„Plötzlich Ideallösung?“Netz-Reaktionen zum Völler-Job: Heiße Debatte um DFB-Entscheidung

Rudi Völler ist zurück beim DFB. Das Experten-Gremium, dem der frühere Bundestrainer selbst angehörte, entschied sich für den Weltmeister von 1990 als Sportdirektor. Das sorgt für ein geteiltes Fan-Echo.

Rudi Völler (62) soll den deutschen Fußball in eine bessere Zukunft führen – erneut! Knapp 19 Jahre nach dem Ende seiner Amtszeit als Bundestrainer will der Weltmeister von 1990 den DFB jetzt als Nachfolger von Oliver Bierhoff (54) in der Rolle des Sportdirektors auf Vordermann bringen.

Am Donnerstag (19. Januar 2023) legte sich der größte Sportverband der Welt auf seinen neuen Entscheidungsträger fest, der vor allem als sofortige Mission die intensive Vorbereitung auf die Heim-EM 2024 angehen wird. EXPRESS.de hat einige der Reaktionen bei Twitter, Facebook und Instagram gesammelt.

DFB-Comeback von Rudi Völler intensiv diskutiert

Völler kehre „dorthin zurück, wo ich schon als Teamchef wunderbare Zeiten erleben durfte“, wie er bei der Verkündung seiner neuen Rolle erklärte. Vom Experten-Gremium um DFB-Vizepräsident Hans Joachim Watzke (63) wurde der Ex-Nationalspieler als „einer der Größten im deutschen Fußball“ gelobt.

Alles zum Thema Rudi Völler

Doch der von den Verbands-Granden erhoffte Ruck ging mit der Personalie definitiv nicht durch ganz Fußball-Deutschland. In den sozialen Netzwerken ist stattdessen auch viel Kritik zu lesen. Das obligatorische „es gibt nur einen Rudi Völler“ hielt sich mit vielen skeptischen Haltungen die Waage.Nehmen Sie hier an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Schnell wurde deutlich, dass „Tante Käthe“ bei vielen Fans immerhin deutlich mehr Sympathien genießt als sein über Jahre scharf kritisierte Vorgänger. „Bist ein sympathischer Typ, aber haust auf den Tisch, wenn es sein muss“, richtete sich eine Anhängerin bei Facebook lobend an Völler. Ein weiterer Kommentar feierte ihn als „ungemeinen Gewinn für den DFB“.

Ihre Erfolge, ihre Amtszeiten

Alle deutschen Bundestrainer seit 1926 in der Übersicht

Hansi Flick und Jogi Löw gemeinsam bei einem Interview mit ernstem Gesicht.

Die deutsche Nationalmannschaft gehört seit Jahrzehnten zu den bestbesetzten und erfolgreichsten Nationalteams der Welt. Doch wer coachte die Mannschaft schon alles? Hier eine kleine Übersicht.

Otto Nerz blickt lächelnd in die Ferne.

OTTO NERZ: Nerz war von 1926 bis 1936 Nationaltrainer (damals „Reichstrainer“) und betreute die Mannschaft bei 75 Länderspielen. Bei der WM 1934 wurde Deutschland unter seiner Ägide Dritter. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1936.

Sepp Herberger grinst und schaut in die Ferne.

SEPP HERBERGER: Herberger, zuvor Assistent von Otto Nerz, war von 1936 bis 1964 im Amt – er stand bei 162 Länderspielen an der Seitenlinie und ist der dienstälteste Bundestrainer der Geschichte. Außerdem ist Herberger der Architekt des Wunders von Bern: Unter ihm holte Deutschland bei der WM 1954 erstmals den Titel.

Helmut Schön schaut beim Fototermin lächelnd in die Kamera.

HELMUT SCHÖN: Schön war in 139 Länderspielen zwischen 1964 und 1978 für die DFB-Elf verantwortlich. Er führte Deutschland zum EM-Titel 1972 und zum Sieg bei der Heim-WM 1974.

Jupp Derwall gibt akribische Anweisungen an seine Spieler.

