Vor dem Bundesliga-Hit zwischen Borussia Dortmund und Bayern München hat Sky-Experte Dietmar Hamann die Chancen beider Teams beurteilt. Der Ex-Profi spart nicht mit Kritik am Tabellenführer.
Vor Bundesliga-KlassikerHamann mit scharfer Kritik an Bayern-Star: „Kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“
Zum 111. Mal steigt am Samstag (30. November 2024) der Bundesliga-Klassiker zwischen Borussia Dortmund und Bayern München. In der Tabelle hechelt der BVB zwar aktuell zehn Punkte hinter dem Rekordmeister hinterher. Die aktuelle Form verspricht dennoch ein heißes Duell.
Die beste Heimmannschaft (sechs Spiele, sechs Siege) trifft auf das beste Auswärtsteam (fünf Siege, ein Remis). Ab 18.30 Uhr steigt im Signal-Iduna-Park der Hit, der nach den jüngsten Leistungen beider Mannschaften ein offenes Duell verspricht.
Dietmar Hamann sieht gute Chancen für Borussia Dortmund
Vor dem Knaller sprach Sky-Experte Dietmar Hamann bei einer Presserunde in Düsseldorf am Donnerstag (28. November 2024) über das Spitzenspiel. „Vor einer Woche habe ich noch auf einen 3:1-Sieg für Bayern getippt. Doch aktuell tendiere ich fast schon auf einen Dortmund-Sieg“, sagte der Ex-Profi. „Ich sage mal 2:2.“
Dortmund gegen Bayern ist auch das Duell zwischen Serhou Guirassy (28, 49 Bundesliga-Tore) und Harry Kane (31, 50 Bundesliga-Tore). Zudem stehen sich in Nuri Sahin (36) und Vincent Kompany (38) zwei der jüngsten Liga-Trainer gegenüber. Der Rekordmeister ist aktuell seit 664 Minuten ohne Gegentor. Dennoch glaubt Hamann an gute Chancen für die Gastgeber.
Das sagt Hamann …
… zur Ausgangslage: Die Dortmunder haben bei den letzten beiden Spielen Selbstvertrauen gesammelt. Sie haben nun die Chance, die Diskussionen um den Trainer, die Mannschaft, die Mentalität vergessen zu machen. Der BVB hat in den letzten beiden Spielen erstmals in dieser Saison eine Professionalität und Aggressivität an den Tag gelegt, die der Standard sein sollte. Sie müssen endlich anfangen, erwachsen zu werden und sich nicht mit Ausreden oder individuellen Fehlern zufriedenzugeben. Die Dortmunder haben einen sehr guten Kader, der den Bayern Paroli bieten kann. Dass sie aber Spiele wie gegen Union Berlin, Mainz und Augsburg verloren haben, ist eine Einstellungssache.
… das Sturm-Duell: Ich bin bekanntermaßen nicht der größte Freund des Bayern-Stürmers. Er macht die Tore, nimmt am Spiel aber wenig teil. Der Schnellste ist er auch nicht. Guirassy gefällt mir, er hat Tempo, hält die Bälle gut, bringt die Mitspieler in Szene und macht andere besser. In München würde er auch 28 Treffer erzielen. Ich weiß nicht, ob Guirassy schlechter ist als Kane. Ich denke, er steht jetzt dort, wo Kane schon seit zehn Jahren ist.
… Bayerns Flügelspieler: Ich finde, sie sind mittelmäßig in Form, bestenfalls. Olise hat gut angefangen, Sané bemüht sich, Coman hat nie eine längere Phase, in der er den Unterschied ausmacht und verletzungsfrei bleibt. Gnabry spielt auch nicht oft. Noch ein Wort zu Olise: Dass er gegen PSG ohne Schienbeinschoner aufläuft, ist eine Disziplinlosigkeit, das geht nicht und das gefällt mir nicht.
…zu Nuri Sahin: Für den Trainer ist das Spiel eine Riesen-Chance. Wenn der BVB wie in der Vergangenheit oft vier Gegentore kassiert, wird die Diskussion wieder losgehen. Dann geht es wieder um die Charakterfrage und die Qualität des Kaders. Nuri muss an der Aufgabe wachsen, ich traue ihm das zu. Er muss zeigen, dass er eine Mannschaft auf Dauer führen kann. Da geht es nicht um Trainingsinhalte, dafür hat er Co-Trainer. Er muss Autorität zeigen. Mein Gefühl ist, dass er immer noch gerne viel erklärt. Als Chef sollte er mehr zusehen. Wenn er dann was sagt, müssen alle die Ohren spitzen.
… zu Manuel Neuer: Er spielt mit unglaublich viel Risiko und hat zuletzt einige Situationen gehabt, wo das ganze Stadion den Atem angehalten hat. Solche Aktionen, dass er da Ausflüge an den Mittelkreis macht, gefallen mir nicht. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Es gab keine Not und war absolut unnötig, so ein Risiko zu gehen. Für mich hat das mit Torwart-Spiel nichts zu tun. Es hat in dieser Saison schon einige Situationen gegeben, wo er an Gegentoren Schuld war oder Glück hatte, dass wie in Bochum Kimmich den Ball noch von der Linie gekratzt hat. Sein Timing hat ihn zuletzt das eine oder andere Mal im Stich gelassen.
… Bayerns Verfassung: Sie wissen derzeit, dass sie wenige Tore schießen müssen, um ein Spiel zu gewinnen. Sie sind effektiv und effizient, fegen die Gegner aber nicht vom Platz. Sie werden bald wieder ein Gegentor kassieren, vielleicht schon am Samstag. Zuletzt hatten sie nicht die Qualität an Gegnern, die sie gefährden konnten. Ich traue der Sache nicht. Natürlich verlierst du keine Spiele, wenn du keine Tore kassierst. Zuletzt haben sie die Gegner mit ihrer Überlegenheit erdrückt. Aber du musst sie zu Fehlern zwingen.
… der BVB-Matchplan: Es wird unglaublich wichtig, dass sie die Bayern zum Laufen bringen und zu Fehlern zwingen. Ich gehe davon aus, dass sie im Zentrum mit Nmecha und Sabitzer spielen. Dann würde ich Beier für den verletzten Brandt auf die Zehn zurückziehen, Guirassy vorne bringen und auf den Außen Gittens und Malen. Sich hinten reinstellen gegen Bayern funktioniert nicht. Mit vier Offensiven zu starten, wäre ein Zeichen, dass man sich nicht verstecken will.
… Felix Nmecha im Vergleich zu Joshua Kimmich: Ich sehe Kimmich einfach nicht im Mittelfeld. Er hat das als Rechtsverteidiger herausragend gemacht und da wundert es mich schon, dass er wieder in der Mitte spielt. Nmecha ist wie eine Neuverpflichtung und hat Qualitäten wie kaum ein anderer. Er ist schnell und zweikampfstark. Wenn er gesund bleibt, dann kann er bei der WM unsere Chancen um einiges erhöhen.