Bleibt Julian Nagelsmann Bundestrainer? Dessen Kölner Berater Volker Struth blickt auf die Verhandlungen vor einem halben Jahr zurück und kündigt eine rasche Entscheidung an.
„Nicht nur Bayern München“Nagelsmann-Berater Struth spricht über Kampf um den Bundestrainer
Wie entscheidet sich Julian Nagelsmann (36)? Kehrt er zurück zum FC Bayern München oder nimmt er das Angebot des Deutschen Fußball-Bundes an und bleibt bis zur WM 2026 Bundestrainer?
Der Kölner Berater Volker Struth (58) betreut Nagelsmann und hat nun eine Entscheidung für die kommenden Tage angekündigt. „Das wird sich in den nächsten Tagen entscheiden. Das entscheidet sich zeitnah. In den nächsten fünf, sechs, sieben Tagen“, sagte Struth in der 17. Folge von „Spielmacher – der EM-Podcast von 360Media mit Sebastian Hellmann“.
Volker Struth: Nicht nur Bayern München kämpft um Nagelsmann
„Es wäre ja totaler Quatsch zu sagen, dass wir uns nicht mit Interessenten unterhalten. Ohne dass ich jetzt sagen möchte, wer die Interessenten sind. Ich kann nur sagen, es ist nicht nur Bayern München“, sagte Struth. „Das ist normal. Das ist mein Job und es wäre den Medien gegenüber ein Stück weit Verarsche, wenn man sagen würde, wir führen keine Gespräche. Natürlich führen wir jetzt Gespräche.“
Auf die Frage, was er Julian rate, sagte der Kölner: „Das zu tun, was ihn am meisten inspiriert, wo er für sich glaubt, dass das jetzt zur richtigen Zeit der richtige Ort ist, wo er vom Bauchgefühl her seine meisten Argumente, die dafür sprechen, empfindet.“ DFB-Sportdirektor Rudi Völler (64) zeigt sich nicht chancenlos.
Mögliche Interessenten würden sich auch direkt bei Nagelsmann melden. „Die rufen auch Julian an. Man darf das ja nicht so interpretieren, als wenn der irgendwo versteckt in irgendeinem Gebäude sitzt und keiner kommt an ihn ran. Die Parteien, die an einer Zusammenarbeit mit Julian interessiert sind, die rufen auch schon selbst an und sind selbst mit ihm in Kontakt. Das ist auch richtig so, denn egal, wer das wird, die arbeiten ja später zusammen.“
Im Podcast blickt Struth auch noch einmal auf den Prozess zurück, wie es war, als der DFB damals seinen Klienten zum Bundestrainer gemacht hat. Zwei Tage nach Deutschlands 2:1-Sieg gegen Frankreich unter Aushilfs-Bundestrainer Rudi Völler war Struth gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Sascha Breese nach Dortmund gefahren, wo erstmals ein Treffen mit den DFB-Entscheidern stattfand.
