Drittligist Türkgücü München befindet sich im Insolvenzverfahren. Die Konkurrenz fürchtet, dass der Verein vorzeitig den Spielbetrieb einstellt. Deshalb will der 1. FC Saarbrücken helfen, Viktoria Köln hat andere Pläne.
„Das ist skandalös“Drittliga-Zoff um Türkgücü: Saarbrücken plant Finanz-Spritze, Viktoria hat andere Idee
Die Vereine der 3. Liga schauen in diesen Tagen gebannt nach München. Seit Hauptgesellschafter und Geldgeber Hasan Kivran (55) im Januar bei Türkgücü München hingeworfen hat, taumelt der Insolvenzklub dem Saisonende entgegen. Woche für Woche muss die Konkurrenz damit rechnen, dass der Verein den Spielbetrieb einstellt.
Dieses Szenario könnte weitreichende Folgen für die Liga in der Auf- und Abstiegsfrage haben. Absolviert Türkgücü noch am 33. Spieltag die Partie gegen Meppen und zieht sich erst danach zurück, blieben alle bisher absolvierten Begegnungen in der Wertung. Die restlichen fünf Spiele würden dann jeweils mit 2:0 für die Gegner gewertet.
Zieht sich der Pleite-Klub aber schon vor dem 9. April 2022 aus der 3. Liga zurück, dann würden alle bisher ausgetragenen Begegnungen gelöscht. Ein Verein wie der 1. FC Saarbrücken hätte dann beispielsweise sechs Punkte weniger auf dem Konto.
„Es wäre eine absolut unfaire Situation, wenn wir, die das Optimum aus den beiden Spielen herausgeholt haben, dann schlechter dastehen würden als Mannschaften, die sportlich weniger Glück hatten. Ein Szenario, das ich mir gar nicht ausmalen möchte“, sagt Trainer Uwe Koschinat (50).
1. FC Saarbrücken will Türkgücü München finanziell helfen
Deshalb will nun wohl Saarbrückens Boss Hartmut Ostermann (70) in die Schatulle greifen und Türkgücü laut „Bild“ 500.000 Euro spendieren, damit der Spielbetrieb lange genug finanziert werden kann. „Ich schätze Herrn Ostermann sehr“, sagt dazu Andreas Rettig (58), der Vorsitzende der Geschäftsführung bei Liga-Konkurrent Viktoria Köln gegenüber EXPRESS.de. „Aber das System des ruinösen Wettbewerbs, für den Türkgücü stand, durch Dritte am Leben zu halten, wäre keine kluge Idee.“
Nachdem die Gehälter der Münchner Spieler von Januar bis März über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit übernommen wurden, kann Türkgücü die besagten Kosten ohne neuen Geldgeber bald nicht mehr decken und müsste daher Ende März aufgeben.
Andreas Rettig: „Türkgücü stand für unseriöses Geschäftsgebaren“
Rettig hat erlebt, wie der Verein auf dem Transfermarkt agiert hat. „Da wurden Marktpreise durch unseriöses Geschäftsgebaren kaputtgemacht. Dies muss drakonisch bestraft werden. Dass dies jetzt auch noch Einfluss auf Auf- und Abstieg hat, ist skandalös. Mein Mitleid mit Türkgücü hält sich in Grenzen.“
Für den Viktoria-Boss gibt es nur einen Ausweg aus dem Dilemma. „Die fairste Lösung wäre es, die Saison ordentlich zu Ende zu spielen. Wir wären bei einem Rückzug der erste Profiteur, weil unser Spiel am 34. Spieltag ohne Einsatz für uns gewertet würde. Wir wollen aber keine geschenkten Punkte am grünen Tisch. Jetzt hilft nur noch ein radikaler Gehaltsverzicht der Profis bis zum Saisonende“, fordert Rettig.
„Die Mannschaft hat sportlich schon einige Ausrufezeichen, unter anderem mit dem Sieg gegen Magdeburg gesetzt. Jetzt bietet sich den Spielern die Chance, auch abseits des Platzes Fairplay zu zeigen.“
DFB in der Kritik: Türkgücü zweite Insolvenz nach KFC Uerdingen
Im Nachgang muss sich dann sicherlich auch der DFB kritische Fragen gefallen lassen. „Wie kann es sein, dass nach dem KFC Uerdingen schon der zweite Verein innerhalb von zwei Jahren während einer Saison in die Insolvenz geht? Hat der DFB da beim eigentlich zu Recht gerühmten Lizenzierungsverfahren nicht richtig hingeschaut?“, fragt sich nicht nur Andreas Rettig.