EM 2021 im ZDFBreyer über Hymnen singen mit Mertesacker, Corona und Klopp-Zoff
Köln – Er hat sich als jüngster Moderator des „Aktuellen Sportstudios“ in die deutschen TV-Geschichtsbücher eingetragen. Interviews mit Fußball-Größen wie Karl-Heinz Rummenigge (65), Jürgen Klopp (53) und Ulli Hoeneß (69) gehören zu seinem Alltagsgeschäft. Die Rede ist von ZDF-Sportjournalist Jochen Breyer (38).
- Jochen Breyer moderiert das „Aktuelle Sportstudio“
- Jochen Breyer ist seit 2007 beim ZDF
- Jochen Breyer ist für die EM-Berichterstattung zuständig
Der passionierte Moderator soll gemeinsam mit Kathrin Müller-Hohenstein (55) bei der EM 2021 durch das Programm des ZDF führen.
Wie Jochen Breyer den Fußball in Zeiten des Coronavirus bewertet, wie seine Vorbereitung auf die EM 2021 abläuft und warum sich Weltmeister Per Mertesacker (36) zuletzt bei einer gemeinsamen Gesangseinlage bis auf die Knochen blamierte, verriet er im EXPRESS-Interview.
Jochen Breyer, wie sieht die Vorbereitung eines TV-Moderators auf die EM aus?
Leider ist es bei TV-Moderatoren nicht so, dass sie nach Tirol oder in eine andere schöne sonnige Region reisen dürfen, um sich dort vorzubereiten. Einen gewissen Trainingslager-Charakter hat meine eigene Vorbereitung allerdings schon. Ich schließe mich für ein paar Tage zu Hause ein und lese sehr viele Mappen über sehr viele Mannschaften und Spieler. Das hat dann natürlich schon etwas von einem Intensiv-Trainingslager.
In der jüngsten Vergangenheit ließen die Leistungen der deutschen Mannschaft zu wünschen übrig. Welche Chancen rechnen Sie dem Team von Noch-Coach Joachim Löw (61) beim Turnier aus?
Genau für solche Fragen haben wir zum Glück Experten im Studio, sodass ich sie nicht beantworten muss und da bin ich heilfroh drum (lacht). Ich bin wirklich gespannt, was wir von dieser deutschen Mannschaft erwarten können. Es erscheint diesmal alles denkbar. Dass sie schon in der Gruppe Probleme kriegt, angesichts der starken Gegner. Aber genauso, dass sie wie 2010 oder 2014 einen besonderen Turnier-Geist entwickelt.
Wie ist es um Ihr sportliches Engagement abseits des Studios bestellt? Gibt es eine Fußballvergangenheit? Wenn ja, was für ein Spielertyp waren Sie?
Ich spiele sehr gerne Fußball. Ich habe zwei Hobby-Gruppen mit Freunden. Das hat natürlich in der Corona-Pandemie sehr gelitten und ich vermisse das wirklich sehr. Wir spielen in einer alten Schulturnhalle und es macht mir wahnsinnig Spaß, zudem hält es mich natürlich auch ein bisschen fit. Mein Körper ist älter als ich aussehe (lacht). Ich hab immer mal wieder Schulter,- und Rückenprobleme und muss deshalb regelmäßig zur Physiotherapie – das war dann der „Sport“, den ich während der Corona-Pandemie gemacht habe.
Ich würde mich als laufstark bezeichnen, aber nicht unbedingt als Lionel Messi am Ball – sagen wir es mal so. Also was die Technik angeht, hab ich noch Luft nach oben, aber ich mache das mit meinem Willen wett.
Wie schwören Sie sich gemeinsam mit Ihrem Team vor einer Sendung ein?
Im besten Fall ist es so, dass wir direkt vor der Sendung, wenn die Vorbereitung abgeschlossen ist, einfach nur rumblödeln. Und es ist dann genauso wie es klingt. Gerade mit Christoph Kramer mache ich das sehr gerne. Aber auch mit Per Mertesacker. Mit Per hab ich zum Beispiel vor dem letzten Nations-League-Spiel Vereinshymnen von Bundesliga-Klubs gesungen, vor allem die Werder-Hymne. So laut, dass Kollegen in unser Büro kamen und besorgt fragten, ob es uns gut gehe.
