Aktuell ist der Fernverkehr der Deutschen Bahn noch sehr stark gestört. Zahlreiche Verbindungen fallen aus oder sind verspätet. Zur EM wartet eine große Herausforderung auf das Unternehmen.
Europameisterschaft 2024Züge fallen aus und sind verspätet: Droht beim Turnier das große Bahn-Chaos?
Fußball-Fans, die in der vergangenen Woche mit dem Zug zu den Testspielen der Nationalmannschaft nach Nürnberg oder Mönchengladbach gereist sind, brauchten starke Nerven. Im Fernverkehrs-Netz der Deutschen Bahn herrscht das absolute Chaos.
„Verbindung fällt aus“, „Unwetterschäden stören den Bahnverkehr“, „Verspätung eines vorausfahrenden Zuges“, „Umleitung eines Zuges“, „Reparatur an einem Signal“ – nahezu keine Verbindung kommt aktuell ohne diese Meldungen in der Bahn-App aus. Vor allem die Hochwasserlage in Süddeutschland hat den Fahrplan komplett aus dem Takt gebracht.
Das Hochwasser in Süddeutschland hat weiter große Auswirkungen
In dieser Woche startet die Europameisterschaft, Hunderttausende Fans werden zusätzlich nach Deutschland kommen und müssen zu den Spielorten, Stadien und Public-Viewing-Flächen befördert werden. Muss das Turniermotto „Vereint im Herzen Europas“ am Ende in „Vereint im Mobilitäts-Chaos“ umbenannt werden?
Die ausrichtende Uefa will beim Turnier ein Beispiel für nachhaltige Großveranstaltungen setzen. Eine besondere Rolle kommt deshalb der Deutschen Bahn zu. Fans und Mannschaften sollen so oft wie möglich per Zug zu den Stadien reisen. Aber wie will das Unternehmen, das viele vor allem mit Unpünktlichkeit und maroder Infrastruktur in Verbindung bringen, die Herausforderung bewältigen?
Bahn-Vorstand Michael Peterson macht noch in Optimismus: „Der Bahnverkehr kommt wieder ins Rollen. Wir danken allen Fahrgästen für ihre Geduld. Es kommt in der aktuellen Lage weiterhin zu Fahrzeitverlängerungen. Wir wollen auf den Hauptstrecken wieder alle Zugfahrten und damit auch das volle Sitzplatzangebot anbieten. Unsere Technik-Teams arbeiten hierfür rund um die Uhr.“
Vor dem Unternehmen stehen echte Großkampftage. In einigen Bundesländern beginnen parallel zum Turnier auch noch die Sommerferien. Um den zu erwartenden Fan-Ansturm zu bewältigen, setzen die Bahn sowie der Verkehrsverbund Rhein-Sieg und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr Sonderzüge ein.
Rund um die Spieltage wird die Bahn knapp 10.000 zusätzliche Sitzplätze pro Tag in den ICE und Intercity-Zügen anbieten. Allein 14 EM-Sonderzüge werden jeden Tag unterwegs sein, beispielsweise auf den Strecken Köln-Leipzig, Düsseldorf-Stuttgart oder Hamburg-Köln. Jeden Tag fahren nach Bahn-Angaben 180 Fernverkehrszüge mit insgesamt 110.000 Sitzplätzen Düsseldorf an. Köln kommt auf 240 Züge mit 140.000 Sitzplätzen.
Eine zusätzliche EM-Sonderlinie im Nahverkehr verbindet die vier NRW-Spielorte Köln, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Dortmund vom 14. Juni bis 14. Juli. 16 zusätzliche Fahrten gebe es durch diese Sonderlinie täglich pro Richtung.
Bahn-Chef Peterson glaubt, dass sein Unternehmen die Herausforderung in den Griff bekommt. „Wir sind das 25. Team bei dieser EM. Seit Monaten bereiten sich fast 150.000 Mitarbeitende auf ihren Einsatz im Fußball-Sommer vor. Schon vor dem Anpfiff steht der Klimaschutz als Gewinner dieser EM fest. Alle Fans, die für ihre Reise zum Spiel auf die Bahn setzen, helfen dabei mit.“
Das Unternehmen bietet spezielle Euro-24-Tickets an, mit denen die Fahrt zum Spielort nur 29,90 Euro kostet. Mehr als 100.000 dieser Fahrkarten wurden schon verkauft. Zudem sind über 25.000 Fan-Bahncards gebucht worden. Wer diese kauft, bekommt sie kostenlos um ein Jahr verlängert, sollte Deutschland die EM im eigenen Land gewinnen. Alle Stadion-Eintrittskarten gelten übrigens als 36-Stunden-Ticket für den gesamten Öffentlichen Personennahverkehr im Verkehrsverbund des Austragungsortes.
Bleibt noch die Sorge vor Randale in Bahnhöfen und Zügen, die den Fahrplan auch gefährden könnte. Bundesweit sind knapp 6000 Beamte der Bundespolizei und rund 5400 Sicherheitskräfte an den Bahnhöfen und in den Zügen im Einsatz. Am Kölner Hauptbahnhof werden rund 200 Volunteers und sogenannte Lenker helfen.
KVB sieht Probleme kommen: „Kapazitäten sind begrenzt“
„Die Sicherheit von Fahrgästen und Mitarbeitenden steht für die DB an erster Stelle. Die DB hat langjährige Erfahrung mit Großereignissen“, sagt Peterson. In Nordrhein-Westfalen finden 20 der 51 EM-Spiele statt. Bleibt abzuwarten, ob der Konzern die Dimension dieses Heim-Turniers wirklich geschultert bekommt.
Nicht nur auf der Schiene im ganzen Land, auch in den EM-Städten dürfte es voll werden. Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks weiß, dass auch auf die KVB eine „enorme Herausforderung“ zukommt. „Wir werden alle verfügbaren Mitarbeitenden und Fahrzeuge mobilisieren sowie externe Unterstützung hinzuziehen. Aber diese Kapazitäten sind begrenzt. Je nach Turnierverlauf und abhängig vom Andrang der Menschenmassen können wir leider auch Behinderungen im Bus- und Stadtbahnverkehr nicht ausschließen.“