Einstellung, Leidenschaft und Ergebnis top, Rasen und Stimmung flop. Nach dem Länderspiel gegen die Niederlande gab es genug Gesprächsbedarf. EXPRESS.de blickte hinter die Kulissen.
Das war nicht im TV zu sehenFüllkrug mit Idee für bessere Stimmung – Musiala: „Zum Glück überlebt“
Zwei Siege gegen zwei Top-Gegner innerhalb von vier Tagen. Die Nationalmannschaft hat das EM-Fieber 80 Tage vor Turnierstart in Deutschland geweckt.
„Wir haben das Stadion am Ende richtig heiß gemacht. Wir wollten unbedingt gewinnen und sind mehr Risiko gegangen als der Gegner“, freute sich Julian Nagelsmann (36) nach dem 2:1-Sieg gegen die Niederlande.
RTL mit bester Länderspiel-Quote seit fünf Jahren
Auch in die heimischen Wohnzimmer überträgt sich die neue Lust am DFB-Team. In der Spitze sahen bis zu 11,96 Millionen Fußballfans am Dienstag (26. März 2024) bei RTL den spannenden Erfolg aus Frankfurt. Für den Sender war es die erfolgreichste Länderspiel-Übertragung seit März 2019.
EXPRESS.de war beim deutschen Sieg vor Ort und erlebte in den Katakomben des Stadions noch einige Dinge, die dem TV-Publikum verborgen blieben.
Thomas Müller (34) ist und bleibt der Gute-Laune-Kicker des Teams. Als DJ Teddy-O beim Aufwärmen schon mal „Major Tom“ von Peter Schilling anspielte, sang der Bayern-Star auf dem Platz lauthals mit. „Das macht schon Spaß. Das ist ja ein super Lied zum Mitgrölen – selbst, wenn man keinen sitzen hat. Wenn dann, dann wäre es noch besser.“
Dass jedoch beim Siegtreffer von Niclas Füllkrug (31) wieder die alte Torhymne „Kernkraft 400“ von Zombie Nation lief, war Müller im Glückstrubel gar nicht aufgefallen. Als EXPRESS.de ihn nach dem 128. Länderspiel darauf ansprach, musste er kurz stutzen. „Habe ich gar nicht mitbekommen, wenn ich ehrlich bin. Aber am Ende kann’s uns egal sein, welche Musik beim Siegtor gespielt wird. Da wird innerlich nur die Musik des Glücks gespielt“.
Jamal Musiala (21) war nach dem Sieg immer noch fassungslos über den Platz in Frankfurt. „Jede Aktion gefühlt bin ich ausgerutscht. Ich ziehe immer Stollen an, aber das Feld ist jedes Mal weggegangen, bei jeder Drehung“, klagte der Bayern-Jungstar. „Zum Glück habe ich überlebt. Ich mache viele Drehungen, da muss es schon ein bisschen stabil sein“.
Auch Nagelsmann bezeichnete den Untergrund als „Katastrophe“. Jonathan Tah (28) war beim 0:1 auch kurz weggerutscht. „Das war natürlich kein guter Ball von Maximilian Mittelstädt. Aber auch da gibt es Probleme mit dem Stand. Ich glaube, auf einem normalen Platz kriegt Jona den.“
Musiala kündigte sogar an, dass Deutschland bei der EM besser nicht in Frankfurt spielen solle. Doch die Hoffnung kann er begraben. Am 23. Juni steht das dritte und finale Gruppenspiel gegen die Schweiz dort an.
Julian Nagelsmann gibt Leroy Sané eine EM-Garantie
Leroy Sané (28) ist normalerweise ein Akteur, der nicht die Nähe zu den Medien sucht und sich auch gerne nach Spielen schnell verdrückt. Am Dienstag machte der rot-gesperrte Bayern-Profi öffentlichkeitswirksam Werbung für sich. Erst schrieb er am Teamhotel lange für die Fans Autogramme, dann gab er diverse Interviews und blieb nach Abpfiff in Frankfurt noch lange bei der Mannschaft.
