Die EM-Stimmung in den Städten ist beeindruckend. Überall feiern die Fans friedliche Partys. Bei der Mobilität im Land brauchen sie aber starke Nerven und ganz viel Zeit. Ein Kommentar zur Lage auf der Schiene.
Kommentar zum Turnier-StartParty-Stimmung überall – aber Eisenbahn-EM droht zum Fiasko zu werden
Die Schotten trinken München leer, Albanien feiert eine wilde Party in Dortmund, Oranje färbt ganz Hamburg. Von der ersten Minute entwickelt sich die Europameisterschaft im Land zu einer einzigen fröhlichen Feier der Nationen.
In allen EM-Städten singen und trinken die Fans zusammen. Es gibt tolle Bilder der Gemeinschaft, die Gäste freuen sich über Fotos mit Deutschen, tauschen gerne Fan-Utensilien. Selbst die unverschämt teuren Preise – Bier sieben Euro – stören nicht die gute Laune.
Tolle EM-Stimmung im Land – nur bei der An- und Abreise hakt es
Nur eins könnte für das neue Sommermärchen zum Dauerproblem werden. Die EM soll grün, nachhaltig und umweltfreundlich sein. Deshalb soll die Mobilität im Turnierland auf die Schiene verlegt werden. Die ersten Tage sind aber bereits jetzt ein Desaster für die Deutsche Bahn: Verspätungen, Zugausfälle und technische Probleme prägen das Bild.
Aufgrund der Hochwasser-Schäden verspäten sich alle Verbindungen im Süden um rund 30 Minuten. Aber damit nicht genug. Die Bahn-Infrastruktur ist alt und störanfällig. Hinzu kommt ein großer Personalmangel, weshalb zahlreiche im Fahrplan stehende Verbindungen einfach kurzfristig entfallen.
Wer zu den ersten EM-Spielen per Zug gefahren ist, erlebte vor allem ratlose Reisende aus dem Ausland. Dass diese trotz gültiger Tickets einfach wieder die Bahn verlassen mussten, weil die Züge plötzlich halbiert wurden und deshalb überfüllt waren, können Engländer, Schweizer und Italiener gleichermaßen nicht verstehen.
„You broke our Train“, sagte ein Schotte am Freitag lachend mit breitestem Akzent zu einem deutschen Fan, als plötzlich nichts mehr ging und alle mitten auf der Strecke aussteigen mussten. Nein, nicht die Fans haben die Bahn zerstört. Dies haben die Bundesregierungen in den letzten Jahrzehnten erledigt.
Auch in den Städten rumpelt es beim Nahverkehr. Dass nach dem ersten EM-Spiel in Köln immer wieder die Linie 1 zum Erliegen kam, weil permanent in den Zügen die Notlöseeinrichtungen an den Türen genutzt wurden, hat nicht die KVB zu verantworten. Dass aber nach dem Duell in Dortmund lange Zeit überhaupt keine Züge am Stadion vorfuhren, hätte beinahe gefährliche Folgen gehabt.
Die erste Eisenbahn-EM droht zum Fiasko zu werden. Das Schienennetz soll übrigens mit Milliardeninvestitionen grunderneuert werden. Bis 2030 soll so in Deutschland ein Hochleistungsnetz entstehen. Die Bauarbeiten starten am 15. Juli – am Tag nach dem EM-Finale.