JUPP DERWALL: Derwall wurde 1980 mit Deutschland Europameister und trainierte die Nationalmannschaft zwischen 1978 und 1984. Er stand bei 67 Länderspielen in der Verantwortung.

Beckenbauer verfolgt das Spiel stehend am Spielfeldrand.

FRANZ BECKENBAUER: Beckenbauer gewann die WM nicht nur als Spieler (1974), sondern auch als Trainer: Von 1984 bis 1990 coachte er die deutsche Nationalmannschaft in 66 Länderspielen – mit dem Highlight des WM-Triumphs 1990 gegen Argentinien.

Bundestrainer Berti Vogts zeigt seinen Spielern beim Training der deutschen Nationalmannschaft in Bergisch Gladbach die Richtung an

BERTI VOGTS: Der Ex-„Terrier“ war zwischen 1990 und 1998 als Bundestrainer im Amt, coachte die DFB-Elf bei 102 Länderspielen. Unter ihm feierte Deutschland 1996 den EM-Titel. Hier leitet Vogts am 20. April 1998 das DFB-Training in Bergisch Gladbach.

Erich Ribbeck schaut genervt auf einer Pressekonferenz.

ERICH RIBBECK: Ribbeck ist mit einem Punkteschnitt von 1,5 der erfolgloseste Bundestrainer der Geschichte, er war von 1998 bis 2000 im Amt. Ribbeck betreute die DFB-Elf in 24 Spielen, die EM-Vorrunde 2000 beendete Deutschland unter ihm als Gruppenletzter mit einem Punkt.

Völler schaut bei einer Pressekonferenz grinsend in Richtung der Journalisten.

RUDI VÖLLER: Völler, der wie Beckenbauer als Spieler Weltmeister wurde (1990), war zwischen 2000 und 2004 Teamchef. Er bildete eine Doppel-Spitze mit Michael Skibbe, da Völler selbst keine Trainerlizenz besaß. Bei der WM 2002 verlor Deutschland im Finale gegen Brasilien. Völler stand bei insgesamt 53 Länderspielen am Spielfeldrand.

Jürgen Klinsmann ballt beide Fäuste und freut sich.

JÜRGEN KLINSMANN: Klinsmann wurde nach der verkorksten EM 2004 Cheftrainer und somit Nationaltrainer vor der Heim-WM. Er entfachte über 34 Länderspiele eine landesweite Begeisterung. Deutschland schied im Halbfinale gegen Italien aus. Nach dem „Sommermärchen“ trat er zurück.

Löw hört lächelnd einem Journalisten bei einer Pressekonferenz bei der WM 2014 zu.

JOACHIM LÖW: Löw, der schon Co-Trainer bei der WM 2006 war, wurde nach der Weltmeisterschaft 2006 zum Cheftrainer befördert. Er betreute Deutschland in 198 Spielen und führte das Team zum WM-Sieg 2014 und zum Confed-Cup-Sieg 2017. 2021 endete seine Ära nach 15 Jahren.

Hansi Flick beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen der Journalisten.

HANSI FLICK: Flick wurde der Nachfolger von Jogi Löw und sollte einen neuen erfolgreichen Zeitabschnitt prägen. Sein einziges Turnier war die WM 2022 in Katar, wo Deutschland in der Vorrunde mit nur einem Sieg aus drei Spielen ausschied. Zehn Monate später und nach nur 25 Spielen als Bundestrainer wurde Flick im September 2023 nach einer 1:4-Niederlage gegen Japan entlassen.

Rudi Völler auf dem Trainingsplatz

RUDI VÖLLER: Für ein Länderspiel (gegen Frankreich) übernahm Rudi Völler (hier im September 2023 in seiner Funktion als DFB-Sportdirektor) als Teamchef erneut die Nationalmannschaft.

Julian Nagelsmann steht vor seiner Trainerbank.