„Das war auf jeden Fall eine emotionale Fahrt von Köln nach Dortmund. Es ging nicht um einen Spieler, wobei auch das wird immer Emotionen in mir erzeugen, wenn ein Transfer vorbereitet wird oder eine Verlängerung. Aber hier ging es um den Termin, der darüber entscheidet, ob ein Mensch, den wir begleiten, neuer Bundestrainer wird. Und: Wir haben ja 2024 nicht irgendeine WM, sondern wir haben eine EM in unserem eigenen Land. Das alles zusammen hat schon zu Emotionen geführt. Aber wir hatten noch einen Vertrag mit Bayern München, der noch drei Jahre lief und nicht schlecht dotiert war. Und eines war klar: Das Ganze geht nur, wenn da richtig Federn gelassen werden, also finanziell. Und dann waren wir einfach mal gespannt, was da jetzt auf uns zukommt.“
Am Ende habe die Emotion gesiegt. „Ein Rechnungsprüfer oder jemand, der das rein wirtschaftlich betrachtet, der hätte uns eingeliefert damals, nachdem wir das gemacht haben. Hier ging es um die Entscheidung: möchtest du Bundestrainer werden und die deutsche Nationalmannschaft zur Europameisterschaft führen? Wenn ja, wenn du da Bock draufhast, dann sei dir bewusst darüber, dass du hier auf sehr, sehr viel Geld verzichten muss.“
Struth weiter: „Klar lässt du da einen Vertrag liegen, aber der Preis dafür ist, dass du der Bundestrainer bist und diese Mannschaft zur Europameisterschaft begleiten kannst. Und Julian und wir auch, sind selbstbewusst genug, um zu sagen: nach der Europameisterschaft geh’ ich ja nicht in Rente. Sondern: ich bin ein junger Trainer. Und nach der Europameisterschaft gucken wir mal weiter.“
Hans-Joachim Watzke (64) und Bernd Neuendorf (62) haben damals die Kölner Delegation empfangen. „Sie sagten: Danke, dass Sie gekommen sind. Schön, dass Sie da sind. Und der zweite Satz war: Wir würden gerne mit Ihnen, damals haben wir uns noch gesiezt, erörtern, ob es eine Möglichkeit gibt, dass Julian Nagelsmann unser neuer Bundestrainer wird. Alleine dieser Satz – wow! Bundestrainer. Das ist für mich etwas Neues, aber auch etwas Besonderes.“
Julian Nagelsmann: Bundestrainer-Job wurde in Köln entschieden
Ein paar Tage später gab es am 19. September das nächste Treffen, bei Struth in Köln. „Es ist gut abgeriegelt. Das haben wir alles gut durchdacht. Ich habe ja auch eine Garage und da kann man reinfahren und dann kann man von der Garage ins Haus gehen. Ich habe ein großes Frühstück vorbereitet, selbst gemacht. Auch das war ein schöner Moment. Bei mir auf der Terrasse sitzt Rudi Völler mit Julian Nagelsmann, und wir haben dann drinnen, Sascha und ich mit Bernd Neuendorf, versucht, weiter Lösungen bezüglich der Vertragsinhalte zu finden.“ Bei diesen Verhandlungen hat der DFB-Präsident dann dem Berater das Du angeboten.
Nach diesem Treffen in Lindenthal sei es alles ganz schnell gegangen. Das Treffen in seinem Haus habe drei, vier Stunden gedauert. „Die Herren sind dann gefahren. Sascha, Julian und ich, wir sind noch bei mir geblieben. Und dann haben wir uns noch mal ein paar Minuten hingesetzt und haben das ein bisschen sacken lassen. Dann hat Julian innerhalb von ein paar Minuten gesagt, komm, lass uns das machen.“
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Vor allem Völler habe großen Anteil an der Einigung gehabt, führte Struth aus. „Julian kannte das ja aus seiner Zeit bei den Bayern, da war er oft ein bisschen lost, ein bisschen allein gelassen. Rudi hat ihm direkt das Gefühl geben, wir machen das hier zusammen. Julian kann das sein, was er sein möchte, nämlich Trainer. Der möchte sich auf den Sport konzentrieren. Er möchte mit den Jungs arbeiten. Er möchte Spiele gewinnen und nicht den Politiker mimen, den er bei den Bayern oft mimen musste.“
Gerade diese Entlassung beim FC Bayern habe viel in Nagelsmann verändert, führte Struth aus. „Ich glaube, dass Julian in dieser Zeit für sich auch sehr stark reflektiert hat, was habe ich da für eine Rolle eingenommen? Was würde ich in Zukunft nicht mehr so machen, wie ich es getan habe? So entwickeln sich Persönlichkeiten. Ich sage immer: in der Entwicklung eines Menschen gibt es keine Fehler. Es gibt nur Erfahrungen. Der Fehler wäre, wenn du die Erfahrung nicht zulässt. Ich glaube, dass er da sehr stark war. Mir haben auch sehr viele Leute gesagt, die Julian kennen, dass er sich auch noch mal in seiner Persönlichkeit entwickelt hat.“