Der Ton zwischen Profi-Fußball und Politik wird in der Corona-Debatte immer schärfer. Aus der Bundesliga gibt es vermehrte kritische Stimmen, ein Vereinsboss schoss jetzt allerdings über das Ziel hinaus.
„Clown aus München“Bundesligist stinksauer: Klub-Boss attackiert Söder wegen Corona-Politik
Die Nerven liegen vor dem zweiten Corona-Winter deutschlandweit blank, auch im Fußball ist die Lage angespannt. Nach einer Erholung zu Saisonbeginn prägen Geisterspiele und eine Fan-Obergrenze jetzt wieder das Bild in der Bundesliga. Dass sich die gleichen Fehler fortwährend wiederholen, stößt den Klubs übel auf.
In den vergangenen Tagen äußerten viele Vereine ihr Unverständnis darüber, Versäumnisse der Politik jetzt ausbaden zu müssen. Dass Deutschland bei der Impfquote weit unter den Erwartungen liegt und dass Experten-Warnungen vor der vierten Welle lange ungehört blieben, bekommen nun auch die zu spüren, die seit Ausbruch der Pandemie eine deutlich steilere Lernkurve aufweisen.
Corona: Dirk Zingler schließt sich Politik-Kritik von Seifert und Baumgart an
Nach DFL-Boss Christian Seifert (52) und FC-Coach Steffen Baumgart (49), die die Politik für ihren Umgang mit der Pandemie kritisiert hatten, äußerte sich jetzt Union Berlins Präsident Dirk Zingler (57) besonders deutlich.
„Ich wünsche mir eine klare Führung. Durch Krisen muss geführt werden und dabei gut kommuniziert werden. All das tun wir nicht“, beklagte Zingler am Donnerstag (2. Dezember 2021) in einer Medienrunde: „Wir sind aber im Vollchaos.“ Für ihn sei das Abwälzen der Verantwortung auf Menschen, Veranstalter und Unternehmer kaum noch zu ertragen, befand Zingler.
Dirk Zingler attackiert Markus Söder nach Geisterspiel-Vorstoß
Eine besondere Spitze hatte er Richtung Süden parat, als er vom „Clown aus München“ sprach. Auf Nachfrage, ob damit Markus Söder (54) gemeint sei, wollte Zingler zwar nicht antworten, Zweifel am Adressaten der Worte ließ er aber kaum. Vor allem der bayrische Ministerpräsident hatte in dieser Woche bundesweite Geisterspiele für die Bundesliga gefordert und sich beim Corona-Gipfel letztlich nicht durchsetzen können.
Allerdings ist Union Berlin unter den 18 Bundesligisten der Verein, der für seinen Umgang mit der Corona-Pandemie am häufigsten Kritik und Verwunderung erntete.
Eine Woche vor dem viel kritisierten rheinischen Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach am 25. November 2021 hatte das Berliner Stadtduell gegen Hertha BSC ebenfalls vor vollen Rängen und ohne Maskenpflicht stattgefunden.
Union Berlin für Umgang mit Corona-Maßnahmen mehrfach in der Kritik
Im Mai hatte die Stadt Berlin Union zu Zeiten der Geisterspiele ein Modellprojekt mit 2000 Zuschauern erlaubt. Nach dem Einzug in die UEFA Conference League uferte das Spiel gegen RB Leipzig allerdings in eine wilde Fan-Party mit 4000 Leuten ohne Abstände und Masken aus. Bürgermeister Michael Müller (56) machte die Eisernen „mitverantwortlich“ für die Bilder.
Schon im Vorjahr war Union der Verein, der am vehementesten auf die Zuschauer-Rückkehr drängte und, anders als der Großteil der Liga, nur wenig Verständnis für die anfänglichen Maßnahmen der Politik zeigte. „Fußball mit Abstand und Maske funktioniert nicht“, weigerte sich Zingler im September 2020 schon, die Notwendigkeit der Corona-Einschränkungen einzusehen.
Selbst als die Corona-Impfung im Spätsommer vergangenen Jahres noch weit weg war, plante Union für den 25. Oktober 2020 ein viel beachtetes Testspiel ohne Abstandsgebote und Maskenpflicht vor 20.000 Zuschauern. Wegen der damals begrenzten Kapazitäten für die obligatorischen Corona-Tests sagte der Klub das als Testlauf geplante Event kurzfristig ab. (bc)