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„Können wir uns nicht gefallen lassen“Völler nagelt Team zusammen – Nagelsmann mit düsterer Prognose

Rudi Völler steht in Wien auf der Tribüne.

Sportdirektor Rudi Völler erlebte am Dienstag (21. November 2023) ein erneutes Debakel der Nationalmannschaft.

Bundestrainer Julian Nagelsmann sieht auf die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nach dem missglückten Jahresabschluss bis zur EM 2024 noch „unfassbar viel Arbeit“ zukommen.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Es war schon fast Mitternacht, als Julian Nagelsmann (36) am Dienstag (21. November 2023) immer noch im Pressekonferenzraum des Ernst-Happel-Stadions saß und über die 0:2-Niederlage gegen Österreich sprach.

„Ich habe es nicht bereut, den Job angenommen zu haben, es macht mir Spaß“, sagte der Bundestrainer. „Wir müssen uns da rausarbeiten, mit allem, was wir haben. Das wird die nächsten dreieinhalb Monate nicht so leicht. Ich bin traurig, aber nicht frustriert“.

Deutschland mit nur drei Siegen in diesem Kalenderjahr

Unter dem Ex-Bayern-Coach wurde nur eines von vier Spielen gewonnen, das ist der schlechteste Start eines Bundestrainers seit Erich Ribbeck (86) vor 24 Jahren. Nach der sechsten Niederlage des Jahres taumelt die Truppe Richtung EM.

Alles zum Thema Julian Nagelsmann

Einige Meter vom Trainer entfernt baute sich Rudi Völler (63) deshalb vor der deutschen Kabine auf. „Es geht vordergründig gar nicht um das nackte Ergebnis, aber die Art und Weise, das ist nicht schön, dass können wir uns nicht gefallen lassen und das muss auch besser werden“, schimpfte der DFB-Sportdirektor.

„Es wird uns nur gelingen, eine gute EM zu spielen und die Menschen wieder auf unsere Seite zu ziehen, wenn wir das machen, was die Türken und die Österreicher gemacht haben: Die fünf Prozent, die wir in den Klubs weniger machen, hier mehr zu machen“. Knapp sieben Monate vor der Heim-EM stimmt bei der Nationalmannschaft weiterhin nichts.

Nagelsmann stimmte die deutsche Fußball-Nation schon einmal darauf ein, dass das Turnier erneut enttäuschend ablaufen könnte. „Wir müssen akzeptieren, dass wir unfassbar viel Arbeit haben auf allen Positionen. Es wird bis zum Sommer nichts leicht von der Hand gehen. Es geht nur über sehr harte Arbeit und sogenannte deutsche Tugenden und darum, nicht in Schönheit zu sterben“, sagte er nach dem Debakel von Wien.

Deutschlands Bundestrainer Julian Nagelsmann spricht bei der Pressekonferenz nach dem Spiel.

Nach der Niederlage gegen Österreich versuchte Julian Nagelsmann die Lage bei der Nationalmannschaft einzuordnen.

Ähnlich sah auch Völler das Grundübel. „Es geht nicht darum, ob man mit einer Dreier- oder Viererkette spielt, oder ob Kai Havertz linker Verteidiger spielt, das ist nicht der Punkt. Der Punkt sind diese fünf oder zehn Prozent, die haben uns in beiden Spielen gefehlt. Daran müssen wir arbeiten“, sagte er. Nur, wenn „jeder für sich noch eine Schippe drauflegt“, sei die Mannschaft auf hohem Niveau konkurrenzfähig.

Die Bilanz des DFB-Teams in diesem Kalenderjahr ist gruselig. Ein 2:0-Sieg gegen Peru unter Hansi Flick, ein 2:1 gegen Frankreich unter Völler, ein 3:1 gegen die USA unter Nagelsmann. Der Rest waren Enttäuschungen und viele Gegentore.

Julian Nagelsmann: „Wir werden nicht zu Verteidigungsmonstern“

„Wir werden bis Sommer nicht zu Verteidigungsmonstern“, schlug Nagelsmann bereits Alarm. Deshalb will er wohl in Zukunft bei der Balance des Teams ein wenig fußballerisches Können opfern. „Wenn man die ganzen Talente sieht, die wir haben, die ganzen Zauberer – die wuppen es normal, wenn es nicht schon seit Jahren so läuft, wie es läuft. Vielleicht müssen wir auf zwei Prozentpunkte Talent verzichten und zwei mehr ‚Worker‘ reinwerfen.“

Den Vorwurf, dass die jüngsten Blamagen mit seinem anspruchsvollen Coaching zusammenhängen, stritt er ab. „Das hat nichts mit Überforderung oder Taktik zu tun, sondern mit Wachsamkeit und Bereitschaft. Wir sind eine gute Gruppe und beim Überschreiten der Linie habe ich schon das Gefühl, dass wir noch zu viele Einzelkämpfer sind.“

Auch wenn sich der Bundestrainer bemühte, nach seinem vierten Länderspiel nicht schon komplett resignierend zu wirken, steckte in vielen seiner Aussagen doch enorm viel Ratlosigkeit. „Die Mannschaft ist nicht befreit. Wir sind nicht diese Einheit, die wir außerhalb auf dem Platz sind. Wir strotzen nicht vor Selbstvertrauen, das ist einfach Fakt. Jeder ist mit sich beschäftigt, was natürlich auch aufgrund der jüngeren und mittleren Historie ein Stück weit normal ist.“

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Im Training sehe alles gut aus. „Aber den Transfer aufs Feld kriegen wir nicht gut hin“, klagte der Flick-Nachfolger. „Wenn wir eine solch absurde Ballverlustrate haben, geht die Rechnung nicht auf.“ Der viermalige Weltmeister hat in den vergangenen zehn Länderspielen 22 Gegentore kassiert.

„Vielleicht liege es an den Spielertypen“, vermutete Völler. Möglicherweise habe sich die Mannschaft nach den ersten guten Spielen unter Nagelsmann auf der USA-Reise „ein bisschen gesonnt und ausgeruht“. Die Art und Weise sei „nicht schön, das muss im März besser werden“.