Fortuna-Fans immer noch sauerDFB erklärt sich zur Kiel-Entscheidung: „Kniffliger Grenzfall“

Schiedsrichter Sven Jablonski betrachtet beim Spiel Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf eine Szene am Video-Bildschirm.

Schiedsrichter Sven Jablonski betrachtet am Samstagabend (11. Mai 2024) beim Spiel Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf eine Szene am Video-Bildschirm.

Eine Schiedsrichter-Entscheidung beim Zweitliga-Topspiel Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf hat für hitzige Diskussionen gesorgt. Jetzt hat sich der DFB zur umstrittenen Szene geäußert.

von Anton Kostudis  (kos)

Diese Szene hat die Fortuna-Fans mal so richtig auf den Baum gebracht! Auch drei Tage nach dem 1:1 der Düsseldorfer im Auswärts-Kracher bei Holstein Kiel (11. Mai 2024) hadern die Rot-Weißen noch mit einer denkbar strittigen Schiedsrichter-Entscheidung.

Hintergrund: Im Zweitliga-Showdown ging es um alles oder nichts! Kiel konnte vor heimischem Publikum den ersten Bundesliga-Aufstieg der Klub-Historie perfekt machen. Fortuna wiederum mit einem Sieg die Chance auf ein „Fern-Endspiel“ mit den Norddeutschen am letzten Spieltag erwirken.

Fortuna Düsseldorf: DFB erklärt sich zur Elfer-Entscheidung in Kiel

Am Ende jubelten die Kieler und starteten ihre feucht-fröhliche Aufstiegs-Sause. Doch nach Meinung vieler Fußball-Fans blieb am Ende ein ganz, ganz fader Beigeschmack. Streitpunkt war eine Szene aus der Anfangsphase der Partie.

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Das war passiert: Fortunas Stürmer Vincent Vermeij (29) hatte in der vierten Spielminute einen Querschläger im gegnerischen Sechzehner in Richtung Tor geköpft. Holstein-Verteidiger Patrick Erras (29) ging dazwischen, bekam den Ball dabei allerdings an den Arm. Von da sprang er an seinen Fuß und anschließend ins Tor-Aus. Referee Sven Jablonski (34) entschied auf Eckstoß – und blieb auch nach eingehender Betrachtung der Video-Bilder am Spielfeldrand bei seiner Entscheidung. Was viele Fortuna-Fans bis heute fassungslos zurücklässt.

Denn viele Anhängerinnen und Anhänger der Fortuna sind der Überzeugung: Jablonskis Entscheidung hat das Spiel maßgeblich beeinflusst. Die Fortuna lag zu diesem Zeitpunkt bereits 0:1 zurück, Benedikt Pichler (26) hatte den Rot-Weißen schon nach zwei Zeiger-Umdrehungen per Kopf die kalte Dusche verpasst.

Aber: Hätte Jablonski das Handspiel als strafbar eingestuft, hätte es nicht nur Elfmeter und damit die schnelle Chance auf den Ausgleich gegeben, sondern obendrein auch einen Platzverweis für Erras. 85 Minuten Überzahl für Düsseldorf bei einem möglichen 1:1 vom Punkt – wer weiß, wie der Zweitliga-Gipfel dann geendet hätte.

Am Ende kam es anders. Christos Tzolis (22) egalisierte die Partie in der zweiten Halbzeit noch für Fortuna, zu mehr reichte es für die Rot-Weißen am Ende aber nicht. Weswegen die Düsseldorfer nun in der Relegation um die ersehnte Bundesliga-Rückkehr kämpfen müssen.

Der große Elfer-Klau von Kiel? Oder doch eine regelkonforme Entscheidung? EXPRESS.de hat beim DFB nachgehakt. „Aus regeltechnischer Sicht liegt hier ein kniffliger Grenzfall vor, in dem es Argumente für beide Entscheidungen gibt“, erklärte Schiedsrichter-Sprecher Alexander Feuerherdt (54).

