Braucht der europäische Fußball eine Reform? Sollte es die Super League geben? Im Sport1-„Doppelpass“ brachte Ex-RTL-Chef Bernd Reichart seine Argumente vor – und stieß auf Kritik.
„Das ist das toteste Pferd“Super League: Ex-RTL-Chef widerspricht Calmund im Doppelpass
Abseits der WM (ab 20. November 2022 in Katar) geht es auch im europäischen Klub-Fußball weiter um das liebe Geld. Derzeit versuchen eine Reihe von Spitzenklubs, angeführt von den spanischen Weltvereinen Real Madrid und FC Barcelona, einen neuen Vorstoß für die Super League.
Der frühere RTL-Chef Bernd Reichart (48) soll das Vorhaben vorantreiben und brachte im Sport1-„Doppelpass“ am Sonntag (20. November 2022) seine Argumente vor. „Ich glaube, der europäische Fußball kann besser organisiert werden. Die Vereine sollten die Hoheit übernehmen, wie sie das in den nationalen Ligen bereits tun. Jeder Verein kann über Auf- und Abstieg die Super League erreichen. Die UEFA hat das wieder abgelehnt. Der Vorsitzende Ceferin hat deutlich gemacht: Wir brauchen keine neuen Ideen oder Reformen, das war die Message.“
Super League: Bernd Reichart: „Finanzen der Klubs unter Druck“
Aber Reichart wirbt für eine Reform: „Corona hat die Finanzen der Klubs unter Druck gebracht. Das System finanziert sich nicht mehr von selbst. Wir wollen einen besseren Wettbewerb bauen, der die Klubs wachsen lässt.“
Doch er bekam aus der Runde Gegenwind. Experte Stefan Effenberg (54) meinte: „Für mich ist das System aus Sicht der Fans perfekt. Es hat unglaubliche Attraktivität, es sind Überraschungen drin. Champions League, Europa League, Conference League: Es sollte so bleiben wie es ist.“
Christoph Biermann (61), Fußball-Experte und Autor, hat in seinem neuen Buch „Um jeden Preis“ auch Reformbedarf festgestellt, lehnt die Super League aber ab. „Die Idee ist 30 Jahre alt, schon damals ist die Champions League mit diesen Gedanken gegründet worden. Aber das Ziel ist auch klar: Die Reichtümer bleiben im Kreis der Reichen. Das ist das toteste Pferd, auf dem man durch die Gegend reiten kann.“
Reichart entgegnet dem aber: „Die Gelder sollen über ein Solidaritätssystem der ganzen Pyramide zur Verfügung gestellt werden, es geht um effektives Financial Fairplay, das bislang nicht funktioniert.“
Biermann: „Mich stört Grundsätzliches. Ist Fußball ein Entertainment-Business? Ich meine nein. Man geht doch nicht zu Erfurt, 1860 oder Bochum wegen des Entertainments? Nein. Fußball ist Heimat, ist Identität, ist ein Kulturgut. Es geht auch um Geld. Aber doch nicht nur. Das System funktioniert nicht, weil wir es zu lange als Business betrachtet haben.“
Reiner Calmund: „Super League? Du sitzt im falschen Bus!“
Internet-Unternehmer Sven Schmidt glaubt aber, dass der Kulturgedanke nicht verfängt: „Wir sind hier nicht die Insel der Glückseligen, sind in Konkurrenz zu NFL und NBA. Und auch im Ausland macht da keiner mit.“
Ebenfalls gegen Reichart auf dem Plan: XXL-Manager Reiner Calmund (73): „Bernd, du bist Spitzenklasse in deinem Job. Aber du sitzt im falschen Bus. Die Gehälter noch weiter aufpumpen, das geht in Zukunft nicht.“
Doch Reichart bleibt bei seiner Linie: „Der ganze Fußball sitzt im gleichen Bus, wir lassen nur die UEFA den Bus fahren und die fährt in die falsche Richtung“, sagt der Super-League-Lobbyist. „Die Champions League ist kein fairer Wettbewerb, Ajax Amsterdam und kein Verein östlich von Wien kann ihn gewinnen. Real Madrid hat jede dritte Champions League gewonnen. Aber Real will den attraktivsten Fußball. Liverpool hat in den letzten 20 Jahren nur dreimal in Bernabeu gespielt – das ist doch Verschwendung!“