JULIAN NAGELSMANN: Der junge Trainer wurde Ende September 2023 als neuer Bundestrainer installiert und mit einem Vertrag bis nach Ende der Europameisterschaft 2024 ausgestattet, der noch vor dem Turnier bis zur WM 2026 verlängert wurde. Der Auftrag an ihn: eine ordentliche Heim-EM.

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Gefeiert wurde er aber längst nicht bei allen. Die große Kritik: Völler ist zwar ein großer und geschätzter Name im deutschen Fußball, für Innovationen und den so dringend benötigten Aufbruch steht er allerdings nicht. Auch der Wunsch nach neuen Gesichtern an der Verbands-Spitze wurde mit seiner Berufung nicht erfüllt.

Kritik an DFB-Entscheidung für Rudi Völler

„Guter Mann! Gute Besetzung! Allerdings eher vor 25–30 Jahren…“, kommentierte ein Twitter-User die Mitteilung auf dem DFB-Account spöttisch. Sarkastisch auch eine weitere Einlassung in den Kommentaren: „Wirklich innovativ! Nach der EM dann bitte Erich Ribbeck als Sportdirektor und Otto Rehhagel als Nachfolger von Hansi Flick!“

Eine Diskrepanz, die außerdem immer wieder angesprochen wurde: Völler soll die DFB-Auswahl für ihre Europameister-Mission flott machen, war in seinen vielen Jahren im Vereinsfußball aber nicht gerade als Titel-Hamster bekannt. „Du willst die deutsche Nationalmannschaft für die EM 2024 wieder titelfähig machen und holst dann den jahrelangen Manager von Bayer Leverkusen?“, fragte Moderatorin Lena Casselberger (28) verwundert.


Ein Überblick über weitere Kommentare bei Social Media:

  1. „Da habt ihr echt einen super Treffer gelandet. Rudi ist ein mega sympathischer Mensch, bodenständig und Mensch klarer Worte.“ (Facebook)
  2. „Der DFB hätte die Chance zur dringend notwendigen Erneuerung gehabt. Man brät aber lieber im eigenen Saft.“ (Twitter)
  3. „Ihr habt es ja mal richtig drauf in Sachen Neuanfang und Umbruch. Warum nicht gleich Beckenbauer oder Maier. Bloß nicht mal neue Wege gehen.“ (Facebook)
  4. „Ich denke, sein Job wird es sein, eine gute Stimmung zur Heim-EM herzustellen. Das wird er hinbekommen, da bin ich überzeugt. Und Völler ist sympathisch.“ (Facebook)
  5. „Rudi Völler wurde 2004 nicht zugetraut, die Nationalmannschaft neu aufzubauen & frischen Wind reinzubringen. Knapp 20 Jahre später soll er plötzlich die Ideallösung sein? Alles klar!“ (Twitter)
  6. „Rudi ist sicher ein guter Mensch, aber der Falsche, um nachhaltig aufzuräumen und die DFB Zukunft zu planen.“ (Facebook)
  7. „Ich frage mich bei den ganzen ,Kritikern‘ welchen Namen ihr gern lesen würdet, um mal nicht zu meckern… Völler ist ein sehr kompetenter Mann, mal schauen was passiert.“ (Instagram)
  8. „Zwei Schritte zurück, wir gehen voran. Warum so einen alten, zwar verdienten Fußballer? Warum nicht einen jungen innovativen Menschen, egal ob Frau oder Mann?“ (Instagram)

Immerhin: Praktisch unbestrittenen Zuspruch gab es für Völler aus der Fußball-Branche selbst. „Mit seiner Art und seinen Erfolgen hat er als Spieler, Trainer und Manager die Fans begeistert“, lobte Bundestrainer Hansi Flick (57), der für den Traum vom EM-Titel eng mit seinem neuen Sportdirektor zusammenarbeiten will.

Thomas Häßler (56), der 1990 den WM-Titel an der Seite von Völler geholt hatte, freute sich dagegen über die bei ihm bereits entfachte Aufbruchstimmung: „Sehr gute Entscheidung vom DFB. Rudi: guter Mann zum richtigen Zeitpunkt! Jetzt geht es aufwärts.“(bc)