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Der DFB-Sprecher schilderte zunächst noch einmal die strittige Szene aus seiner Sicht: „Als Vincent Vermeij den Ball aufs Tor köpft, unternimmt Patrick Erras im Sprung mit hochgezogenem linken Bein den Versuch, den Ball abzuwehren. Beide Arme hat er im Sprung vor den Körper geführt, wobei der linke Arm angewinkelt und der rechte Arm ausgestreckt ist. Der Ball springt gegen Erras‘ linke Hand und von dort gegen den linken Fuß, dann geht er am Tor vorbei.“

Für viele Fans war der Fall derweil klar: Erras hatte ein mögliches Fortuna-Tor klar mit der Hand verhindert. Doch DFB-Mann Feuerherdt verweist auf das Regelwerk: „Ob der Ball ohne das Handspiel aufs Tor gekommen wäre oder nicht, ist regeltechnisch nicht von Belang. Maßgeblich ist hier nach Regel zwölf lediglich, ob Absicht oder eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers vorlag – also die Armhaltung und -bewegung. Dass Erras bei seinem Einsatz das Risiko eines Handspiels eingegangen ist, lässt sich gleichwohl nicht von der Hand weisen. Für den Schiedsrichter diente die Bewegung und Haltung des linken Arms aber nicht dazu, gegebenenfalls den Ball aufzuhalten oder abzulenken, sondern lediglich der Unterstützung des Sprungs mit dem Bein zum Ball.“

Deswegen sei Jablonski auch nach Ansicht der Video-Bilder bei seiner ursprünglichen Entscheidung auf dem Platz geblieben: „Schiedsrichter Sven Jablonski hat bereits auf dem Feld wahrgenommen, dass es einen Ballkontakt mit der linken Hand gab. Nach seiner Bewertung lag jedoch keine Absicht vor, weil Erras den Arm nicht zum Ball geführt hat, und darüber hinaus auch keine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche vorlag. Vielmehr hat es der Unparteiische so eingeschätzt, dass die Armhaltung sich aus einer natürlichen Sprungbewegung zum Ball ergab und Erras das Ziel hatte, den Ball mit dem linken Bein zu blocken“, so Feuerherdt.

Fortuna Düsseldorf

Die Karriere von Daniel Thioune

Daniel Thioune zeigt sich zufrieden nach dem Heimspielsieg gegen Sandhausen.

Wir stellen Ihnen den Fußball-Trainer Daniel Thioune vor und zeigen die Stationen seiner Karriere.Das Foto zeigt Thioune beim Heimspielerfolg gegen den SV Sandhausen am 12. Februar 2023.

Der Offenbacher Kai-Uwe Giersch (l) wehrt in letzter Sekunde den Angriff des Osnabrücker Daniel Thioune vor dem Tor ab.

Am 21. Juli 1974 wurde Daniel Thioune in Georgsmarienhütte, im Landkreis Osnabrück geboren. Mit sechs Jahren begann er seine fußballerische Laufbahn bei Raspo Osnabrück. Praktisch: Er wohnte gegenüber vom Trainingsgelände des Vereins. Nach Raspo Osnabrück folgten noch zwei weitere Osnabrücker Vereine, bis ihn 1996/1997 der Regionalligist VfL Osnabrück verpflichtete, mit dem er nach dem Entscheidungsspiel gegen die Kickers Offenbach in die 2. Bundesliga aufstieg.Das Foto entstand am 19. Juni 1999.

Daniel Thioune gegen Niko Kovac in der 2. Runde des DFB-Pokals 2001.

Nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga gab Thioune in der Saison 2000/2001 sein Liga-Debüt und erzielte in 22 Einsätzen, zehn Tore. Nach dem Abstieg des VfL blieb er erst noch ein Jahr und wechselte dann zum Zweitligisten VfB Lübeck, bei dem er in zwei Jahren 47 Ligaspiele bestritt und acht Tore erzielte.Das Bild zeigt Thioune im Duell mit Niko Kovac im Spiel gegen den FC Bayern, am 12. Dezember 2001.

Daniel Thioune jubelt auf dem Rasen kniend im Pokal-Halbfinale gegen den SV Werder Bremen.

Seinen größten Erfolg als Spieler feierte Thioune aber im DFB-Pokal. In der Saison 2003/04 erreichte er unter Trainer Dieter Hecking mit dem VfB Lübeck das Halbfinale. Am 16. März 2004 unterlag der Außenseiter dem späteren Double-Sieger Werder Bremen trotz zweimaliger Führung in der Verlängerung mit 2:3.

Daniel Thioune kämpft um den Ball.

In der Saison 2004/05 wechselte er zum damaligen Zweitligisten LR Ahlen. Nach dem Abstieg 2006 in die Regionalliga folgte 2007/08 der Aufstieg Thiounes als Kapitän seiner Mannschaft. Das Foto zeigt Thioune im Zweitligaduell mit dem FSV Frankfurt am 12. Dezember 2009. Als sich Thioune mit 36 Jahren schwer verletzte, beendete er 2010 seine Karriere in Ahlen.

Emmanuel Iyoha und Daniel Thioune klatschen nach der Auswechslung ab.

