Wut und Enttäuschung nach EM-AusWas die bittere Niederlage gegen Spanien für Nagelsmanns Zukunft bedeutet

Deutschland ist bei der Heim-EM im Viertelfinale gescheitert. Spanien war beim Verlängerungs-Krimi am Ende reifer und cleverer. Das Auftreten der deutschen Mannschaft macht dennoch Mut für die Zukunft.

von Denis Canalp  (can)

Das ganz große Ziel hat Deutschland bei der EM im eigenen Land verpasst: Nach 1972, 1980 und 1996 sollte der vierte EM-Titel dazu kommen, doch im Viertelfinale war gegen Spanien Schluss. Anders als bei der WM in Katar 2022 und der auf dem ganzen Kontinent ausgetragenen EM 2021 blamierte sich Deutschland bei dem Turnier aber nicht. Das macht Mut für die Zukunft. Ein Kommentar.

Die Enttäuschung der Mannschaft, des Bundestrainers und die der Fans war unmittelbar nach Schlusspfiff in Stuttgart greifbar. Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich in 120 packenden Minuten zuvor eindrucksvoll ins Spiel gegen den Turnierfavoriten aus Spanien zurückgekämpft und war nah dran am Sieg – und damit am Einzug ins EM-Halbfinale.

Diese Nationalmannschaft macht endlich wieder Spaß

Doch am Ende schied Nagelsmanns Mannschaft nach dem 1:2 nach Verlängerung gegen Spanien aus und steht mit leeren Händen da. Die Enttäuschung aller Beteiligten ist nachvollziehbar. Und doch hat diese Mannschaft in den vergangenen drei Wochen Spaß gemacht. Sie hat eine Euphorie im ganzen Land entwickelt, die an das Sommermärchen von 2006 erinnert hat. Auch wenn das Wetter diesmal in großen Teilen nicht mitgespielt hat.

Alles zum Thema Julian Nagelsmann

Deutschland hatte wieder Grund, auf dieses Team stolz zu sein. Eben, weil die Spieler als Mannschaft auftraten. Als geschlossene Einheit, in der jeder für den anderen kämpft. Eine Gruppe, die gemeinsam gegen Widerstände ankämpft und sich nicht hilflos ihrem Schicksal ergibt.

Wie im Gruppenspiel gegen die Schweiz, als durch einen Kraftakt noch der Ausgleich gelang, der zum Gruppensieg reichte. Es war eindrucksvoll, wie die DFB-Auswahl Spanien in der Schluss-Viertelstunde in den eigenen Strafraum drückte und so den Ausgleich erzwang.

Am Ende waren es Kleinigkeiten, die Nagelsmann und seinem Team zum großen Wurf fehlten. Hätte Deutschland gegen Spanien in der Verlängerung einen Handelfmeter bekommen müssen? Da gehen die Meinungen von Experten auseinander, doch die Szene zeigt: Deutschland war nah dran. Das Land trug die Mannschaft durch das Turnier, Nagelsmann sprach von einer „Symbiose zwischen Fans und Mannschaft“ – und lag auch mit dieser Einschätzung richtig.

Auf diesem Turnier und der Leistung lässt sich aufbauen. Deutschland hat sich nach Jahren der Tristesse wieder in die Weltspitze katapultiert. Das ist das Verdienst von Nagelsmann, der viele gute und richtige Entscheidungen getroffen hat. Bei der Kader-Zusammenstellung hatte er das richtige Händchen, moderierte auch die Härtefälle wie Mats Hummels und Leon Goretzka geschickt. Während des Turniers schuf er um die Nationalelf eine Wohlfühl-Atmosphäre, die es wohl seit der WM in Brasilien 2014 beim DFB nicht mehr gab.

Und wer weiß? Hätte der DFB früher auf Nagelsmann gesetzt – und dieser so früher seine Mannschaft finden können –, vielleicht stünde Deutschland dann jetzt im Halbfinale. Und würde nächste Woche um den Heim-EM-Titel spielen.

Toni Kroos hört nach der EM auf, auch die Zukunft von Thomas Müller und Manuel Neuer dürfte zeitlich arg begrenzt sein. Auch Kapitän Ilkay Gündogan macht sich Gedanken um seine Zukunft im Nationalteam. Und dennoch muss sich Deutschland für die kommenden Jahre keine Sorgen machen. In Florian Wirtz und Jamal Musiala verfügt Deutschland über zwei der besten Fußballer der Welt. Und beide Youngster stehen erst am Anfang ihrer Karriere – dieses Duo alleine verspricht eine goldene DFB-Zukunft.

Mit Nagelsmann auf der Bank und dem Zauber-Duo auf dem Platz kann Deutschland schon bei der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko Großes erreichen. Das weiß auch Nagelsmann. Das zeigt seine Kampfansage bei der Pressekonferenz nach dem EM-Aus: „Dass man zwei Jahre warten muss, bis man Weltmeister wird, tut auch weh. Die Aussage gefällt euch, da werden die Augen groß – aber was soll ich anderes sagen? Natürlich wollen wir Weltmeister werden.“