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Steffen Baumgart wird Union-TrainerKultiger wird es wohl nie mehr, aber das Timing ist mies – geht das gut?

Steffen Baumgart übernimmt seinen Herzensklub. Schon wieder. Kurz nach seiner Entlassung bei seinem Lieblingsklub Hamburger SV unterschreibt der ehemalige FC-Trainer bei seinem eigentlichen Lieblingsklub Union Berlin. Kann das gut gehen?

von Denis Canalp  (can)

Nicht jeder Fußball-Trainer hat im Laufe seiner Karriere das Privileg, einmal seinen Lieblingsklub zu trainieren. Steffen Baumgart lebt diesen Traum bereits zum zweiten Mal in Folge. Nachdem er gerade beim HSV in der 2. Bundesliga entlassen wurde, steigt der Ex-FC-Coach auf, trainiert ab sofort den Bundesligisten 1. FC Union Berlin.

Gut, zugegeben: Nicht jeder Trainer hat gleich zwei Lieblingsklubs. Steffen Baumgart schon. Und er hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass zwei Herzen in seiner Brust schlagen: das vom Hamburger SV, dem Lieblingsklub seit Kindheitstagen, und das vom 1. FC Union Berlin, dem Verein, mit dem er als Spieler die schönste Zeit seiner Karriere hatte. Doch als neutraler Beobachter stellt man sich sofort die Frage: Kann das gut gehen mit Baumgart beim Kult-Klub aus Köpenick? Sind da nicht zu viele Emotionen im Spiel? Ein Kommentar.

Steffen Baumgart wird Trainer von Union Berlin: Kult-Stürmer trifft auf Kult-Klub

Kult-Trainer, der früher Kult-Stürmer war, trifft auf Kult-Klub – was bitte kann da schiefgehen? Im Grunde alles – und das ist das Problem von Baumgart, Union Berlin und der Fans.

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Die Fans an der Alten Försterei liegen Baumgart schon seit jeher zu Füßen, wählten ihn in seinen zwei Jahren von 2002 bis 2004 als Union-Profi jeweils zum Profi der Saison bei den Eisernen. Die Liebe beruht durchaus auch auf Gegenseitigkeit. Baumgart, der zuletzt den Niedergang des 1. FC Köln nicht stoppen konnte und mit dem Hamburger SV das Projekt Aufstieg verfehlte, hat seinen Wohnort nach wie vor in der Nähe des Stadions des Berliner Erstligisten. Ehefrau Katja leitete früher sogar den Fanshop der „Eisernen“, gab den Job einst für ihren Ehemann auf.

Jetzt kommt es zur kitschigen Rückkehr. Doch die birgt Gefahren, denn die Fallhöhe ist für beide Seiten gewaltig. Geht es mit Baumgart und Union schief, geht unter Umständen mehr zu Bruch als nur ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Trainer und einem Klub. Das Risiko nehmen beide Seiten in Kauf, vor allem aus Baumgarts Sicht am Ende ein verständlicher Schritt. Und auch Union wird in der Retrospektive darauf verweisen – oder zumindest heimlich denken – dass es ja irgendwann so weit kommen musste.

Doch im Fußball geht es oft um das richtige Timing. Und der Zeitpunkt für Baumgarts Engagement bei Union ist nicht ideal. Nach seinem Köln-Aus kehrte er zu schnell ins Trainergeschäft zurück. Seinem Lieblingsklub HSV konnte und wollte er nicht absagen. Das Resultat: Der HSV verpasste mit Baumgart den Aufstieg in die Bundesliga. Da das auch schon anderen Trainern in der jüngeren Vergangenheit passiert ist, durfte Baumgart in der laufenden Spielzeit erneut einen Anlauf wagen. Das Resultat: mindestens genauso ernüchternd. Noch vor der Winterpause wurde er von seinen Aufgaben entbunden.

Nach dieser emotionalen Achterbahnfahrt – und Baumgarts Zeit beim 1. FC Köln war ja auch schon durchaus emotional – wollte man Steffen Baumgart wünschen, dass er mal ein paar Monate zur Ruhe kommt, bevor er sich ins nächste Abenteuer stürzt. Doch Steffen Baumgart kann halt nicht aus seiner Haut. Und so sitzt er am 11. Januar 2025 in Heidenheim auf der Union-Bank. Wobei: Baumgart wird stehen. Er wird seine Schiebermütze und ein T-Shirt tragen. Egal, was das Thermometer anzeigt.

Nach seinem schmerzhaften HSV-Aus schmeißt sich Baumgart also direkt mit Anlauf in die nächste Welle. Was jedoch für die Liaison von Union und Baumgart spricht: Die Berliner stehen nach 15 Spielen auf Platz zwölf, haben mit 17 Punkten satte sieben Zähler Vorsprung auf Heidenheim und Relegationsrang 16. Der Klub schwebt nicht in akuter Abstiegsgefahr – und Baumgart bekommt die Chance, auf höchstem Niveau seinem angekratzten Image wieder neuen Glanz zu verleihen.

Baumgart küsste den 1. FC Köln seinerzeit wach, führte die Geißböcke sogar nach Europa – und wurde so selbst zum Thema zahlreicher Spekulationen. Baumgarts Name wurde plötzlich bei Klubs gehandelt, die vorher unerreichbar für den Trainer schienen. Zwei Stationen später musste Baumgart froh sein, dass sich überhaupt ein Bundesligist für ihn interessiert. Von daher ist der Schritt aus der Sicht des Trainers logisch und nachvollziehbar.

Bei Union Berlin war Horst Heldt als Geschäftsführer für die Trainersuche zuständig. Dass eben jener Heldt es war, der Baumgart einst nach Köln lotste, dann aber doch nicht mit seinem Wunschtrainer zusammenarbeiten durfte, ist ein weiterer Faktor für die Alternativlosigkeit der Personalie.

In Köln singen „Die Höhner“: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ So, oder so ähnlich muss auch Heldt, der Baumgarts Arbeit in Köln aus der Ferne sehr schätzte („Steffen hat den Verein aufgeweckt, er hat Unfassbares geleistet“), jetzt gedacht haben – und hat damit viele Union-Fans glücklich gemacht.