Als Lohn gab es von Nagelsmann eine EM-Garantie: „Er ist außergewöhnlich gut. Er weiß, was es bedeutet, eine Heim-EM zu spielen. Er muss sich eingliedern, in diese funktionierende Gruppe. Ich bin überzeugt, dass Leroy seine Qualitäten zu hundert Prozent in den Dienst der Mannschaft stellt. Und auf die werden wir auf keinen Fall verzichten, wenn er gesund ist“.
Maximilian Mittelstädt (27) ist der Aufsteiger des Länderspiel-Doppelpacks. Mit zwei guten Vorstellungen betrieb er perfekte Eigenwerbung. Gegen die Niederlande leitete ein schlampiger Pass auf Tah zwar erst den Rückstand ein, doch mit einem Kracher in den Winkel gelang ihm der Ausgleich. „Ich hatte das Gefühl: Wenn Jamal mir den Ball spielt, wollte ich ihn genau da oben rein haben. Das war ein schönes Tor. Wir haben sehr viele Ecken-Varianten geprobt, der Treffer war zu 90 Prozent einstudiert.“
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Nach seinem ersten Länderspiel musste der Stuttgarter übrigens traditionell eine Rede vor dem Team halten. „Ich habe mich bedankt bei den Jungs, beim Staff und beim Trainerteam dafür, dass sie mich so gut aufgenommen haben. Ich habe gesagt, dass ich sehr stolz bin, hier zu sein. Singen musste ich allerdings noch nicht“.
TV-Moderator und Podcast-Produzent Tommi Schmitt (35) tummelte sich nach dem Spiel auch im Medienbereich. Torschütze Füllkrug unterhielt sich angeregt mit dem Wahl-Kölner. Der hat zur Debatte um die neue Tormusik übrigens auch eine Meinung. „Wir haben keine Ultra-Gruppierung, keine Fanszene und es entsteht keine Fanseele rund um die Nationalmannschaft.“ Daher könne ein Lied wie „Major Tom“ helfen. „Ein bisschen mehr Bierkönig während der EM in die Stadien lassen, das könnte funktionieren.“
Füllkrug hatte sogar noch einen anderen Vorschlag parat. „Es hat Spaß gemacht und war schön, die eigenen Fans dabei zu haben“, sagte er: „Man hat gemerkt, es entsteht eine Euphorie, die Leute sind anders drauf, wir wurden sehr positiv empfangen. Jetzt brauchen wir nur noch einen Vorsänger.“
Der Stürmer wünscht sich einen sogenannten Capo für die Nationalmannschaft. „Man hat gemerkt, die Leute wollten uns anfeuern und uns unbedingt positive Gefühle auf den Platz geben, aber die sind nicht auf einen Nenner gekommen. Also brauchen wir eine kleine Gruppierung, die den Takt vorgibt für die EM.“
Länderspiele sind immer Treffpunkt vieler Größen aus dem Fußball-Bereich. Ex-Bundestrainer Joachim Löw (64) verfolgte die Partie an der Seite seines Beraters Harun Arslan. Auffällig: Jogi braucht inzwischen eine Brille, um das Geschehen zu verfolgen.
Der Wirbel um die Weltmeister von 1974 hallte auch am Dienstag nach. Der DFB hatte alle Helden von München zum Wiedersehen mit den Niederlanden eingeladen, doch die fühlten sich dabei nicht genug gewürdigt. Berti Vogts (77) wollte eigentlich kommen, um die Situation auch vor Ort noch mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf (62) zu besprechen. Doch der Ex-Bundestrainer sagte auch noch kurzfristig ab.
Immerhin war Wolfgang Kleff (77) zum Spiel gekommen. Vor dem Spiel plauderte der Keeper bei Partner Volkswagen launig über die Zeit vor dem Titel in der Sportschule Malente. Zudem machte er sich für Keeper Marc-André ter Stegen (31) stark und verwies auf die Verletzungsanfälligkeit von Manuel Neuer (38).