Sie als passionierter KSC-Fan haben aber auch sicher das „Badnerlied“ geschmettert, oder?
IIch habe mit Per dann auch tatsächlich irgendwann angefangen das „Badnerlied“ zu singen. Per war da aber leider nicht so textsicher, was ich ihm ein bisschen übel genommen habe (lacht). Was den KSC angeht: Leider war ich schon länger nicht mehr im Wildparkstadion, aber ich hoffe, dass das bald mal wieder klappt.
Wie bewerten Sie den Stellenwert des Fußballs innerhalb der Corona-Pandemie?
Wir Deutschen tendieren ja dazu extrem kritisch zu sein und das ist auch gut so. Ich habe mich auch gefragt: Muss das jetzt wirklich sein, dass die Profis spielen, wo der Amateursport noch ruhen muss, die Schulen, Theater und Kultur-Einrichtungen geschlossen sind? Auf der anderen Seite: Was hätte es den Theatern und Kultur-Einrichtungen gebracht, wenn auch der Fußball nicht hätte spielen dürfen? Gar nichts. Ich glaube allerdings schon, dass der Fußball Fehler gemacht hat. Dass Europapokalspiele zwischen einer deutschen und einer englischen Mannschaft in Budapest stattfinden, weil sie aufgrund der Inzidenzen in Deutschland oder England nicht stattfinden dürfen, das kann man niemandem erklären. Damit hat sich der Fußball angreifbar gemacht.
Bei der EM dürfen in Budapest mehr als 60.000 Fans ins Stadion. Viktor Orban will der Welt damit zeigen, dass er das Virus besser besiegt hat als andere und lässt deshalb ein ausverkauftes Stadion zu. Da muss man sich schon fragen: Ist das nicht unverantwortlich?
Ein skurriler TV-Momente war das Interview mit Jürgen Klopp, nach dem Champions-League-Hinspiel des BVB gegen Real Madrid 2014. Die Dortmunder fingen sich drei Tore im Bernabéu. Im Anschluss fragten Sie Klopp: ‘Die Sache ist durch, oder?‘ Der reagierte etwas überrumpelt und verließ dann das Studio. Haben Sie Jürgen später ein Bier ausgegeben, um die Wogen zu glätten?
Die Beziehung zu Jürgen Klopp ist ausgezeichnet. Er hat mir gleich am nächsten Tag eine SMS geschrieben und erklärt, dass die Sache für ihn vorbei ist. Beziehungsweise: dass das Ding durch ist (lacht). Wir haben dann, als wir uns das nächste Mal getroffen haben, zusammen darüber gelacht. Direkt nach dem Vorfall hatte ich ein paar harte Tage, es war meine erste Shitstorm-Erfahrung, aber heute finde ich: Eigentlich schade, dass es im Fernsehen nicht häufiger so hoch hergeht. Das sind doch die Situationen, in denen das Publikum zu Hause auf dem Sofa aufwacht. Über die man spricht. Ich werde bis heute darauf angesprochen. Das zeigt doch: diese Momente, in denen mal nicht alles super glatt läuft, in denen es mal emotional wird, bleiben.
Sie ernteten im Februar 2021 sehr viel Lob, als Sie FCB-Boss Rummenigge auf die Geschäftsbeziehungen der Bayern mit Katar ansprachen. Steht dieses Interview symbolisch für Ihre pflichtbewusste Haltung als Journalist?
Also grundsätzlich finde ist, dass Moderatoren und Journalisten nicht die Aufgabe haben, ihre eigene Meinung zu transportieren. Deshalb habe ich auch ein kleines Problem mit dem inflationär gebrauchten Begriff ‘Haltung‘. Haltung ist wichtig, aber oftmals kommt es bei den Menschen so an, als ginge es uns Journalisten darum, unsere eigene Gesinnung klarzumachen. Darum geht es, außer in Kommentaren, eben nicht. Es geht darum, kritisch zu hinterfragen und zwar unabhängig von der persönlichen Meinung. Und natürlich erst recht, wenn es um die Geschäftsbeziehung eines Klubs wie dem FC Bayern mit einem undemokratischen Staat wie Katar geht.