Nach den Anfängen seiner Trainerkarriere in den Junioren-Teams seines Ex-Klubs VfL Osnabrück, übernahm Thioune Ende 2017 den Cheftrainer-Posten beim VfL, der auf einem Abstiegsplatz stand. Das Foto mit Emmanuel Iyoha, der damals von Fortuna Düsseldorf an Osnabrück verliehen war, entstand am 24. Februar 2018.

Daniel Thioune wird von seinen Spielern bei der Pressekonferenz mit Bier überschüttet.

Weniger als ein Jahr brauchte Daniel Thioune für den größten Erfolg seiner bisherigen Trainerkarriere. Nach seiner Übernahme im Herbst 2017 gelang ihm in der folgenden Spielzeit mit dem VfL Osnabrück überraschend der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Der VfL gewann dabei unter Thioune 22 seiner 38 Spiele und stieg mit 76 Punkten als Drittliga-Meister auf. Nach dem entscheidenden Sieg am 24. April 2019 kam der Chef-Trainer um eine Bierdusche nicht herum.

Daniel Thioune bei der Vorstellung im Volksparkstadion.

Nach der Meisterschaft in der 3. Liga hielt Thioune mit dem VfL in der Saison 2019/20 die Klasse. Der Hamburger SV, der zurzeit auf Trainersuche war, zog daraufhin am 6. Juli 2020 die im Vertrag feststehende Ablösesumme von 300.000 Euro und holte Thioune in die Hansestadt. Die Vorstellungen des Traditionsvereines verfehlte der gebürtige Osnabrücker jedoch und musste bereits drei Spieltage vor Ende der Saison seine Koffer wieder packen.

Daniel Thioune und Bakery Jatta klatschen sich nach der Auswechslung ab.

Neben dem Platz gab Thioune in Hamburg jedoch für eine gute Figur ab und setzte sich für seinen Schützling Bakery Jatta ein, der unter Verdacht stand, bei seiner Einbürgerung eine falsche Identität angegeben zu haben. Unter anderem sorgte er dabei für den Fußball-Spruch des Jahres, nachdem mehrere Zweitligisten gegen den HSV Einspruch erhoben: „Wer es nicht schafft, gegen den HSV zu punkten, sollte nicht auf dem Rücken eines Flüchtlings, der niemandem etwas getan hat, versuchen, einen Vorteil herauszuholen, sondern besser auf die eigenen sportlichen Fehler schauen.“ Das Foto zeigt Thioune und Bakery Jatta am 18. Januar 2021.

Der neue Cheftrainer Daniel Thioune leitet sein erstes Training bei Fortuna Düsseldorf.

Nach seiner Entlassung in Hamburg im Frühjahr 2021, blieb Thioune bis zum Februar 2022 ohne Job. Fortuna Düsseldorf spielte eine schwache Zeitliga-Saison und schasste Trainer Christian Preußer auf Platz 16. Mit der Fortuna legte Thioune gleich eine Siegesserie hin und landete mit der Fortuna noch auf Platz zehn. Das Foto stammt vom ersten Fortuna-Training unter seiner Leitung am 9. Februar 2022.

Thioune motiviert seine Mannschaft aus der Trainerzone im Spiel gegen den 1. FC Magdeburg.

Mit der Fortuna einigte sich Thioune am 26. Januar 2023 vorzeitig auf eine Vertragsverlängerung bis 2025. Das Bild stammt vom Heimsieg gegen den 1. FC Magdeburg am 27. Januar 2023.

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Der Schiri-Sprecher, den viele Fußball-Fans vor allem vom Regel-Blog „Collinas Erben“ kennen, betonte weiter: „Hätte Erras den Ball mit dem weit ausgestreckten rechten Arm berührt, dann wäre das Handspiel ohne Zweifel strafbar gewesen. Der linke Arm war angewinkelt, mit nach vorne geführtem Unterarm. Für eine Sprungbewegung mit dem ausgestreckten Bein zum Ball ist diese Armhaltung durchaus normal, somit liegt nicht zwangsläufig eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers vor.“ Letztendlich habe die Szene Jablonski „den Ermessensspielraum gegeben, das Handspiel nicht als strafbar zu bewerten“, ergänzte Feuerherdt.

Vielen Fortuna-Fans dürften diese Ausführungen freilich nur ein schwacher Trost sein. Wesentlicher Grund: Immer wieder waren in den vergangenen Monaten in der ersten und zweiten Liga teils deutlich weniger klare Handspiele als strafbar gewertet worden. Spieler, Trainer, Offizielle und Fans – kaum einer blickt noch durch. Zumindest die Schiedsrichter sollten es doch aber tun.