sollte den BVB auf die Fährte von Bayern München in der Bundesliga schicken. Oliver Glasner und Adi Hütter suchten trotz erfolgreicher Spielzeit bei ihren Klubs den Absprung zu direkten Konkurrenten. Jesse Marsch sollte von Salzburg die Red-Bull-DNA nach Leipzig bringen.

Steffen Baumgart dagegen hatte beim 1. FC Köln schon in den Vertragsgesprächen mit dem Vorstand deutlich gemacht, dass er nicht nur den Klassenerhalt schaffen wolle – er wolle auch ansehnlichen Fußball spielen. Weil er das beim FC unter schwierigen Bedingungen schaffte, ist Baumgart auch ganz ohne kölsche Brille unsere Nummer eins im Ranking. Schlusslicht ist Mark van Bommel, der in Wolfsburg überhaupt nicht funktionierte.

Das Ranking der Trainer-Neulinge

1. Steffen Baumgart (48, 1. FC Köln): Keine finanziellen Mittel, kaum Selbstbewusstsein und keine Idee eines offensiven Ansatzes – der 1. FC Köln kam nach dem Sieg in der Relegation mit zwei blauen Augen aus der letzten Spielzeit. Doch Steffen Baumgart wirkt bislang, als habe er gleich zwei goldene Händchen. Die Mannschaft hat den neuen forschen Spielstil bedingungslos angenommen, mit Anthony Modeste und Salih Özcan sind zwei totgesagte plötzlich Leistungsträger. Wenig spricht dafür, dass der FC in dieser Saison in Schwierigkeiten geraten wird. Tabellenneunter mit starken 19 Punkten ist aller Ehren wert. Nur die punktgleichen Bochumer machten vielleicht noch mehr aus noch weniger Möglichkeiten.

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2. Gerardo Seoane (43, Bayer 04 Leverkusen): Talent hatte diese Elf von Bayer 04 Leverkusen schon immer – bringt der Schweizer Meistertrainer Gerardo Seoane nun auch Konstanz und Titel-Gier mit? Nicht nur die Eindrücke vom 7:1 gegen Fürth legen nahe: Seoane weiß, was er will – und kann es seinen Spielerm auch vermitteln. Juwel Florian Wirtz (18) wird unter ihm immer stärker, es fehlt nur noch in der Defensive an Stabilität. In der Europa League überstand Bayer die Gruppenphase, in der Liga ist man der „Best of the Rest“, Platz drei hinter Bayern und Dortmund. Nur das Pokal-Aus (1:2 gegen den Karlsruher SC) schmerzt.

Julian Nagelsmann hat die Nase vor Marco Rose vorn

3. Julian Nagelsmann (34, FC Bayern München): Das mit dem Pokal-Aus gilt auch für Julian Nagelsmann. Hätte es das bittere 0:5 in Mönchengladbach nicht gegeben, der engagierte Coach wäre ein Kandidat für die Top-Platzierung gewesen. Erster in der Liga, souverän weiter in der Champions League, dazu hat Nagelsmann rund um die Jahreshauptversammlung und die Impfdebatte um Joshua Kimmich bewiesen, dass er auch Krisensituationen moderieren kann.

4. Marco Rose (45, Borussia Dortmund): Impulsiv und hochemotional lebt Marco Rose seinen Job bei Borussia Dortmund. Er will mit dem BVB um Titel mitspielen, in Sachen Meisterschaft wäre zumindest eine Punkteteilung am Samstag für nachhaltige Spannung nötig gewesen. Dass Rose bereits zweimal auf der Tribüne landete, ist auch kein wirklich gutes Zeichen. Etwas weniger Heißsporn darf es schon mal sein, denn das überträgt sich vielleicht auch ein bisschen auf seine Mannschaft – wie etwa bei Emre Cans ungestümer Aktion vor dem Platzverweis in Lissabon. Das unnötige Champions-League-Aus trübt die sonst sehr ordentliche Bilanz.

Bayern-Coach Julian Nagelsmann und BVB-Trainer Marco Rose.

BVB-Trainer Marco Rose gratuliert Julian Nagelsmann (Bayern München) nach dem Sieg im Supercup.

5. Oliver Glasner (47, Eintracht Frankfurt): Die Saison startete sehr zäh mit acht Punkten aus neun Spielen, vorweg war man zu allem Übel in Mannheim noch aus dem DFB-Pokal geflogen. Ein Zwischenspurt mit zehn Punkten aus vier Spielen beruhigte die Gemüter. Zuletzt aber folgte postwendend der Rückschlag in Hoffenheim. International winkt am letzten Spieltag in dieser Woche der Einzug in die nächste Runde. Sollte der gelingen, dürfte man weniger kritisch auf Glasners Wirken schauen.

6. Adi Hütter (51, Borussia Mönchengladbach): Das sensationelle 5:0 gegen Bayern München im DFB-Pokal scheint schon Ewigkeiten zurückzuliegen, dabei sind erst gut 40 Tage vergangen. Borussia Mönchengladbach hinkt deutlich hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Die Derby-Prügel, dazu der Offenbarungseid mit sechs Gegentoren in einer Halbzeit gegen den SC Freiburg – irgendetwas stimmt nicht bei der Borussia, und Adi Hütter sollte schnellstens herausfinden, was es ist. Sonst dürfte es bald schwierig werden.

Fußball: Bundesliga, VfL Wolfsburg - Borussia Mönchengladbach, 7. Spieltag in der Volkswagen-Arena. Wolfsburgs Trainer Mark van Bommel (r) und Gladbachs Trainer Adi Hütter sind vor dem Spiel im Stadion. +++ dpa-Bildfunk +++

Als Adi Hütter am 7. Spieltag mit Borussia Mönchengladbach auf den VfL Wolfsburg traf, war Mark van Bommel dort nocht Trainer.

7. Jesse Marsch (48, RB Leipzig): Der Versuch, den Leipziger Fußball zurück auf ein reines Gegenpressing-Modell zu entwickeln, ging gründlich in die Hose. Der US-Amerikaner Jesse Marsch kam mit viel Optimismus und Engagement von RB Salzburg zur großen Schwester – doch die Aufgabe war eine Nummer zu groß. Das frühe Aus in der Champions League, Platz elf in der Liga, punktgleich mit Frankfurt und Mönchengladbach – viel zu wenig für die hohen Erwartungen, die die erfolgreiche Zeit unter Julian Nagelsmann geweckt haben. Am Wochenende war das Abenteuer beendet, RB befindet sich derzeit auf Trainersuche.

8. Mark van Bommel (44, VfL Wolfsburg): Dieser letzte Platz für den früheren Bayern-Star als Coach des VfL Wolfsburg ist wohlverdient. Im Grunde steckte der Karren schon mit dem Wechselfehler im Pokal bei Preußen Münster im Dreck. Auch der perfekte Saisonstart mit vier Siegen aus vier Spielen holte ihn nicht wieder raus. Es folgten ein Unentschieden und vier Niederlagen – und viel Tristesse in der Champions League, wo nur ein Sieg aus bislang fünf Spielen gelang. Die Notbremse folgerichtig nach dem neunten Spieltag, seitdem darf Florian Kohfeldt (39) sein Glück beim VfL versuchen.